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Der nachhaltigen Baumwolle verpflichtet

Die Textil- und Modeindustrie wird zunehmend von einem Umdenken in Richtung nachhaltigerer Produktions- und Beschaffungsprozesse geprägt. An welchen Stellen hier konkret angesetzt werden kann und was es noch zu tun gibt erläutert Gary Adams, Präsident der Initiative U.S. Cotton Trust Protocol.

08.02.2022

Der nachhaltigen Baumwolle verpflichtet
Zahlreiche Initiativen, wie beispielsweise das U.S. Cotton Trust Protocol, zielen darauf ab, den Anbau von Textilfasern nachhaltiger zu gestalten.

Sie sind Präsident des National Cotton Council of America und jetzt auch Präsident des U.S. Cotton Trust Protocol. Außerdem vertreten Sie die Baumwollindustrie beim US-Landwirtschaftsministerium. Was macht beide Organisationen aus?

Gary Adams: Der National Cotton Council of America ist die größte Branchenorganisation in den Vereinigten Staaten. Dort arbeite ich daran, politischen Konsens in Bezug auf Richtlinien für US-Baumwolle zu erzielen. Unser übergeordnetes Ziel ist, alle Segmente der Baumwollindustrie dabei zu unterstützen, auf dem globalen Markt effektiv und nachhaltig zu konkurrieren. Seit 2020 habe ich die Gelegenheit, eines der ehrgeizigsten Projekte zu leiten, die wir bisher angestoßen haben: das U.S. Cotton Trust Protocol (USCTP). Das Protokoll liefert zum ersten Mal quantifizierbare Daten zur Messung der Nachhaltigkeit von US-Baumwolle und hilft Marken und Einzelhändlern, ihre Nachhaltigkeitsstrategien auszubauen. In den vergangenen 35 Jahren haben die US-Baumwollproduzenten erhebliche Fortschritte bei der Verringerung ihres ökologischen Fußabdrucks gemacht.

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Was ist an nordamerikanischer Baumwolle besser als an der Baumwolle, die etwa in Indien, China, Pakistan oder Brasilien angebaut wird?

Adams: Baumwolle ist überall ein weit verbreiteter Rohstoff, der natürliche Ressourcen verbraucht. Daher bedeutet für uns umweltfreundlicher Baumwollanbau, dass wir auf eine nachhaltigere Landwirtschaft und einen sorgfältigen Umgang mit diesen Ressourcen setzen.

Die US-Produzenten arbeiten seit Jahrzehnten daran, den ökologischen Fußabdruck der in den USA produzierten Baumwolle zu verbessern. In den letzten 35 Jahren konnten sie den Wasserverbrauch um rund 80 Prozent und den Energieverbrauch um über 50 Prozent senken, während die Treibhausgasemissionen um 40 Prozent und die Landnutzung um fast die Hälfte reduziert wurden.
Das U.S. Cotton Trust Protocol baut auf den Fortschritten der letzten Jahrzehnte auf, indem es formale, messbare Ziele für die Zukunft festlegt. So stellen wir sicher, dass US-Baumwollerzeuger in ihrem Engagement für einen zunehmend nachhaltigen Baumwollanbau weiterhin Fortschritte machen. Aus diesem Grund haben wir uns vorgenommen, den Wasserverbrauch bis 2025 um weitere 18 Prozent zu senken. Dies ist eines der sechs zentralen Nachhaltigkeitsziele des Protokolls. Dazu gehören auch die Steigerung der Bodeneffizienz um 13 Prozent und eine Verringerung des Bodenverlusts um bis zur Hälfte. Außerdem möchten wir unsere Treibhausgasemissionen um weitere 39 Prozent senken.

Welche Rolle spielt das U.S. Cotton Trust Protocol auf dem deutschen Markt? Sind auch deutsche Marken Mitglied der Initiative?

