Biodiversität

Tourismus als Instrument zur Erhaltung der biologischen Vielfalt

Der Tourismus bedroht weltweit einzigartige Naturschätze. Andernorts ist er ein wirksames Instrument zum Schutz der biologischen Vielfalt. Entscheidend ist vor allem die Haltung der lokalen Bevölkerung. Netzwerk-Forum zur Biodiversitätsforschung stellt deutsche Forschungsprojekte vor, die mit innovativen Konzepten Naturschutz durch touristische Nutzung erst ermöglichen - und so indirekt neue Arbeitsplätze schaffen - in Deutschland und weltweit.

28.03.2011

Drei Millionen Touristen reisen jährlich nach Cancún. Das Ökosystem leidet darunter. Foto: Mitchells/flickr.com
Drei Millionen Touristen reisen jährlich nach Cancún. Das Ökosystem leidet darunter. Foto: Mitchells/flickr.com
Die Karibikhalbinsel Yucatan in Mexiko ist weltweit eine der beliebtesten Reiseziele. Doch jährlich drei Millionen Touristen allein in Cancún, fehlende Abwasseraufbereitung, Pestizide für Golfplätze usw. schädigen das Ökosystem massiv. Laut einer aktuellen Studie von Kanadischen Forschern sind in den letzten 20 Jahren 50 Prozent des dortigen zweitgrößten Korallenriffs der Welt verloren gegangen. Der Tourismus scheint seine eigenen Ressourcen aufzufressen.

Namibia macht es vor Doch Tourismus kann auch zum Retter der biologischen Vielfalt werden. „Das beobachtet man oft an Orten, wo die Natur an sich die Hauptattraktion ist und kaum andere Nutzungsarten möglich sind." sagt Prof. Dr. Wolfgang Strasdas von der Hochschule für Nachhaltige Entwicklung Eberswalde. Derzeit erforscht der Professor für Nachhaltigen Tourismus die ökologischen Auswirkungen von Safarireisen in Namibia. Als eines von ganz wenigen Ländern hat es den Schutz seiner natürlichen Ressourcen in der Verfassung festgeschrieben. Durch starke Bejagung wurde die Wildtierfauna über 200 Jahre lang massiv reduziert. Die Elefantenpopulation betrug zuletzt 50 Tiere. Gleichzeitig machen durch den Klimawandel bedingte längere Trockenperioden die Landnutzung immer unrentabler, die arme Landbevölkerung wandert in die Städte ab.

Namibia unterstützt so genannte Communal Conservancies, lokal gemanagte Wildschutzgebiete, die das Potenzial der Wildtiere nutzbar machen und so der Landbevölkerung eine Perspektive geben sollen. Dazu gehören zum Beispiel Ausgleichszahlungen für Verluste bei Weidetieren, die die Farmer vom Abschuss von Raubtieren abhalten sollen. Darüber hinaus werden aber auch verloren gegangene Wildtierarten wie das Spitzmaulnashorn erfolgreich wiederangesiedelt, Farmer hüten vermehrt Wildtiere statt Rinder und verdienen ihr Geld mit Touren bzw. Jagdtrophäen. Darüber hinaus werden Ausbildungsprogramme für die Bevölkerung für die Arbeit im Tourismus gefördert.

Welches Potenzial bietet die touristische Nutzung der 14 deutschen Nationalparke? Wie in Afrika hat auch hierzulande der ländliche Bereich mit Abwanderung zu kämpfen und auch hier kann der Tourismus für neue Perspektiven sorgen. Doch nur wenn die lokale Bevölkerung mitzieht, funktioniert ein Schutzgebiet wirklich. Prof. Hubert Job von der Universität Würzburg untersucht das ökonomische Potenzial von Nationalparks und anderen Schutzgebietsformen in Deutschland und anderen Ländern. Im Bayerischen Wald zum Beispiel geben laut Prof. Job die jährlich 760.000 Gäste im Nationalpark Sächsische Schweiz mit 1,7 Millionen Besucher so viel Geld aus, dass damit - rein rechnerisch - der Lebensunterhalt von 1.880 Personen gesichert ist. Insgesamt bringen in den 14 deutschen Nationalparks rund 51 Mio. Besucher einen Umsatz von ungefähr 2,1 Mrd. Euro. Dies entspricht einem Einkommens-äquivalent von rund 69.000 Personen.

Gerade in unterentwickelten oft korrupten Ländern werde die Lokalbevölkerung allerdings noch zu selten an den Einnahmen beteiligt, sagt Wolfgang Strasdas. Dennoch: Der Biodiversität hilft der Tourismus in Namibia enorm. Die Population der Elefanten hat sich inzwischen verzehnfacht, die namibische Spitzmaulnashornpopulation ist eine der  größten freilaufenden Herden geworden. Doch das Konzept sei nicht einfach auf andere Ökosysteme übertragbar. Bei tropischen Regenwäldern können Tourismuskonzepte nicht ohne weiteres mit der Holznutzung konkurrieren, da allein der Holzwert zu hoch ist. Hier werden mehr zumindest flankierend Konzepte gebraucht wie bspw. die Inwertsetzung von Wäldern als CO2-Senke im Rahmen des globalen Klimaschutzes." meint Strasdas.
Quelle: UD / na
 
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