Biodiversität

Heutiger Artenverlust drastischer als früher

Etwa zehn Mio. Jahre hat es gedauert, bis sich der Planet Erde von seinem bisher größten Massenaussterben erholt hat. Das behaupten Geowissenschaftler um Zhong-Qiang Chen von der China University of Geosciences in Wuhan in der Zeitschrift "Nature Geoscience". Am Ende des Perm-Zeitalters vor 250 Mio. Jahren wäre das Leben um ein Haar völlig ausgelöscht worden, überlebte doch nur knapp jede zehnte Art den tödlichen Mix aus Klimawandel, sauren Regen sowie in den Meeren Versauerung und Sauerstoffmangel. Über die Frage, wie es nach dieser Krise weiterging, ist die Wissenschaft bisher noch immer uneins.

05.06.2012

Foto: Andreas Seuferle
Foto: Andreas Seuferle
Das Team um Chen sieht Hinweise dafür, dass die Erholung mindestens fünf Mio. Jahre dauerte: Nach der ersten Auslöschungswelle sei es wiederholt zu kritischen Kohlendioxid- (CO2) und Sauerstoffwerten und Klimaerwärmungen gekommen. Durch das fehlende gesamte Gleichgewicht gab es für Organismen, die sich anpassten, immer wieder Rückschläge. "Erst im Laufe von Millionen Jahren hat sich das Leben wieder erholt, so als ob jemand den Reset-Knopf gedrückt hätte", sagt Studien-Coautor Michael Benton von der Universität Bristol.

Vertreter der schnellen Erholung ist hingegen Michael Hautmann vom Paläontologischen Institut und Museum der Uni Zürich. "Unsere Untersuchungen der Fauna dieser Zeit zeigen, dass die Erholung schon eine halbe Mio. Jahre nach der Auslöschung einsetzte. Zwar dürfte diese Entwicklung später tatsächlich durch spätere Aussterbe-Ereignisse wieder unterbrochen worden sein, besonders infolge von Vulkanen, die CO2 und Schwefeldioxid (SO2) in die Atmosphäre pumpten und dabei langfristig die Meere versauern ließen. Überraschenderweise scheinen sich aber viele Ökosysteme bei nachlassendem Umweltstress sehr schnell wieder erholt zu haben", so der Forscher.

Lage kritischer denn je

Worin sich beide Forschergruppen einig sind: Frühere Massenaussterben liefern Anhaltspunkte für die Frage, wie sich das Leben auf unserem Planet nach der aktuellen Krise verhalten könnte. Schon früher wurden die derzeitigen Folgen von Abholzung, Ausbeutung der Erde und Klimawandel als "sechstes Massenaussterben" bezeichnet. "Die heutige Lage ist in manchen Aspekten sogar kritischer als am Ende des Pern: Die heutigen Rate an CO2- und SO2-Ausstößen liegt deutlich über jener des einstigen Vulkanismus, zudem erfolgt der Wandel weitaus schneller, sodass Puffermechanismen in den geochemischen Kreisläufen nicht greifen können", sagt Hautmann.

Ob und wie die Erholung gelingt, hängt stark vom jeweiligen Organismus ab, betont der Züricher Paläontologe. "Krustentiere im Meer konnten sich nach manchen Massenausstebe-Ereignissen in der erdgeschichtlichen Vergangenheit in weniger als 100.000 Jahren wieder erholen. Die ökologisch weitaus sensibleren Korallenriffe fehlten in diesen Fällen hingegen über Millionen von Jahren in den Fossilberichten."
Quelle: UD / pte
 
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