Adams: Unternehmen in der gesamten Branche befinden sich in einem Wandel hin zu flexibleren Beschaffungsmodellen, wobei die Nachfrage in einem sich stetig verändernden Umfeld zunehmend schwankt. In diesem Zusammenhang besteht ein gesteigerter Bedarf an zuverlässigen Beschaffungsalternativen, um sicherzustellen, dass die Rohstoffe die erforderlichen Nachhaltigkeitsparameter erfüllen. Eines der Haupthindernisse bei der Erreichung dieses Ziels war bisher die Datenerfassung. Unternehmen auf der ganzen Welt, darunter auch deutsche Unternehmen, stehen unter wachsendem Druck, ihre Fortschritte in Bezug auf Nachhaltigkeit nachzuweisen. Dafür ist es unerlässlich, dass sie sich auf Partner verlassen, die sie auf diesem Weg voranbringen.

Das U.S. Cotton Trust Protocol ist eine der Initiativen, die durch Datenerfassung und -analyse Marken und Einzelhändlern auf der ganzen Welt die Gewissheit gibt, dass sie mehr nachhaltige Baumwolle beziehen. Dem Protocol gehören mehr als 450 Marken, Einzelhändler, Textilfabriken und Hersteller an, darunter GAP, Levi Strauss, Tommy Hilfiger und Calvin Klein sowie europäische Marken wie Next und Tesco. Wir hoffen, bald auch deutsche Marken begrüßen zu können, da dies ein sehr wichtiger Markt ist, um Fortschritte im Bereich der Nachhaltigkeit in der Modeindustrie zu erzielen. Daher ist das Trust Protocol ein relevantes Instrument für deutsche Marken und Einzelhändler.

Worin besteht die Nachhaltigkeit des USCTP konkret?

Adams: Seit einigen Jahren sind die Vereinigten Staaten das drittgrößte Baumwollerzeugerland der Welt und darunter eines der nachhaltigsten. Das U.S. Cotton Trust Protocol verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz für nachhaltige Praktiken, das heißt die von uns eingesetzten Techniken und Verfahren stehen oft in Wechselwirkung und wirken sich somit auf mehr als einen Bereich aus, um eine nachhaltigere Produktion zu erreichen. So ist beispielsweise die Verbesserung der Bodengesundheit durch Deckfrüchte und minimale Bodenbearbeitung nicht nur gut für den Boden, sondern ermöglicht uns auch ein intelligenteres und effizienteres Wassermanagement.

Obwohl die in den Vereinigten Staaten produzierte Baumwolle zu den nachhaltigsten der Welt gehört, gab es bisher keine Initiativen, die so konkret zu Fortschritten auf diesem Weg beigetragen haben. Aus diesem Grund wurde im Jahr 2020 das U.S. Cotton Trust Protocol ins Leben gerufen, eine Initiative, die den Fortschritt der Nachhaltigkeit von US-Baumwolle durch quantifizierbare und überprüfbare Ziele unterstützt und verifiziert. Sie nutzt eine ausgefeilte Datenerfassung und eine Überprüfung durch unabhängige Dritte, um Marken und Einzelhändler dabei zu unterstützen, Fortschritte bei ihren eigenen Nachhaltigkeitsverpflichtungen und -versprechen nachzuweisen. Unsere Verpflichtung für die Zukunft besteht darin, unser Engagement für immer nachhaltigere Baumwolle weiter voranzutreiben.

Wir wissen, dass wir noch mehr tun können. Deshalb haben wir uns für 2025 in Orientierung an den UN-Zielen für nachhaltige Entwicklung die folgenden fünf zentralen Nachhaltigkeitsziele gesetzt: Verringerung des Wasserverbrauchs, Steigerung der Flächeneffizienz, Erhöhung des Kohlenstoffgehalts im Boden, Verringerung des Bodenverlusts und Reduzierung der Treibhausgasemissionen.

Eines Ihrer Ziele ist es, die für die Produktion der Baumwollfasern benötigte Anbaufläche um 13 Prozent zu verringern und die Effizienz der Wassernutzung um 18 Prozent pro Gallone (3,785 Liter) zu steigern. Wird dies erreicht?

