Schweinswale unter Beschuss
Derzeit findet in niederländischen Gewässern nahe der deutschen Grenze eine groß angelegte seismische Untersuchung zur Erkundung von Erdgasvorkommen durch die Firma Hansa Hydrocarbons statt. Die dabei verwendeten Schallkanonen setzen Lärmpegel frei, die in Hunderten oder gar Tausenden Kilometern noch zu hören sind. Solche Schallintensitäten können Meerestiere schwer schädigen oder töten. Besonders brisant: in unmittelbarer Nähe befindet sich auf deutscher Seite das Schutzgebiet „Borkum Riffgrund“, das unter anderem zum Schutz von Schweinswalen eingerichtet wurde.
11.09.2014
Demnach sind die Tiere, die dort derzeit ihre Jungen gebären, in höchster Gefahr. Der Beschuss mit ohrenbetäubendem Lärm stört die Tiere, erschwert ihre Nahrungssuche und macht eine Kommunikation unmöglich. Im schlimmsten Fall erleiden sie direkte Schädigungen des Hörsystems, was bei diesen Tieren einem Todesurteil gleich kommt, da die Orientierung per Schall überlebensnotwendig ist.
Nach Informationen des Bundesumweltministeriums (BMUB) wurde Deutschland nicht in die Entscheidungs- und Genehmigungsprozesse einbezogen. Dies ist aber nach EU Recht notwendig, sobald die Gewässer eines Nachbarlandes betroffen sind. Unklar bleibt auch, ob eine ordentliche Umweltverträglichkeitsprüfung unter Beteiligung der niederländischen Öffentlichkeit durchgeführt wurde. WDC verurteilt den Einsatz von Schallkanonen.
„Es kann nicht sein, dass das Wohlergehen von europaweit streng geschützten Arten auf solch eklatante Weise aufs Spiel gesetzt wird“ sagt Fabian Ritter, Meeresschutzexperte bei WDC. „Seit Jahren wird intensiv über Schallschutz-Grenzwerte beim Bau von Offshore-Windkraftanlagen diskutiert, und auch Holland ergreift entsprechende Maßnahmen in diesem Kontext, um die Schweinswale zu schützen. Dass jetzt Schallkanonen eingesetzt werden, die ein Vielfaches an Lärm erzeugen, und dies ausgerechnet zur sensiblen Paarungszeit und direkt an ausgewiesenen Schutzgebieten, ist ein Skandal“.
WDC hat als Reaktion auf die Ereignisse mehrfach Gespräche mit dem BMUB geführt. Gleichzeitig wurden ein Brief und eine fachliche Stellungnahme an das verantwortliche niederländische Ministerium geschickt. Darin wird ein Stopp der Untersuchungen gefordert, da es innerhalb der für Schweinswale besonders sensiblen Sommerzeit, zu der sie ihre Jungen gebären, auf keinen Fall zu solch einer massiven Störung und Gefährdung kommen darf. Darüber hinaus wird eine umfassende Umweltverträglichkeitsprüfung unter Beteiligung der Öffentlichkeit sowie der betroffenen Nachbarländer inklusive Deutschland gefordert. Längst gibt es auch alternative Technologien zur Erkundung von unterseeischen Lagerstätten, nur werden diese bisher nicht angewandt.
Nicht zuletzt durch den Druck von WDC und Umweltverbänden hat Bundesumweltministerin Hendricks nun ihrerseits die zuständigen niederländischen Behörden dazu aufgefordert, die Erdgassuche sofort zu beenden. Somit wurde auf höchster politischer Ebene reagiert und damit dem Thema ein gebührender Stellenwert eingeräumt. Der Schweinswal als eines der letzten großen Wildtiere steht in Europa unter strengem Schutz. Dies haben alle Mitgliedsstaaten der EU zu berücksichtigen. Entsprechend sollte eine gegenseitige Absprache erfolgen, was die Niederlande jedoch zuletzt versäumt haben, wodurch europäisches Umweltrecht gebrochen wurde.