Biodiversität

Führende Einzelhändler mitschuldig an der Plünderung der Antarktis

Ein neuer investigativer Bericht der Changing Markets Foundation zeigt, dass führende Einzelhändler systematisch Nahrungsergänzungsmittel und Fisch aus Aquakultur verkaufen, die unter Verwendung von Antarktischem Krill produziert werden. Dabei spielt dieses winzige Krebstier eine wichtige Rolle bei der Aufrechterhaltung des Gleichgewichts des Planeten. So verlangsamt Krill unter anderem den Klimawandel, indem er Kohlenstoff aus der Atmosphäre bindet, der dem jährlichen Ausstoß von 35 Millionen Autos entspricht

18.08.2022

Führende Einzelhändler mitschuldig an der Plünderung der Antarktis

Krill, baby, krill: The corporations profiting from plundering Antarctica“ nennt die Namen der wichtigsten Unternehmen, die von der Krill-Industrie profitieren, geht auf ihre Nachhaltigkeitsbehauptungen ein und präsentiert erstmals ein vollständiges Bild der wichtigsten Lieferketten.

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„Die Hitzewellen und Dürreperioden dieses Sommers sind ein Weckruf: Der Klimanotstand ist bereits Realität. Krill ist ein ganz erstaunliches Tier – und zwar nicht nur aufgrund seiner zentralen Rolle innerhalb des antarktischen Nahrungsnetzes, sondern auch weil er hilft, die Klimakrise zu bekämpfen. Dadurch, dass führende Supermärkte weiterhin mit Krill gefütterten Zuchtlachs und hochpreisige Krillöl-Präparate verkaufen machen sie sich mitschuldig an der Erschöpfung der wichtigsten Nahrungsquelle für Wale, Robben und Pinguine, die durch die Erderwärmung bereits jetzt extrem unter Druck stehen“, so Sophie Nodzenski, Senior Campaigner bei der Changing Markets Foundation.

Der Bericht kommt zu dem Befund, dass 68 Prozent der 50 größten Einzelhändler weltweit Nahrungsergänzungsmittel mit Krillöl verkaufen. Sie wurden bei 88 Prozent der 17 ausgewerteten Einzelhändler in Nordamerika, bei 75 Prozent der acht ausgewerteten Einzelhändler in Asien und bei knapp der Hälfte der 21 ausgewerteten Einzelhändler in Europa zum Verkauf angeboten.

Darüber hinaus werden mit Krill gefütterte Zuchtlachserzeugnisse systematisch von 16 führenden Supermärkten in vier europäischen Ländern verkauft: Auchan, Carrefour, Intermarché und Leclerc (Frankreich); Carrefour, Dia, Lidl und Mercadona (Spanien); Aldi Nord, Edeka, Kaufland und Lidl (Deutschland) sowie Asda, Marks & Spencer, Sainsbury’s und Tesco (Vereinigtes Königreich). Für alle genannten Einzelhändler konnte innerhalb ihrer Lachs-Lieferketten eine Verbindung zu Futter auf Krill-Basis (von der norwegischen Firma Aker BioMarine) nachgewiesen werden. Keines der Unternehmen hat Maßnahmen ergriffen, die die Verwendung von Futter auf Krill-Basis für die Herstellung eigener Lachsprodukte ausschließen.

Wissenschaftler warnen davor, dass das Ökosystem der Antarktis aufgrund der sich rasch beschleunigenden Erderwärmung bereits jetzt aus dem Gleichgewicht gerät. Der Weltklimarat (IPCC) stellt in seinem jüngsten Bericht die Tragfähigkeit der Krill-Lieferketten in Frage und rät den Produzenten, stattdessen auf Alternativen zurückzugreifen.3 Krill bildet die Grundlage dieses empfindlichen Ökosystems, denn er dient einer Vielzahl von Tierarten als Nahrungsquelle. Viele Krill-Fanggebiete überschneiden sich jedoch mit wichtigen Futterplätzen. Wissenschaftler weisen darauf hin, dass eine Einstellung der Krill-Fischerei in den entsprechenden Gebieten dazu beitragen könnte, die Schäden, die die Klimakrise für die Pinguinpopulationen mit sich bringt, auszugleichen.

Die Recherchen zeigen, dass sich die Krill-Industrie in den Händen einiger weniger Unternehmen befindet, wobei etwa zwei Drittel der gesamten Fangmenge auf ein norwegisches Unternehmen namens Aker Biomarine entfallen. Der Bericht deckt eine Reihe von Greenwashing-Taktiken der Industrie auf, die darauf abzielen, die zerstörerischen Auswirkungen ihrer Branche herunterspielen, beispielsweise durch die Verwendung von verbraucherorientierten Umweltlabels, die ihre Produkte nachhaltig erscheinen lassen. Die Branche hat zudem die Behauptung aufgestellt, die derzeitige Fangbeschränkung sei vorsichtig , weil sie „nur ein Prozent der Krill-Biomasse“ betrage. Dabei werden jedoch keineswegs die Auswirkungen auf das empfindliche antarktische Ökosystem berücksichtigt – insbesondere vor dem Hintergrund der sich beschleunigenden Klimakrise. Diese Vortäuschung von Nachhaltigkeit wird durch den Marine Stewardship Council (MSC) noch weiter verstärkt. Trotz wiederholter Einwände von NGOs und Wissenschaftlern zertifiziert er Produkte auf Krill-Basis als nachhaltig.

Die Akteure der Branche sahen sich gezwungen, die Daseinsberechtigung von Produkten auf Krill-Basis durch Forschungsarbeiten und Studien nachzuweisen, um ihre angeblichen Vorteile zu bewerben und den hohen Preis zu rechtfertigen. Bislang haben die meisten dieser Studien, die oftmals von der Branche selbst in Auftrag gegeben wurden, jedoch nur gemischte Ergebnisse erzielt. Dennoch gibt die Branche nicht auf: Sie versucht weiterhin verzweifelt, neue Produkte und Märkte zu schaffen, zum Beispiel Heimtierfutter, um ihr unrentables Geschäft zu stützen.

Da die Kommission für die Erhaltung der lebenden Meeresschätze der Antarktis (CCAMLR) es wiederholt versäumt hat, die Krill-Industrie durch strengere Umweltschutzmaßnahmen und die Ausweisung von Meeresschutzgebieten angemessen zu regulieren, fordert die Changing Markets Foundation ein sofortiges Moratorium für Krill-Fischerei in der Antarktis. Sie fordert zudem Einzelhändler, Futtermittelhersteller und Fischfarmen auf, die Verwendung von wild gefangenem Fisch für die Aquakultur, einschließlich Krill, einzustellen. Sie rät Verbrauchern, keine Krillöl-Nahrungsergänzungsmittel mehr zu verwenden und die Supermärkte aufzufordern, die Verwendung von Krill für Fisch aus Aquakultur zu stoppen.

Quelle: UD/pm
 

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