Gießkanne bewässert Rasen

Adams: Ja. Die von den Mitgliedern des Trust Protocol erzeugte Baumwolle gehört zu den am wassersparendsten angebauten Baumwollsorten der Welt. Für zwei Drittel der US-Baumwollernte wird nur natürlicher Niederschlag genutzt. Wir optimieren das Wassermanagement durch den Einsatz von Technologie zur Bewässerungsplanung und die Anwendung von LEPA-Technik (Low Energy Precision Application). In den letzten 35 Jahren konnten wir den Wasserverbrauch um rund 80 Prozent senken, und wir wollen diesen Wert bis 2025 um weitere 18 Prozent reduzieren.

Darüber hinaus setzen wir Techniken zur Verbesserung der Bodengesundheit, wie den Anbau von Deckfrüchten und eine minimale Bodenbearbeitung, ein. Diese Art der Landwirtschaft ermöglicht es uns, die Ernteerträge und die Nährstoffaufnahme zu steigern, während sich gleichzeitig der Wasser- und Düngemitteleinsatz, der Nährstoffabfluss und Bodenverlust verringern.

In den letzten drei Jahrzehnten haben wir die Bodennutzung mithilfe einer effizienteren Bewirtschaftung um knapp die Hälfte gesenkt. Wir wollen diese Zahl bis 2025 um weitere 13 Prozent verbessern.

Das U.S. Cotton Trust Protocol hat kürzlich den Beitritt von Levi's bekannt gegeben. Erwarten Sie in naher Zukunft weitere Neuzugänge in dieser Größenordnung?

Adams: In weniger als einem Jahr haben wir mehr als 450 Marken, Einzelhändler, Textilfabriken und Hersteller erfolgreich in das Trust Protocol integriert. Gildan und der Bekleidungskonzern PVH gehören zu den jüngsten Mitgliedern der Initiative. Außerdem arbeiten wir mit einigen der führenden Textil- und Modeunternehmen zusammen, sodass wir derzeit eine globale Expansion mit sehr guten Aussichten für die Zukunft erleben.

Immer mehr Marken verlangen von Textilunternehmen, dass sie ihren Endkunden gegenüber die Verwendung nachhaltigerer Baumwolle in ihrer Produktion belegen können. Der Beitritt zum USCTP ist eine günstige Gelegenheit, dies zu tun.

Kleidungsvorlieben wandelt sich im Zuge der Pandemie und vermehrtem Home Office. Verbraucher suchen nach Möglichkeiten, um sich bequemer und hautfreundlicher zu kleiden. Profitiert Baumwolle am meisten von diesem Trend?

Adams: Baumwolle ist einer der wichtigsten Rohstoffe der Modeindustrie. Sie ist ein vielseitiges Material, das wechselnde Trends mitgehen kann; eine pflanzliche, leichte und geschmeidige Faser, die in fast jedem Kleidungsstück und zu jeder Jahreszeit verwendet werden kann.

Wenn wir von einem Kleidungsstück aus 100 Prozent Baumwolle sprechen, bedeutet das hohen Komfort und Qualität. Die Hauptvorteile dieses Materials bestehen in seiner Atmungsaktivität und Feuchtigkeitsregulierung, seiner Isolierfähigkeit und Ergonomie, ohne dabei zu vergessen, dass es sich um einen ökologischen Stoff handelt und wir dazu beitragen, die Umweltbelastung zu verringern.

Konnte das Trust Protocol bereits Veränderungen bei großen Modeherstellern in Bezug auf die Verwendung von US-Baumwolle feststellen?

Textil- und Modeunternehmen stehen zunehmend in der gesellschaftlichen Verantwortung, ihre nachhaltigen Praktiken belegen zu können.
Textil- und Modeunternehmen stehen zunehmend in der gesellschaftlichen Verantwortung, ihre nachhaltigen Praktiken belegen zu können.

Adams: Marken und Einzelhändler stehen unter enormem Druck, die Fortschritte bei der Erreichung ihrer Nachhaltigkeitsziele nachzuweisen. Es reicht heute nicht mehr aus, Versprechen abzugeben; Unternehmen müssen auch belastbare Belege für ihre Fortschritte vorlegen.

