Biodiversität

"Waldmenschen" vor dem Aus?

Wenige Orang-Utans verlieren sich vor dem Reichstagsgebäude in Berlin in einem „Wald“ aus Motorsägen. Wie Metronome pendeln die Sägen hin und her. Die Zeit für den Regenwald der südostasiatischen Insel Borneo und ihre bekanntesten Bewohner, die Orang-Utans, läuft ab. Mit dieser Demonstration eröffnete der WWF seine Borneo-Kampagne für den Erhalt des ältesten Tropenwaldparadieses der Erde.

15.06.2005

„Hält der Kahlschlag auf Borneo unvermindert an, werden die Orang-Utans 2020 bis auf nicht mehr über-lebensfähige Restgruppen ausgestorben sein“, so WWF-Geschäftsführer Peter Prokosch. „Auch Deutschland trägt Verantwortung. Denn Deutschland importiert illegales Holz. Deutschland kauft Papier aus wertvollen Tropenhölzern. Deutschland nutzt Palmöl aus zerstörerischen Plantagen.“
 
Der WWF legte jetzt in Berlin die Studie „Borneo: Schatzinsel in Gefahr“ vor. Die Auswertung von Satellitenbildern und anderer Daten zeigt: Alle 20 Sekunden verschwindet auf der drittgrößten Insel der Welt Wald in der Größe eines Fußballfeldes. Pro Jahr werden mehr als 13.000 Quadratkilometer wertvoller Tropenwald abgeholzt oder fallen Waldbränden zum Opfer. „Das Tempo der Waldzerstörung hat seit Mitte der 90er Jahre drastisch zugenommen“, berichtet WWF-Tropenwaldexperte Markus Radday. „Unsere Studie zeigt in bedrückender Weise, dass sich frühere Prognosen der Weltbank bewahrheiten. Setzt sich der Trend fort, werden alle Tiefland-Regenwälder im indonesischen Teil Borneos, wichtigster Lebensraum der Orang-Utans, bis 2012 verschwunden sein.“
 
Hauptgründe für den Waldverlust sind nach WWF-Angaben die Waldrodung für Plantagen durch Konzerne - insbesondere für Ölpalmen -, der illegale Holzeinschlag und verheerende Waldbrände. Anders als in vielen Entwicklungsländern ist die verarmte Landbevölkerung nicht die treibende Kraft dieser Zerstörung.
 
Die Folgen des Kahlschlags: Die Zahl der Orang-Utans (malaiisch: „Waldmenschen“) auf Borneo ging seit Anfang der 90er Jahre von 150.000 dramatisch auf heute 55.000 Tiere zurück. „Viele Orang-Utans leben schon heute nur noch in kleinen Gruppen auf verstreuten Waldinseln. Ihnen fehlt der genetische Austausch, um langfristig überleben zu können“, so Nazir Foead, Chef- Artenschützer des WWF Indonesien. „Borneos einmalige Artenvielfalt ist in Gefahr“. Auch Zwergelefanten, Nashörner und Nasenaffen sind bedroht. 44 der 210 Säugetierarten Borneos kommen nirgendwo sonst auf der Welt vor.
 
Von der Bundesregierung fordert der WWF, das angekündigte Urwaldschutzgesetz, mit dem die Einfuhr illegalen Holzes bekämpft werden soll, noch vor der Bundestagswahl zu verabschieden. Deutschland importierte 2003 Hölzer im Wert von 206 Millionen Euro aus Indonesien. Dabei sind mehr als 70 Prozent des Holzeinschlags in Indonesien illegal. „Papier, Holzfenster oder Möbel stammen häufig aus Orang-Utan-Wald. Dieser Skandal muss beendet werden“, fordert Prokosch. Auch die öffentliche Beschaffung müsse auf eine nachhaltige Basis gestellt werden. Holz- und Papierprodukte für Verwaltungen sollten künftig das Nachhaltigkeitssiegel FSC tragen. Um diese Forderungen zu untermauern, startete der WWF eine Unterschriftenaktion.

Der WWF unterstützt die „Heart of Borneo“-Initiative der Staaten Brunei, Malaysia und Indonesien. Mit bis zu 220.000 Quadratkilometern - das entspricht der Fläche der alten Bundesländer - soll bis 2006 eines der größten grenzübergreifenden Schutzgebiets-Netzwerke der Welt entstehen. „Das ‚Heart of Borneo’ ist ein Rettungsanker für die Regenwälder und die Orang-Utans“, so Nazir Foead.
Quelle: UD
 
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