Biodiversität
Wie man einen toten See wieder zum Leben erweckt
Die Sanierung einer spektakulären Altlast ist erfolgreich beendet. Wissenschaftler des Umweltforschungszentrums Leipzig-Halle haben bewiesen: Durch die Aktivierung der natürlichen Selbstreinigung können selbst aus hochtoxischen Altlasten, die unter ökonomischen Aspekten als nicht sanierbar gelten, wieder naturnahe Lebensräume werden.
08.11.2004
"Unseres Wissens", so Professor Ulrich Stottmeister, Projektkoordinator und Leiter des Departments Umweltbiotechnologie am UFZ, "ist dies das erste realisierte Beispiel, bei dem eine Altlast derartiger Dimension auf wissenschaftlicher Grundlage und in interdisziplinärer Zusammenarbeit von Umweltbiotechnologen, Chemikern, Geologen, Hydrogeologen, Gewässerkundlern, Hydrobiologen sowie Mikrobiologen gezielt einer Selbstreinigung zugeführt wurde". Ende August 2004 wurden Ausrüstung und Technik, die an das 1992 begonnene Forschungs- und Sanierungsprojekt "Phenolsee" erinnern, abgebaut. Die Nachhaltigkeit des Sanierungserfolges wird aber auch weiterhin durch UFZ-Wissenschaftler beobachtet und dokumentiert.
In unmittelbarer Nähe des Dorfes Trebnitz, einer kleinen Gemeinde zwischen Zeitz und Weissenfels in Sachsen-Anhalt, wurde nach der Wende eine der spektakulärsten Altlasten auf dem Territorium der ehemaligen DDR "entdeckt". Hoch konzentrierte phenolische Abwässer der Braunkohlen-Verschwelung des Werkes Deuben bei Zeitz wurden zwischen 1950 und 1968 in einen ehemaligen Tagebau geleitet. Es entstand ein See mit 2 Millionen Kubikmetern Inhalt, einer Fläche von 9 Hektar und einer Tiefe bis zu 27 m. Der Gestank des fast schwarzen und stark kontaminierten "Wassers" belästigte die Anwohner und war zudem
ungesund. Die Sichttiefe betrug gerade mal drei Zentimeter, der Sauerstoffgehalt war gleich Null und Grundwasserkontaminationen konnten nicht ausgeschlossen werden. Eine praktikable und bezahlbare Sanierung (die Kostenschätzungen verschiedener Firmen bewegte sich im zwei- und dreistelligen Millionenbereich) erschien bei dieser Dimension und der Besonderheit der Schadstoffe unmöglich - zumindest mit herkömmlicher Sanierungstechnik.
Ab 1992 entwickelten Wissenschaftler des UFZ für diese Altlast ein Sanierungskonzept, das mit finanzieller Hilfe der LMBV (Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbauverwaltungsgesellschaft) und der Aufgeschlossenheit genehmigender Behörden des Landes Sachsen-Anhalt verwirklicht werden konnte. Sanierungsziel: Ein naturnahes Ökosystem, von dem keine Gefährdungen für Mensch und Umwelt mehr ausgehen. Die Grundidee war, in dieser hochtoxischen Industriealtlast die natürliche Selbstreinigung zu initiieren und so zu steuern, dass ein ungefährliches Ökosystem entsteht. Dazu sollten die stark gehemmten und außerordentlich langsam verlaufenden biologischen Abbauprozesse
durch einfache technische Maßnahmen unterstützt werden, denn trotz des hohen Gehaltes an giftigen Substanzen - vorherrschend Phenole und Ammonium - war das Wasser keineswegs biologisch tot - es wurden Mikroorganismen nachgewiesen. Für diese Art der Sanierung verwendet man auch Begriffe wie "ökotechnische" Sanierung oder "bioremediation", auch
"enhanced natural attenuation".
