Biodiversität

Neuer Forschungsverbund gegen Mikroplastik-Verschmutzung

Weltweit steigt die Verschmutzung von Meeren, Flüssen und Seen durch Plastikmüll. Ein neues Projekt, das die Universität Bayreuth und das Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) gemeinsam koordinieren, geht das Problem jetzt erstmals aus einer ganzheitlichen Forschungsperspektive an.

28.09.2017

Neuer Forschungsverbund gegen Mikroplastik-Verschmutzung

In der Modellregion Weser – Nationalpark Wattenmeer wollen die Wissenschaftler unter anderem durch empirische und modellgestützte Analysen herausfinden, wie kleinste Plastikteilchen (Mikroplastik) vom Festland bis ins Meer gelangen, welche Eintrags- und Transportwege in welchem Umfang daran beteiligt sind und welche Risiken die dadurch verursachte Kontamination unterschiedlicher Ökosysteme mit sich bringt. Es werden dabei verschiedenste Herkünfte von Mikroplastik untersucht, unter anderem auch Kläranlagen und Einträge durch die Luft. Die Ergebnisse von PLAWES sollen in strategische Handlungsempfehlungen für Politik, Industrie und Zivilgesellschaft, in effektive Maßnahmen des Natur- und Gesundheitsschutzes, aber auch in neue Konzepte der Umweltbildung einfließen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das Vorhaben in den nächsten drei Jahren mit insgesamt rund 2,9 Millionen Euro aus dem Programm FONA (Forschung für Nachhaltige Entwicklung).

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Bisherige Mikroplastik-Studien nicht ausreichend

„Mikroplastikkontamination im Modellsystem Weser - Nationalpark Wattenmeer: ein ökosystemübergreifender Ansatz“ – kurz: „PLAWES“ – ist der Name des neuen Forschungsverbunds. Neben der Universität Bayreuth und dem AWI Helgoland sind auch die Goethe Universität Frankfurt und die Universität Oldenburg, das Forschungszentrum Jülich, das Thünen-Institut in Braunschweig sowie der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz auf Norderney mit speziellen Fachkompetenzen in das Projekt eingebunden.

„PLAWES ist bundesweit und auch international das erste Forschungsprojekt, das die Mikroplastik-Kontamination ökosystemübergreifend von den Oberläufen eines Flusses bis zur Mündung an der Küste und die damit einhergehende Verbreitung im Meer interdisziplinär und über längere Zeiträume hinweg erforscht und bewertet. Es ist zugleich das erste umfassende Mikroplastik-Projekt, das die gewonnenen Ergebnisse in neue Informations- und Lehrkonzepte integriert“, erklärt Prof. Dr. Christian Laforsch, der an der Universität Bayreuth einen Lehrstuhl für Tierökologie innehat und das Vorhaben koordiniert „Die bisherigen Mikroplastik-Studien liefern meistens nur Momentaufnahmen, und sowohl die angewandten Methoden als auch die Ergebnisse sind kaum miteinander vergleichbar. Mit unserer ganzheitlichen Herangehensweise wollen wir dazu beitragen, einige empfindliche Wissenslücken zu schließen“, fügt der Bayreuther Wissenschaftler hinzu, der sich schon lange mit Gewässerkontaminationen durch Mikroplastik befasst.

Region Weser/Wattenmeer optimal geeignet

„Wir wissen beispielsweise im Einzelnen noch viel zu wenig darüber, welche Rolle Wind und Wetter, Bodenerosion, Abwassersysteme und Kläranlagen bei der Entstehung und Verbreitung von Mikroplastik spielen. Ebenso benötigen wir belastbare Daten, die ein klares Bild von der Akkumulation der Plastikteilchen in verschiedenartigen Ökosystemen vermitteln, und auch die Wechselwirkungen zwischen Plastikeinträgen in der Umwelt und tierischen Organismen wollen wir genauer und umfassender nachverfolgen, als dies bisher geschehen ist“, erläutert Dr. Gunnar Gerdts vom Alfred-Wegener-Institut am Standort Helgoland.

Für alle diese Untersuchungen bietet die Region Weser / Wattenmeer nach Auffassung der Wissenschaftler optimale Voraussetzungen: Sie umfasst sowohl städtisch geprägte als auch stark landwirtschaftlich genutzte Regionen, so dass die jeweiligen Plastikeinträge in die Umwelt unabhängig voneinander bilanziert und verglichen werden können. Zudem befindet sich das Mündungsgebiet der Weser im sensiblen Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer, den die UNESCO als Weltnaturerbe anerkannt hat.

Abwendung gesundheitlicher Risiken für Menschen

PLAWES ist von vornherein darauf angelegt, dass sich die am Beispiel der Pilotregion Weser / Wattenmeer gewonnenen Ergebnisse und entwickelten Konzepte auf ähnliche Fluss- und Küstenregionen in anderen Weltregionen übertragen lassen. Sie sollen eine Grundlage für nationale und internationale Strategien bilden, welche die von Plastikmüll ausgehenden Gefahren gezielt in den nachhaltigen Schutz aquatischer Ökosysteme integrieren. Dabei geht es letztlich auch um die Abwendung gesundheitlicher Risiken für den Menschen. So ist beispielsweise ein eigener Teilbereich des Projekts der Frage gewidmet, ob die Ausbreitung pathogener Mikroorganismen und die Entstehung von Antibiotikaresistenzen durch Mikroplastik in der Umwelt gefördert wird. Im Hinblick auf das Problem, dass Mikroplastik auch in die Nahrungsketten gelangen kann, werden Kleintiere in Süßgewässern und in der Nordsee auf mögliche schädliche Effekte untersucht. 

Ein weiterer Schwerpunkt des neuen Vorhabens liegt auf dem Gebiet der Umweltbildung. Biologiedidaktiker aus Bayreuth und Oldenburg werden Urteilsfähigkeit, Einstellungen und Wissen zu Plastikmüll von Schülern und Lehrern erheben. Gemeinsam mit dem AWI Schülerlabor auf Helgoland werden Lernmaterialien zur Thematik Mikroplastik erarbeitet und erprobt. Ein mehrsprachiges Internet-Portal der Biologiedidaktik Bayreuth bereitet die im Rahmen von PLAWES erzielten Forschungsergebnisse und aktuelles Expertenwissen auf um die internationale Sichtbarkeit und Wirksamkeit des Projekts zu erhöhen.

Quelle: UD/fo
 

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