Landwirtschaft und Naturschutz – ein Widerspruch?
Die Landwirtschaft spielt eine zentrale Rolle in unserem Leben. Sie dient als Nahrungsgrundlage und ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Gleichzeitig schädigt sie aber auch unsere Umwelt: Böden und Grundwasser werden belastet, die Artenvielfalt nimmt ab. Forschende der Universität Duisburg-Essen haben nun untersucht, wie sich unterschiedliche landwirtschaftliche Bewirtschaftungsmethoden und -intensitäten in Europa auf den ökologischen Zustand von Fließgewässern auswirken. Das Ergebnis ist alarmierend.
19.02.2024
Weniger als zehn Prozent der Flüsse und Bäche in Deutschland befinden sich in einem guten, naturnahen Zustand. Im europäischen Vergleich beträgt dieser Anteil sogar nur etwa 40 Prozent. Die Landwirtschaft, eine der größten Nutzerinnen von Flächen, wird für diese Situation mitverantwortlich gemacht. Zurecht?
Um diese Frage zu beantworten, untersuchte das Forschungsteam unter der Leitung des UDE-Wissenschaftlers Christian Schürings Daten zur landwirtschaftlichen Nutzung in 27 europäischen Ländern. Anschließend wurden diese Daten mit Informationen zum ökologischen Zustand der dortigen Fließgewässer in Verbindung gebracht. Dabei handelte es sich sowohl um kleine Bäche als auch um große Flüsse wie die Ruhr, den Rhein oder die Schelde.
Das Ergebnis: Die Art der Landwirtschaft ist mit entscheidend für den Zustand der Gewässer (siehe Abbildung). „Am stärksten wirkt sich die Intensivlandwirtschaft aus“, sagt Schürings. Der Experte für Aquatische Ökologie ist Erstautor der Studie. „Dazu zählt der Bewässerungsfeldbau, wie er in Südeuropa beispielsweise in Spanien, Portugal und Italien betrieben wird, und der intensive Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und Dünger auf Flächen in Westeuropa. Das ist vor allem in Frankreich, den Niederlanden, in Belgien, in Deutschland oder Großbritannien verbreitet.“
Durch eine intensive Landwirtschaft gelangen Nitrate, Pflanzenschutzmittel und andere Substanzen in die Gewässer. Auen werden zu landwirtschaftlichen Flächen umgewandelt und Flüsse werden begradigt oder im Süden Europas zur Bewässerung von Feldern genutzt. Diese Aktivitäten bedrohen oder zerstören wichtige Lebensräume für Pflanzen und Tiere.
Bei weniger intensiven Formen der Landwirtschaft ist die Auswirkung auf den ökologischen Zustand gering bis gar nicht vorhanden, wie aus einer Studie hervorgeht. Dies liegt daran, dass die Anbauflächen kleiner sind und Düngemittel sowie Pflanzenschutzmittel sparsamer eingesetzt werden. Außerdem werden Hecken und Blühstreifen angelegt, um die Biodiversität zu erhöhen. „Unsere Ergebnisse unterstreichen“, so Schürings, „dass der Wandel hin zu nachhaltigeren Landwirtschaftsformen, wie dem ökologischen Landbau, gut für die Gewässer ist.“ Mitautor Dr. Sebastian Birk betont, dass „Gewässerschutz und Landwirtschaft Hand in Hand gehen können. Dies sollte die EU auch durch einen Umbau der Agrarförderung unterstützen, damit Umweltleistungen der Landwirtschaft stärker honoriert werden.“
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