Das Sanierungskonzept sah vor, die schwer abbaubaren huminstoffaehnlichen Polymerverbindungen, die für die Schwarzfärbung des Deponiewassers verantwortlich waren, aus dem Wasserkörper durch eine einfache Flockung mit Eisen-III-Salzen zu beseitigen. Setzen sich die Flocken am Seeboden ab, wird das Deponiewasser klar und ungefärbt, gleichzeitig werden 50 Prozent der ursprünglichen organischen Verbindungen gebunden. Steigt die Sichttiefe auf mehrere Meter an, kann dass das Sonnenlicht besser in die oberen Wasserschichten eindringen. Die Folge: das Wasser erwärmt sich in Abhängigkeit von den Jahreszeiten, die Mikroorganismen werden aktiv, der Sauerstoffgehalt in den oberen Wasserschichten nimmt durch die Photosynthese von Algen allmählich zu. Getestet wurde zunächst im Labor, danach folgten Versuche in verschieden großen Maßstäben im See. Dazu nutzten die Wissenschaftler so genannte Enclosures. Das sind unterschiedlich große, schwimmende Folienschläuche, die als geschlossene Experimentalgefäße im See - in situ - dienen.
Der Erfolg dieser Tests im See und die vergleichsweise niedrigen Sanierungskosten waren für die LMBV überzeugend - sie übernahm sie die Finanzierung (zirka sechs Millionen Euro) für die Behandlung der gesamten Deponie. Nach Vorgaben des UFZ wurde in einer logistischen Meisterleistung unter Nutzung spezieller Injektionstechnologien der gesamte See geflockt (1997), neutralisiert (1997) und mit Nährstoffen für die Mikroorganismen ergänzt (1998).
Das Gewässer heute
Bis heute ist ein belebtes naturnahes Ökosystem entstanden, dessen Wasser gegenüber Bakterien, Algen und niederen Wasserlebewesen - dazu zählen Räder- und Wimperntiere, Stech- und Büschelmückenlarven sowie Zuckmücken - nicht mehr giftig ist. Diese neue biologische Vielfalt, die sich in der sauerstoffreichen Oberflächenzone heute nicht mehr von der eines natürlichen Sees unterscheidet, sorgt dafür, dass nach und nach die restlichen gelösten organischen Schadstoffe sowie der Ammoniumstickstoff abgebaut werden. Letzterer ist die Ursache dafür, dass man auf Fische noch viele Jahrzehnte warten muss, denn dieser ist für sie schon in sehr geringen Konzentrationen giftig. Wasservögel hingegen haben das Ökosystem inzwischen akzeptiert. Für die Trebnitzer Bevölkerung geht der Erfolg des Projektes mit der Verbesserung ihrer Lebensqualität einher. Die Freude darüber haben zahlreiche Einwohner und ihr Buergermeister vielfach gegenüber den UFZ-Projektleitern Ulrich Stottmeister und Erika Weissbrodt zum Ausdruck gebracht.
In unmittelbarer Nähe des Dorfes Trebnitz, einer kleinen Gemeinde zwischen Zeitz und Weissenfels in Sachsen-Anhalt, wurde nach der Wende eine der spektakulärsten Altlasten auf dem Territorium der ehemaligen DDR "entdeckt". Hoch konzentrierte phenolische Abwässer der Braunkohlen-Verschwelung des Werkes Deuben bei Zeitz wurden zwischen 1950 und 1968 in einen ehemaligen Tagebau geleitet. Es entstand ein See mit 2 Millionen Kubikmetern Inhalt, einer Fläche von 9 Hektar und einer Tiefe bis zu 27 m. Der Gestank des fast schwarzen und stark kontaminierten "Wassers" belästigte die Anwohner und war zudem
ungesund. Die Sichttiefe betrug gerade mal drei Zentimeter, der Sauerstoffgehalt war gleich Null und Grundwasserkontaminationen konnten nicht ausgeschlossen werden. Eine praktikable und bezahlbare Sanierung (die Kostenschätzungen verschiedener Firmen bewegte sich im zwei- und dreistelligen Millionenbereich) erschien bei dieser Dimension und der Besonderheit der Schadstoffe unmöglich - zumindest mit herkömmlicher Sanierungstechnik.
