Was ist landwirtschaftliche Biodiversität?
Um negative Auswirkungen der Landwirtschaft auf die biologische Vielfalt und damit verbundene Ökosystemleistungen zu minimieren braucht es „Biodiversitäts-freundliche“ Bewirtschaftung. Warum aber werden diese wissenschaftlichen Ergebnisse selten in die landwirtschaftliche Praxis umgesetzt?
08.04.2021
Laut einer aktuellen Befragung europäischer Wissenschafter*innen und Landwirt*innen liegt dies vor allem an Wissens- und Kommunikationslücken zwischen Forschung und Praxis. Die Studie wurde von Bea Maas von der Universität Wien geleitet und in der Zeitschrift „Biological Conservation“ veröffentlicht.
Für die Studie wurden 209 Landwirt*innen und 98 Umweltwissenschafter*innen befragt, wie sie landwirtschaftliche Biodiversität und deren Management in Deutschland und Österreich einschätzen. Deren Wahrnehmungen dazu waren sehr unterschiedlich, „und zeigen dringenden Bedarf für mehr fachübergreifende Zusammenarbeit für nachhaltige Entwicklungen. Besonders entscheidend sind die abweichenden Wahrnehmungen von Informationsquellen“, sagt Bea Maas, Hauptautorin von der Universität Wien.
In der Umfrage wurden fachübergreifende Daten und Ansätze sowie demografische Faktoren in der Auswertung der Antworten berücksichtigt. Zentrales Ergebnis: Wissenschafter*Innen bewerten Biodiversität, Agrarumweltprogramme und Naturschutzmaßnahmen als wichtiger für die landwirtschaftliche Produktion, die Widerstandsfähigkeit von Ökosystemen und die Nachhaltigkeit ein als Landwirt*innen. „Landwirt*innen wiederum schätzen Informationsquellen der Regierung und des Agrarsektors“, erläutert Anett Richter, Ko-Autorin der Studie vom Thünen-Institut in Deutschland. Ko-autorin Yvonne Fabian von Agroscope in der Schweiz erklärt: „Diese unterschiedlichen Perspektiven von Wissenschafter*innen und Landwirt*innen offenbaren entscheidende Wissens- und Kommunikationslücken zwischen landwirtschaftlicher Forschung und Praxis.“ „Unsere Ergebnisse sind ein Plädoyer, Forschung, Landwirtschaft und politische Praxis besser zu integrieren“, schließt Ko-Autorin Sara Kross von der Columbia University in den USA.
Die Autorinnen geben vier konkreten Handlungsempfehlungen, wie Wissen und Erfahrungen zwischen Agrarwissenschaft und Praxis effektiver ausgetauscht und genutzt werden können:
Erstens, wissenschaftliche Informationen für die Praxis besser zugänglich zu machen, indem Bildungs- und Beratungsprogramme für Landwirt*innen gefördert und etabliert werden. Zweitens, zielgerichtete Konzepte für die landwirtschaftliche Forschung und Praxis zu entwickeln, die unterschiedliche Stakeholder-Perspektiven in deren Gestaltung und Anwendung integrieren. Drittens und viertens, die Unterstützung einer integrativen und inklusiven Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Praxis durch die aktive Förderung fachübergreifender Kommunikation. Diese Bemühungen erfordern laut Maas und ihren Ko-Autorinnen „Partnerschaften und politisches Engagement auf höchster Ebene um integrative Ansätze zentral in der Entwicklung nachhaltiger Landwirtschaft zu verankern“.