Biodiversität

Wenn Naturschutz und Mensch Konkurrenten werden

Strenge Naturschutzgesetze haben neben verbesserten Umweltbedingungen in vielen Teilen Europas dazu geführt, dass seltene oder lokal ausgerottete Tierarten wieder zurückkehren. Damit leben jedoch alte Konflikte zwischen Mensch und Tier wieder auf: Drei Jahre haben Wissenschaftler an Beispielen untersucht, wie verschiedene Länder mit solchen Konflikten umgehen und welche Wege es gibt, zwischen Naturschutz und Fischwirtschaft zu vermitteln.

13.02.2006

Neben der Präsentation von Projektergebnissen gibt es einen intensiven Austausch zu vergleichbaren Konflikten aus aller Welt. Dabei zeigt die Vielfalt möglicher Lösungsansätze, dass erfolgreiches Konfliktmanagement ökologische und gesellschaftliche Zusammenhänge berücksichtigt, aber auch relevante Akteursgruppen in Entscheidungsfindungsprozesse mit einbezieht.
 
Der Otter - ein akzeptierter Rückkehrer
Die Geschichte von Mensch und Fischotter ist eine Geschichte voller Missverständnisse. Fischotter fressen zwar hauptsächlich Fisch, aber sie bevorzugen bei ausreichendem Nahrungsangebot nicht etwa große Karpfen, sondern eher kleine handlichere Happen - also Fische zwischen zehn und zwanzig Zentimetern. Das sind zum Beispiel Barsche und andere wirtschaftlich kaum genutzte Fischarten. Karpfenteiche werden zu Otters Lieblingsrevier, wenn die umgebende Landschaft ausgeräumt und nahrungsarm ist; auch harte Winter spielen eine Rolle, wie unter anderem Nahrungsuntersuchungen im Rahmen des Artensschutzprogramms Fischotter in Sachsen zeigten. Wenn sich zusätzlich noch die Absatzsituation für einheimischen Fisch verschlechtert, kann es für den Fischer knapp werden. Aber ist daran der Fischotter schuld? Sicher hat die Fischotterpopulation in der Oberlausitzer Teichlandschaft zugenommen. Trotzdem ist der Bestand keineswegs gesichert, wie Modellierungen des UFZ gezeigt haben: Gestiegene Verluste durch Überfahren und der anhaltende Lebensraumverlust zollen nach wie vor ihren Tribut. Der Zenit der Populationsentwicklung scheint deshalb bereits überschritten und in etwa einhundert Jahren könnte diese Entwicklung zu einem unvermuteten Kollaps der Fischotterpopulation in Sachsen führen.
 
Der Kormoran - Eroberer alter und neuer Gestade
Ganz anders die Situation beim Kormoran: Im Gegensatz zum Fischotter werden die schwarzen Vögel oft als Eindringling angesehen. Beim Kormoran wird deutlich, dass Vögel nicht an nationalen Grenzen halt machen. Aus wenigen Kolonien in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts sind, nicht zuletzt auch durch Umwelt- und Klimaveränderungen begünstigt, viele große und kleine Ableger geworden. Die Vögel brüten zum überwiegenden Teil an den Küsten Europas und ziehen nach der Brut auch durch Deutschland bis an das Mittelmeer, um dort zu überwintern. Auf bis zu 500 000 Vögel schätzen die Wissenschaftler die Anzahl der Kormorane momentan in Europa. Unkoordinierte lokale Maßnahmen bringen bei solch mobilen Arten wenig Erfolg. Da es momentan mehr Kormorane als Brutplätze gibt, rücken nach Massenabschüssen wie im vergangenen Sommer in Norddeutschland einfach neue Tiere nach. Das Kormoranproblem zeigt, dass es Koordinationsprobleme zwischen den Nationen selbst, aber auch auf europäischer Ebene gibt. Es mangelt an einem  länderübergreifenden Beobachtungssystem und einer besseren Abstimmung von Managementmaßnahmen.
 
Die Kegelrobbe - Heimkehrer aus dem Norden der Ostsee
Als drittes Tier wurden im Forschungsprojekt FRAP die Konflikte rund um die Kegelrobbe in Finnland und Schweden untersucht. Die Kegelrobben breiten sich mit einem jährlichen Wachstum von knapp 9 Prozent immer weiter nach Süden aus - zur Freude der Naturschützer und zum Leidwesen der Küstenfischer. In Schweden gibt es bereits seit einigen Jahren einen nationalen Managementplan, in Finnland steht man kurz vor dessen Einführung, um die Managementmaßnahmen besser zu koordinieren. Wiederansiedlungsversuche an der deutschen Ostseeküste sind zwar auf unbestimmte Zeit verschoben worden. Trotzdem ist es nur eine Frage der Zeit, bis auch deutsche Fischer mit den Robben konfrontiert werden.
 
Drei Konflikte - eine Patentlösung?
Konflikte zwischen wildlebenden Arten und menschlicher Ressourcennutzung wird es immer geben. Tierarten wie Fischotter, Wolf, Luchs und Robben in Europa, Elefanten in Afrika und Indien, oder Schneeleoparden im Himalaja werden Nahrungskonkurrenten des Menschen bleiben. So kommt es auf darauf an, Wege zu finden, die einerseits lebensfähige Bestände der gefährdeten Tierarten sichern, wozu sich Deutschland und zahlreiche andere Nationen auf europäischer und internationaler Ebene verpflichtet haben. Andererseits gilt es, die berechtigten Interessen der wirtschaftlich Geschädigten auszugleichen, da die Kosten des Naturschutzes von der ganzen Gesellschaft zu tragen sind, nicht nur von einzelnen Wirtschaftssektoren wie der Fisch- oder Landwirtschaft. Hier sind auf europäischer Ebene noch Hausaufgaben zu machen, damit nationale Lösungen der Schadenskompensation z.B. nicht mehr wie in Finnland europäischen Wettbewerbsregelungen zum Opfer fallen. Konfliktlösungen müssen aber nicht immer viel Geld kosten. Manchmal schützen kleine Änderungen in der Bewirtschaftungsform vor größeren Schäden; oder die umfassende Information und rechtzeitige Einbeziehung der Betroffenen kann zum Konsens zwischen Naturschützern und Naturnutzern führen. Eine Patentlösung gibt es nicht, aber ein wesentliches Ziel des EU- Projektes FRAP war es, eine generelle Herangehensweise zur Analyse solcher Konflikte sowie zur Entwicklung und Bewertung von geeigneten Managementstrategien zu erarbeiten.
Quelle: UD
 
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