Ab 1992 entwickelten Wissenschaftler des UFZ für diese Altlast ein Sanierungskonzept, das mit finanzieller Hilfe der LMBV (Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbauverwaltungsgesellschaft) und der Aufgeschlossenheit genehmigender Behörden des Landes Sachsen-Anhalt verwirklicht werden konnte. Sanierungsziel: Ein naturnahes Ökosystem, von dem keine Gefährdungen für Mensch und Umwelt mehr ausgehen. Die Grundidee war, in dieser hochtoxischen Industriealtlast die natürliche Selbstreinigung zu initiieren und so zu steuern, dass ein ungefährliches Ökosystem entsteht. Dazu sollten die stark gehemmten und außerordentlich langsam verlaufenden biologischen Abbauprozesse
durch einfache technische Maßnahmen unterstützt werden, denn trotz des hohen Gehaltes an giftigen Substanzen - vorherrschend Phenole und Ammonium - war das Wasser keineswegs biologisch tot - es wurden Mikroorganismen nachgewiesen. Für diese Art der Sanierung verwendet man auch Begriffe wie "ökotechnische" Sanierung oder "bioremediation", auch
"enhanced natural attenuation".
Das Sanierungskonzept sah vor, die schwer abbaubaren huminstoffaehnlichen Polymerverbindungen, die für die Schwarzfärbung des Deponiewassers verantwortlich waren, aus dem Wasserkörper durch eine einfache Flockung mit Eisen-III-Salzen zu beseitigen. Setzen sich die Flocken am Seeboden ab, wird das Deponiewasser klar und ungefärbt, gleichzeitig werden 50 Prozent der ursprünglichen organischen Verbindungen gebunden. Steigt die Sichttiefe auf mehrere Meter an, kann dass das Sonnenlicht besser in die oberen Wasserschichten eindringen. Die Folge: das Wasser erwärmt sich in Abhängigkeit von den Jahreszeiten, die Mikroorganismen werden aktiv, der Sauerstoffgehalt in den oberen Wasserschichten nimmt durch die Photosynthese von Algen allmählich zu. Getestet wurde zunächst im Labor, danach folgten Versuche in verschieden großen Maßstäben im See. Dazu nutzten die Wissenschaftler so genannte Enclosures. Das sind unterschiedlich große, schwimmende Folienschläuche, die als geschlossene Experimentalgefäße im See - in situ - dienen.
Der Erfolg dieser Tests im See und die vergleichsweise niedrigen Sanierungskosten waren für die LMBV überzeugend - sie übernahm sie die Finanzierung (zirka sechs Millionen Euro) für die Behandlung der gesamten Deponie. Nach Vorgaben des UFZ wurde in einer logistischen Meisterleistung unter Nutzung spezieller Injektionstechnologien der gesamte See geflockt (1997), neutralisiert (1997) und mit Nährstoffen für die Mikroorganismen ergänzt (1998).
Das Gewässer heute
Bis heute ist ein belebtes naturnahes Ökosystem entstanden, dessen Wasser gegenüber Bakterien, Algen und niederen Wasserlebewesen - dazu zählen Räder- und Wimperntiere, Stech- und Büschelmückenlarven sowie Zuckmücken - nicht mehr giftig ist. Diese neue biologische Vielfalt, die sich in der sauerstoffreichen Oberflächenzone heute nicht mehr von der eines natürlichen Sees unterscheidet, sorgt dafür, dass nach und nach die restlichen gelösten organischen Schadstoffe sowie der Ammoniumstickstoff abgebaut werden. Letzterer ist die Ursache dafür, dass man auf Fische noch viele Jahrzehnte warten muss, denn dieser ist für sie schon in sehr geringen Konzentrationen giftig. Wasservögel hingegen haben das Ökosystem inzwischen akzeptiert. Für die Trebnitzer Bevölkerung geht der Erfolg des Projektes mit der Verbesserung ihrer Lebensqualität einher. Die Freude darüber haben zahlreiche Einwohner und ihr Buergermeister vielfach gegenüber den UFZ-Projektleitern Ulrich Stottmeister und Erika Weissbrodt zum Ausdruck gebracht.
Quelle: UD