Gezielter Artenschutz kann genetische Vielfalt retten
Die genetische Vielfalt von Tieren, Pflanzen und Pilzen geht weltweit zurück. Allerdings zeigen sich gezielte Schutzmaßnahmen häufig als effektiv und können dazu beitragen, bedrohte Arten und ihre genetische Diversität zu bewahren. Zu diesem Ergebnis kommt die bislang umfassendste globale Metaanalyse zur genetischen Vielfalt, die aktuell in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht wurde.
21.02.2025
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Ein internationales Forschungsteam unter Mitwirkung der Universität Freiburg analysierte dafür mithilfe neuer Methoden Daten zu Hunderten von Arten aus über drei Jahrzehnten.
Das Ergebnis: Etwa zwei Drittel der untersuchten Populationen zeigen einen Rückgang der genetischen Vielfalt. Dies kann die Fitness sowohl einzelner Individuen als auch ganzer Populationen negativ beeinflussen. Genetische Diversität ist entscheidend für das langfristige Überleben von Arten, da sie die Anpassungsfähigkeit an zukünftige Umweltveränderungen unterstützt. Zudem stärkt eine hohe genetische Vielfalt die Stabilität von Ökosystemen, die wiederum essenzielle Leistungen für das Wohl der menschlichen Gesellschaft erbringen.
Initiiert wurde die Studie vom Naturschutzgenetiker Prof. Dr. Gernot Segelbacher an der Fakultät für Umwelt und Natürliche Ressourcen der Universität Freiburg. „Wir sehen einen weltweiten Verlust genetischer Vielfalt. Gleichzeitig können wir aber zeigen, dass gezielte Maßnahmen helfen können, den Biodiversitätsverlust zu verlangsamen oder sogar umzukehren“, sagt Segelbacher.
Einige Arten – wie der Polarfuchs – reagieren besonders gut auf Schutzmaßnahmen
Um die genetische Vielfalt innerhalb von Arten zu erhalten und zu fördern, kommen neben der Verbesserung von Umweltbedingungen und der Wiederherstellung von Lebensräumen auch direkte Maßnahmen zur Stabilisierung von Populationen zum Einsatz. Dazu gehören unter anderem Umsiedlungen, der Austausch von Individuen zwischen verschiedenen Populationen, gezielte Populationskontrollen – bei denen einzelne Tiere zum Schutz der verbleibenden Population entfernt werden – sowie die Bekämpfung invasiver oder schädlicher Arten.
Manche Arten profitieren besonders stark von Schutzmaßnahmen – ein Beispiel dafür ist der Skandinavische Polarfuchs (Vulpes lagopus). Durch den intensiven Pelzhandel stark dezimiert, existieren heute nur noch kleine Populationen dieser Art, die zusätzlich durch die Konkurrenz mit dem Rotfuchs unter Druck geraten. Schutzmaßnahmen wie ergänzende Fütterung, die gezielte Entfernung von Rotfüchsen und Umsiedlungen haben sich positiv auf den Erhalt der Art ausgewirkt. Sie trugen nicht nur zur Stabilisierung, sondern in einigen Fällen auch zur Steigerung der genetischen Vielfalt und zum Wachstum der Populationen bei.
Dennoch existieren solche Schutzmaßnahmen bisher nur für etwa die Hälfte der untersuchten Populationen, die von einem Rückgang ihrer genetischen Vielfalt bedroht sind. Die Forschenden betonen daher die Notwendigkeit, erfolgreiche Schutzstrategien auf weitere, bislang ungeschützte Arten zu übertragen.
Fortschritte in der genetischen Analyse eröffnen neue Einblicke
Im Rahmen ihrer Meta-Analyse untersuchten die Forschenden Daten aus dem Zeitraum von 1985 bis 2019 und analysierten dabei 628 Arten von Tieren, Pflanzen und Pilzen aus unterschiedlichsten terrestrischen sowie zahlreichen maritimen Lebensräumen weltweit. Dank moderner genetischer Analysemethoden gelang es ihnen, selbst aus jahrzehntealten Studien neue Erkenntnisse zu gewinnen. Durch die Entwicklung einer einheitlichen Messskala konnten sie verschiedene Studien miteinander vergleichen – unabhängig davon, welche Methoden oder genetischen Datengrundlagen ursprünglich verwendet wurden.
„Eine so umfassende globale Studie wäre vor zehn Jahren noch nicht möglich gewesen“, erläutert Prof. Catherine Grueber von der Universität Sydney, Letztautorin der Studie. „Fortschritte in der Genetik und Statistik haben uns neue Werkzeuge an die Hand gegeben, mit denen wir neue Erkenntnisse aus alten Daten gewinnen können – und das ermöglicht es uns, Populationen und Trends auf globaler Ebene zu betrachten.“
Originalpublikation: Shaw, Robyn E., Farquharson, K., et al., „Global meta-analysis shows action is needed to halt genetic diversity loss“ (Nature 2025) DOI: doi.org/10.1038/s41586-024-08458-x