Reformmodell zur Finanzierung erneuerbarer Energien
Erneuerbare Energien-Anlagen sollen ab 2017 für die Bereitstellung von Leistung eine Prämie erhalten anstatt wie bisher für die erzeugte Kilowattstunde Strom. Honoriert wird so vor allem die „systemdienliche“ Erzeugung von erneuerbarem Strom.
23.10.2014
Mit dem neuen Modell soll einerseits ein verlässlicher Zahlungsstrom zur Refinanzierung von Stromerzeugungsanlagen auf Basis erneuerbarer Energien entstehen. Zum anderen werden systematische und stärkere Anreize gesetzt, diese Anlagen so auszulegen und zu betreiben, dass sich ein kostengünstigeres Stromsystem auf Basis erneuerbarer Energien herausbildet. Diese und weitere Ideen, wie die Stromerzeugung aus Sonne, Wind und Biomasse im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ab 2017 gefördert werden sollen, präsentiert das Öko-Institut jetzt in einer aktuellen Studie im Auftrag von Agora Energiewende.
„Kern des im übernächsten Jahr zu beschließenden EEG muss es sein, eine Finanzierungsstruktur der erneuerbaren Energien zu konzipieren, die als konsistentes Element eines umfassenden Strommarktdesigns der Energiewende langfristig Bestand haben kann und so die Markt- und Systemintegration der erneuerbaren Energien unterstützt“, fordert Dr. Felix Chr. Matthes, Forschungskoordinator Energie- und Klimapolitik des Öko-Instituts. „Gleichzeitig müssen wir dafür Sorge tragen, dass die Vielfalt der Erzeuger von erneuerbarem Strom erhalten bleibt. Diese hat die Basis für den Ausbau gelegt und sie wird auch künftig eine wichtige Rolle für den Erfolg der Energiewende spielen.“
EEG 3.0 – Fünf Säulen einer Reform
Im Sinne einer Direktvermarktung sollen die Betreiber von erneuerbare-Energien-Anlagen die Einnahmen aus der Vermarktung ihres Stroms direkt selbst erhalten. Dies entspricht den heutigen Regelungen.
Die Marktprämie, die bisher auf Basis von erzeugter Strommenge (Kilowattstunde) an die Betreiber gezahlt wurde, wird durch eine Kapazitätsprämie ersetzt, die auf Basis der systemdienlich bereitgestellten Leistung (Kilowatt) der jeweiligen Anlage gezahlt wird. Das hat zwei zentrale Vorteile:
- Systemdienliche Investitionen: Demzufolge erhalten beispielsweise Windkraftanlagen, die eine gleichmäßigere Einspeisung erreichen, eine höhere Zahlung. Auf diese Weise kann der Investitionsbedarf in Flexibilitätsoptionen (wie Lastmanagement, Speicher und Netze) für den Ausbau der erneuerbaren Energien verringert werden.
- Systemdienlicher Anlagenbetrieb: Die Kapazitätszahlung soll so ausgestaltet werden, dass Anlagenbetreiber bei niedrigen oder negativen Strompreisen auch ihre Anlagen abregeln können (um beispielsweise Regelleistung anzubieten), ohne die Kapazitätszahlung zu verlieren. Denn bisher führt die Marktprämie dazu, dass die erneuerbaren Energien in einigen Stunden zu negativen Preisen bis zu minus 65 Euro je Megawattstunde vermarktet werden – ein Grund für den Anstieg der EEG-Umlage.
Diese Veränderungen in der Vergütung der erneuerbaren Energien ändert ihr Risikoprofil: Einerseits erhöht sich das Risiko für die Betreiber, da sie keine gleitende Marktprämie mehr erhalten und damit – wie alle anderen Marktteilnehmer – dem Risiko schwankender Strompreise ausgesetzt werden. Andererseits verringert sich das Risiko von geringeren Einnahmen in Jahren mit weniger Wind- und Sonnenstunden. Deshalb sollten im Sinne einer Risikominimierung die Kapazitätszahlungen auf Basis niedriger Preise an der Strombörse angelegt werden. Bei einem deutlichen Anstieg können zu hohe Erlöse wieder abgeschöpft werden.
Zusätzlich könnten Sonderzahlungen an Betreiber erfolgen – beispielsweise um die hohen Kosten für Innovationen im Bereich der Offshore-Windenergie zu decken. So könnte eine Sonderprämie für die ersten zehn Gigawatt Offshore-Windenergie ausbezahlt werden. Diese können jährlich abnehmend gestaltet werden, um sinkenden Kosten zu entsprechen.
Hintergrund: Flexible Stromerzeugung mit erneuerbaren Energien
2013 konnten mit erneuerbaren Energien rund ein Viertel des benötigten Strombedarfs gedeckt werden. Das Energiekonzept der Bundesregierung legt fest, dass bis Mitte dieses Jahrhundert 80 Prozent des Stroms in Deutschland aus Sonne, Wind und Wasser kommen sollen – wobei Sonne und Wind auch künftig eine herausgehobene Rolle spielen werden. Da sie Strom abhängig vom Wetter produzieren, braucht das Strommarktsystem mehr Anreize, Anlagen so auszulegen, dass mehr Strom produziert wird, wenn er gebraucht wird. Dies zeigt insbesondere der Fakt, dass bei hohen Sonnen- oder Windstunden der Strompreis an der Börse negativ ausfällt und die Betreiber der erneuerbaren Energien-Anlagen damit theoretisch Geld zahlen müssen, damit der Strom an der Strombörse abgenommen wird.
Hier gelangen Sie zur Langfassung der Studie.