Geplante Staudämme bedrohen Artenvielfalt akut
Der globale Ausbau der Wasserkraft bedroht die artenreichsten Gewässer der Erde. Darauf weisen Wissenschaftler unter Beteiligung von Experten der Universität Tübingen in einer internationalen Studie hin, in der Daten zu den Flüssen Amazonas, Mekong und Kongo ausgewertet wurden. Der ökonomische Nutzen von Staudämmen wird demnach häufig überschätzt, die langfristigen Konsequenzen für Artenreichtum und Fischerei hingegen unterschätzt, warnen die Autoren.
13.01.2016
Um die Folgen auf Umwelt und Mensch zu minimieren, fordern die Fachleute überregionale Analysen zur Risikoabschätzung bei Dammbauten, die sowohl soziale als auch ökologische Prozesse und ihre Wechselwirkungen berücksichtigen. Den in "Science" publizierten Ergebnissen nach leben in den tropischen Einzugsgebieten von Amazonas, Mekong und Kongo mit mehr als 4.000 Arten knapp ein Drittel aller Süßwasserfischarten der Erde, die meisten davon sogar nur hier. Derzeit sind diese Flüsse noch weitgehend unverbaut.
Unverbaut heißt jedoch nicht, dass es dabei bleibt. Denn die Errichtung von mehr als 450 großen Dämmen ist geplant. Die Realisierung hätte laut den Forschern nicht nur soziale Auswirkungen, wie die Umsiedlung der ansässigen Bevölkerung. Die besten Stellen für die Elektrizitätsgewinnung seien zugleich Gebiete, die eine einmalige Artenvielfalt aufwiesen. Es besteht laut den Studienautoren demzufolge die akute Gefahr, dass große Dämme den Fischreichtum reduzierten und Hindernisse für wandernde Fische darstellten.
Natürliche Fluss-Dynamik eingeschränkt
"Dies kann Fischpopulationen trennen und deren Lebenszyklen unterbrechen", so Christiane Zarfl vom Zentrum für Angewandte Geowissenschaften der Universität Tübingen. "Staudämme schränken die natürliche Dynamik eines Flusses ein und schaffen somit einheitlichere und unproduktivere Lebensräume. Das reduziert nicht nur den Artenreichtum, es beeinträchtigt auch die Fischerei und die von der Dynamik des Gewässers abhängige Landwirtschaft." Abwägende Auswahl der Staudammstandorte sei für das Gewässermanagement wichtig.