Moderne Landwirtschaft gefährdet die Biodiversität
Das Aussterben von Arten gehört seit dem Ende des Pleistozäns zur Geschichte der Erde dazu. Derzeit leidet die Biodiversität, die genetische Vielfalt der Tier- und Pflanzenarten innerhalb der Ökosysteme, wieder besonders: Biologen zufolge handelt es sich um das schlimmste Massensterben seit dem Untergang der Dinosaurier vor 65 Millionen Jahren. Für das Aussterben der Arten sind im heutigen Zeitalter jedoch keine Naturkatastrophen oder eine natürliche Auslese verantwortlich, sondern der Mensch: Überproduktion, technisierte Landwirtschaft und die extreme sowie einseitige Nutzung von Ackerland zerstören landwirtschaftliche Nutzflächen und somit die Lebensräume verschiedenster Arten.
20.06.2017
Artenvielfalt fällt Industrie zum Opfer
Immer mehr, immer schneller, immer billiger: In der modernen Gesellschaft stehen große Unternehmen und Zusammenschlüsse von landwirtschaftlichen Konzernen nicht nur bei kleinen familienbetriebenen Bauernhöfen in der Kritik, sondern auch bei Umweltschützern. Denn Großbetriebe dominieren den Markt und produzieren hohe Mengen in kürzester Zeit. Die Preise für Produkte wie Milch, Fleisch und Käse sind durch das Überangebot gesunken und Kleinbauern haben gegenüber der industriellen Konkurrenz kaum noch eine Chance, ihre Erzeugnisse zu einem fairen Preis zu verkaufen und daran etwas zu verdienen.
Um in der kommerziellen Landwirtschaft möglichst große Mengen gewinnbringend zu erwirtschaften, wurden in den letzten Jahren die Ackerflächen extrem ausgeweitet. Lange Zeit galten diese als optimaler Lebensraum für verschiedenste Arten. Die ansässigen Arten, beispielsweise Wildblumen oder Mikroorganismen im Boden, mussten jedoch weichen: Zum einen, weil Felder nicht mehr länger durch Bäume, Hecken oder Weiherstreifen abgegrenzt werden; zum anderen durch den Anbau von Monokulturen.
Auch der verstärkte bis übermäßige Einsatz von mineralischen, stickstoffhaltigen Pflege- und Düngemitteln schadet der Umwelt, denn die chemischen Inhaltsstoffe bringen das bestehende Ökosystem durcheinander. Zum einen wird das Grundwasser durch Nitrat belastet, zum anderen werden Pflanzen, Tiere und Organismen aus ihrem natürlichen Lebensraum vertrieben. Die Artenvielfalt und natürlichen Biotope sind wiederum verantwortlich für die Fruchtbarkeit des Bodens und damit auch für eine ertragreiche Ernte.
Die Gesellschaft fordert mehr Nachhaltigkeit
In der Gesellschaft geht der Trend erfreulicherweise vermehrt zurück zur Unterstützung von lokalen Kleinbauern und umweltfreundlichen Unternehmen. Wie Studien des Magazins WirtschaftsWoche und der Werbeagentur Service-Plan zeigen, sind Verbraucher in Deutschland kritischer geworden. Nur ein einziger Skandal auf Kosten der Umwelt kann einer Marke großen Schaden zufügen und ihre Einnahmen nachhaltig verringern. In puncto Nachhaltigkeit und Umweltschutz zählen mitunter der Konzern "Hipp" und der Babynahrungshersteller "Alete" zu den Vorbildern. Claus Hipp beispielsweise hat dafür gesorgt, dass die Unternehmenskultur und die Grundwerte auf dem Prinzip der Nachhaltigkeit aufbauen. Die Zusammenarbeit mit lokalen Biobauern bei der Herstellung der Produkte kommt der Biodiversität zugute, was wiederum das Vertrauen der Verbraucher in die Marke stärkt.
Norwegischer Bunker konserviert Pflanzenarten
Nicht nur Unternehmen tun etwas gegen das Aussterben von Arten. In den letzten Jahren ist das Bewusstsein der Gesellschaft für die damit einhergehenden, bedrohlichen Konsequenzen gewachsen und das Thema Umweltschutz wieder mehr in den Vordergrund gerückt. Allem voran die Erkenntnis: Auf Pflanzen basiert unsere gesamte Nahrungsgrundlage. Geht die Vielfalt zurück, könnte es passieren, dass die Menschheit sich bei ansteigendem Wachstum irgendwann nicht mehr ernähren kann. Um das zu verhindern, bemühen sich Institutionen auf der ganzen Welt um den Aufbau großer Pflanzensamenbanken, in welchen die Samen konserviert und für den Fall gelagert werden, dass sie in der Natur aussterben. Eine der größten dieser Kühlkammern befindet sich auf der norwegischen Insel Spitzbergen in einem Bunker tief unter der Erde. Momentan lagern dort etwa 1,5 Millionen pflanzliche Samenproben.
Trotz diverser Gegenmaßnahmen muss auch ein Umdenken in der Landwirtschaft erfolgen. Dabei spielen jedoch politische Entscheidungen sowie wirtschaftliche Aspekte eine übergeordnete Rolle. Nichtsdestotrotz kann man auch als Einzelner etwas bewirken, indem man als Verbraucher beispielsweise zu nachhaltigen Produkten von lokalen Betrieben greift.