Artenvielfalt in Flüssen: Warum die Erholung ins Stocken gerät
Schadstoffe aus Industrie, Haushalten und Landwirtschaft belasten unsere Flüsse. Trotz zahlreicher Renaturierungsmaßnahmen, die in der Vergangenheit die Wasserqualität verbessert und die Artenvielfalt teilweise gefördert haben, stagniert dieser positive Trend. Ein internationales Forschungsteam unter der Leitung von Prof. Dr. Peter Haase (Senckenberg/Universität Duisburg-Essen) hat in einer aktuellen Studie die Bedeutung der Ausbreitungsfähigkeit von Arten für die Wiederbesiedlung renaturierter Flüsse untersucht.
14.02.2025
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Schon 2023 machte das Team um Prof. Dr. Peter Haase in einer viel beachteten Nature-Publikation darauf aufmerksam, dass die Artenvielfalt trotz verbesserter Wasserqualität seit 2010 nicht weiter zunimmt. In ihrer aktuellen Studie präsentieren die Forschenden nun eine mögliche Erklärung: „Die Ausbreitungsfähigkeit ist ein wichtiger Schlüssel“, so Haase. „Sie bestimmt, ob eine Art neue oder renaturierte Lebensräume besiedeln kann – sei es durch aktive Bewegung wie Schwimmen oder Fliegen oder durch passive Verbreitung, etwa über die Strömung. Diese Fähigkeit beeinflusst maßgeblich die genetische Durchmischung und die Widerstandsfähigkeit gegenüber Umweltveränderungen.“
Für ihre Studie analysierte das Forschungsteam 1327 Zeitreihen aus den Jahren 1968 bis 2021, die Daten aus 23 europäischen Ländern umfassen. Die Ergebnisse zeigen: In Flüssen, die sich erholten, nahm die Artenvielfalt zu – besonders bei Arten mit hoher Ausbreitungsfähigkeit, wie schwimmende und driftende Tiere sowie Insekten mit großen Flügeln, darunter Schwimmkäfer und Köcherfliegen. In Flüssen mit verschlechterter Wasserqualität hingegen ging die Artenzahl zurück, und der Anteil gut ausbreitungsfähiger Arten sank.
Allerdings zeigte sich dieser Trend nicht überall gleichermaßen. Eine verbesserte Wasserqualität führte nicht in allen Fällen zur Rückkehr stark mobiler Arten. „Damit Renaturierungen erfolgreicher werden, sollten Schutzmaßnahmen die Landschaftsvernetzung stärken, um Lebensräume besser zu verbinden. Dies gilt insbesondere für die Anbindung artenreicher „Quell-“ Populationen, die eine wichtige Rolle für eine erfolgreiche Wiederbesiedlung spielen. Angesichts des Klimawandels sind zudem flexible Strategien nötig, um sich an die veränderten Umweltbedingungen anzupassen, die Widerstandsfähigkeit der Ökosysteme zu verbessern und die langfristige Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen zu gewährleisten“, sagt Dr. Carlos Cano-Barbacil, Erstautor der Studie und Postdoc in Haases Arbeitsgruppe.