Darüber hinaus werden die Beschaffungsprozesse umgestaltet, um der globalen Herausforderung der Nachhaltigkeit gerecht zu werden, sodass die Baumwollindustrie jetzt größere soziale und wirtschaftliche Ambitionen verfolgt. Marken und Einzelhändler suchen nach Wegen, um nachzuweisen, dass die von ihnen bezogenen Rohstoffe nachhaltiger angebaut werden. Daher ist die Zusammenarbeit mit Lieferanten und Initiativen, die ihnen umfassende Informationen zu ihren Fortschritten und der Transparenz ihrer Lieferkette zur Verfügung stellen von entscheidender Bedeutung.

Die Tatsache, dass es dem U.S. Cotton Trust Protocol gelungen ist, in nur einem Jahr mehr als 450 Marken, Einzelhändler, Textilfabriken und Hersteller auf der ganzen Welt zu gewinnen, zeigt den Transformationsprozess, den Unternehmen im Hinblick auf einen nachhaltigeren Ansatz bei der Rohstoffstoffbeschaffung durchlaufen.

Wie sehen Sie die Zukunft der Baumwolle auf globaler Ebene?

Adams: Wir haben kürzlich eine Studie in Auftrag gegeben, um die Auswirkungen von Covid-19 auf bestehende Nachhaltigkeitsinitiativen sowie die Zukunft der Nachhaltigkeitsbemühungen von Marken, Einzelhändlern und der Lieferkette greifbar zu machen. Eine der wichtigsten Erkenntnisse war, dass fast die Hälfte der Befragten angaben, dass ihre Kunden zu einem Konkurrenten wechseln würden, wenn das Unternehmen seine Nachhaltigkeitsziele und -verpflichtungen nicht einhalten würde.

Darüber hinaus entwickeln der Textilmarkt und die Modeindustrie ein zunehmendes Nachhaltigkeitsbewusstsein, sodass wir beim Trust Protocol daran arbeiten, Verbesserungsmaßnahmen einzuführen, um unsere Nachhaltigkeitsverpflichtungen und -ziele zu erreichen. Vor diesem Hintergrund wird nachhaltige Baumwolle in den kommenden Jahren zu einem der wichtigsten Modeartikel werden. Hier spielen nicht nur die Qualität des Materials selbst eine Rolle, sondern auch die positiven Auswirkungen, die die Produktion und Entwicklung von Produkten auf Baumwollbasis auf sozialer, ethischer und ökologischer Ebene haben können.

Welche Botschaft möchten Sie europäischen Produzenten, Marken und Einzelhändlern im Hinblick auf ihre Nachhaltigkeitsbemühungen mit auf den Weg geben?

Adams: Der Wandel der Modeindustrie hin zu nachhaltigeren Modellen der Modeproduktion und des Modekonsums ist nur möglich, wenn wir alle, von den Herstellern bis zu den Marken und Einzelhändlern, an der Bewältigung dieser globalen Herausforderung mitwirken. Der erste Schritt zu einem nachhaltigeren Modell ist die Wahl von Partnern, die uns Sicherheit und Zuverlässigkeit in Bezug auf die Nachhaltigkeit der verwendeten Rohstoffe bieten.

Gastautor Gary Adams, Präsident des U.S. Cotton Trust Protocol, erklärt, wie die Landwirtschaft Biodiversität fördern kann.
Gastautor Gary Adams, Präsident des U.S. Cotton Trust Protocol, erklärt, wie die Landwirtschaft Biodiversität fördern kann.

Über den Autor

Gary Adams ist seit 2015 Präsident des National Cotton Council of America, der größten Interessensvertretung der Baumwollindustrie in den Vereinigten Staaten. Außerdem vertritt er die Baumwollindustrie im Ausschuss für Agrarpolitik des US-Landwirtschaftsministeriums (USDA). Als promovierter Agrarökonom ist er in der landwirtschaftlichen Forschung an der Universität Missouri unter anderem für das Food and Agricultural Policy Research Institute (FAPRI) tätig gewesen. Er begann, seinen Schwerpunkt auf nachhaltige Anbaumethoden zu setzen, was ihn schließlich dazu brachte, dem National Cotton Council beizutreten und im Jahre 2020 die Nachhaltigkeitsinitiative U.S. Cotton Trust Protocol mitzugründen.

Quelle: UD
 

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