Biodiversität

Wenn Dörfer die Regenwälder schützen

Weltweit wird die Vernichtung tropischer Regenwälder mit großer Sorge betrachtet. Besonders gefährdet sind, so Wissenschaftler der Universität Göttingen, die Waldränder. Besiedelung, Rodung, Holzeinschlag und Landwirtschaft bedrohen diese "sensibelsten Bereiche des gesamten Ökosystems", deren Zustand Einfluss auf alle Prozesse des Waldes hat, so Prof. Gerhard Gerold, Sprecher des Sonderforschungsbereichs "Stabilität von Randzonen tropischer Regenwälder in Indonesien".

23.12.2003

Im SFB 552 werden seit drei Jahren die Wechselbeziehungen zwischen ökologischen Anforderungen, ökonomischen Rahmenbedingungen und sozialen Faktoren im Lore-Lindu-Nationalpark und den angrenzenden Regionen auf der indonesischen Insel Sulawesi analysiert.

Auf der Basis dieser Ergebnisse entwickeln die Göttinger Wissenschaftler mit ihren Kollegen vor Ort die Grundlagen für nachhaltige Landnutzungskonzepte, die einerseits die Lebenssituation der dörflichen Bevölkerung berücksichtigen und andererseits eine Stabilisierung der Waldrandgebiete mit dem Erhalt der Artenvielfalt und dem Schutz der Stoffkreisläufe zum Ziel haben. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft
(DFG) stellt dafür 3,7 Milionen Euro zur Verfügung.

Eine starke Bevölkerungszunahme hat in Indonesien in den vergangenen
Jahren zu einem wachsenden Landbedarf geführt. "Mit der zunehmenden
Zahl der Landnutzer können die bisherigen Formen einer nachhaltigen
Brandrodung mit langer Brachdauer immer seltener praktiziert werden",
erläutert Prof. Gerold. Ein weiteres Problem: Viele der in die feuchten Waldzonen eingewanderten Siedler kennen die alten Methoden konservierender Bodennutzung nicht und neigen dazu, die Baumvegetation vollständig zu entfernen. Der Wissenschaftler: "Wenn der Zyklus zur Erholung der Bodenfruchtbarkeit und die natürliche Unkrautkontrolle unterbrochen werden, verwandeln sich ausgedehnte landwirtschaftliche Flächen mit der Zeit in kaum nutzbares Grasland, das in Indonesien heute schon eine Groesse von 8,5 Millionen Hektar erreicht hat." Die Folge: Die Bauern sehen sich gezwungen, immer neue Waldflächen für den Anbau von Grundnahrungsmitteln wie Mais oder Bohnen zu roden.

Um diesen Kreislauf zu durchbrechen, arbeiten die Wissenschaftler im
Sonderforschungsbereich an vier zentralen Fragestellungen. Im
Projektbereich "Soziale und ökonomische Dynamik" untersuchen sie die
kulturgeographische und sozio-ökonomische Entwicklung der Region und
die Situation der Menschen in ländlichen Haushalten. Das Projektgebiet
umfasst 119 Dörfer mit rund 24.000 Haushalten. Bereich zwei befasst
sich mit dem "Wasser- und Naehrstoffumsatz" in der Waldrandzone. Wie
sich das Artenspektrum, die Tier- und Pflanzenpopulationen und deren
Wechselwirkungen im Ökosystem bei Eingriffen durch Landnutzung
entwickeln, steht im Mittelpunkt des dritten Bereichs "Biodiversität".

Der vierte Projektbereich trägt den Titel "Landnutzungsmodellierung". Hier beschäftigten sich die Wissenschaftler mit der integrativen Modellierung der Landnutzungsentwicklung und der Szenarienentwicklung zu den ökologischen und sozio-ökonomischen Auswirkungen, die in den untersuchten Randgebieten ablaufen und diese dauerhaft verändern. Prof.
Dr. Manfred Zeller, der seit Juli dieses Jahres Sprecher des Sonderforschungsbereiches ist: "Unsere Forschungsergebnisse werden nicht direkt in Entwicklungsprogramme umgesetzt. Sie sind aber für die
staatliche Regionalplanung und die entwicklungsorientierten Organisationen von erheblicher Bedeutung, die in den Waldrandgebieten tätig sind und dort komplexe Probleme im Schnittfeld von Ökonomie, Ökologie, und sozialer Gerechtigkeit zu lösen haben, ohne jedoch über entsprechende wissenschaftlich basierte Informationen und Mittel für eine eingehende Analyse der Region zu verfügen."
Quelle: idw
 
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