Biodiversität

Trinkwasser in Gefahr: Wälder brauchen mehr Kalk

Im Waldboden tickt eine Zeitbombe. Denn in Deutschland wird für den nachhaltigen Schutz des Trinkwassers und des Bodens immer weniger getan. Statt der dringend nötigen 300.000 ha Wald erhalten im Jahr 2003 bundesweit nur noch 70.000 ha eine zwingend erforderliche Bodenschutzkalkung. Damit schreitet die Versauerung der Waldböden weiter voran.

10.08.2003

Deutschlands Bäume verhungern von unten, weil die Böden durch anhaltende Schadstoffeinträge von oben weiter versauern. Von fast 7 Mio. ha zu kalkendem Wald wurden nur 1 Mio. ha mit Kalk behandelt. Ralph Kuhlmann, Vorsitzender Düngekalk-hauptgemeinschaft, erklärte in Bonn: "Von der Gesamtwaldfläche in Deutschland, etwa 10 Mio. ha, sind rund zwei Drittel dringend kalkungsbedürftig. Der Umfang der tatsächlich gekalkten Fläche pro Jahr beträgt aber nur rund 100.000 ha. Bei Wiederholungsintervallen von 10 Jahren sind in dieser Zeit also von fast 7 Mio. ha nur 1 Mio. ha behandelt. Dieser Fehlbedarf wird Jahr für Jahr größer und akkumuliert sich als Säurepotential im Waldboden. Schuld daran ist vor allem die unklare und restriktive Förderpolitik der Bundesländer. Wir fordern deshalb klare, transparente und bundesweit einheitliche Förderichtlinien."

Nach dem aktuellen Waldzustandsbericht des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft (vom Herbst 2002) sind in Deutschland von ca. 11 Mio. ha Wald insgesamt 65 % der Wälder geschädigt. Das entspricht einer geschädigten Waldfläche von 7,1 Mio. ha. Von diesen 7,1 Mio. ha weisen 21 %, entsprechend 2,3 Mio. ha, deutliche Schäden auf. Im Jahr 1984 waren genau 56 Prozent der Waldbestände geschädigt. Heute sind es 65 Prozent. Nach Ansicht von Burkhard Eusterwinter, Koordinator der Deutschen Heli Forst, schützen die meisten Bundesländer den Wald, Boden und das Trinkwasser nur unzureichend.

Von Bund, Land und EU dafür vorgesehene Fördermittel fließen in Höhe von etwa 5 Millionen Euro ungenutzt zurück in die öffentlichen Kassen. Von sechzehn Bundesländern wird lediglich in Sachsen der von der landeseigenen Forstlichen Versuchsanstalt ermittelte Kalkungsbedarf in den Wäldern auch in die Tat umgesetzt. Das von großen Waldschäden geplagte neue Bundesland fördert u.a. die Bodenschutz-kalkungen zu 100%.

Thüringen fördert mit den Bundes- und EU-Mitteln v, verstärkt den Waldwegebau und die Erfassung der Besitzer für das Katasteramt. Der Bodenschutz wird klar vernachlässigt. In Nordrhein-Westfalen und Hessen werden bei den Bodenschutzkalkungen lediglich die Nettokosten mit 90 % gefördert. Nach Umstellung der Förderung gingen hier die gekalkten Flächen auf jetzt rund. 5.000 ha pro Jahr zurück. Erforderlich wären nach Angaben des Forstministeriums 25.000 ha.

Nordrhein-Westfalen hatte sich im Jahr 2000 bei der Erstellung eines EU-Planes praktisch verpflichtet, bis zu 35.000 ha privaten Waldboden zu kalken. Obwohl die zuständige Landesministerin, Bärbel Höhn (Grüne), erst vor kurzem auf den desolaten Bodenzustand und die dazu erforderlichen Schutzmaßnahmen hingewiesen hatte, werden aktuelle Förderanträge zur Unterstützung dieser Maßnahmen abgelehnt. Die Waldbesitzer sind aufgrund der schlechten Wirtschaftssituation nicht mehr in der Lage, die Rest-Finanzierung der Bodenschutzkalkungen zu übernehmen. Unterm Strich führt die unverständliche Mehrwertsteuer-Praxis in NRW dazu, dass in dem bevölkerungsreichsten Bundesland 2003 von insgesamt rund 880.000ha Wald nur noch insgesamt 15.000 ha gekalkt werden. Im 150.000 ha großen Staatswald sind nur rund 3.500 ha Wald für die Kalkung vorgesehen. Das nachlassende Interesse an den Waldschäden führt in Rheinland-Pfalz dazu, dass immer weniger Mittel für den Privat- und Staatswald zur Verfügung gestellt werden. Hier werden von den erforderlichen 50.000 ha in diesem Jahr nur lediglich ca. 10.000 ha durch Kalkungen geschützt.
Quelle: UD
 
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