Genug Rohstoffe für die Energiewende
Weltweit gibt es genügend Metalle und Energierohstoffe für die Energiewende. Die Versorgung hängt jedoch davon ab, wie sich die Rohstoffpreise entwickeln, wie transparent und zugänglich die Märkte sind und ob hohe Umwelt- und Sozialstandards im Bergbau erzielt werden können. Zu diesem Ergebnis kommt eine Arbeitsgruppe des Akademienprojekts „Energiesysteme der Zukunft“ (ESYS).
20.02.2017
In der Anfang Februar veröffentlichten Stellungnahme sprechen sich acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften, die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina und die Union der deutschen Akademien der Wissenschaften für strategische Rohstoffpartnerschaften mit Lieferländern, die Erschließung neuer Lagerstätten und mehr Metallrecycling aus.
Ist die Energiewende erfolgreich, sinkt der Verbrauch von Kohle, Erdöl und Erdgas. Gleichzeitig müssen für den Ausbau von Windparks, Solaranlagen, Speichern und intelligenten Netzen immer mehr verschiedene Metalle importiert werden. Gefragt sind vor allem wertvolle Elemente wie Seltene Erden, Platingruppenelemente, Germanium, Indium und Kobalt. Von den Energierohstoffen werden besonders Erdgas und Biomasse benötigt, um die Schwankungen der Wind- und Solarenergie auszugleichen. Wie Deutschland unabhängiger von Rohstoffimporten werden kann, beschreibt die Stellungnahme „Rohstoffe für die Energiewende. Wege zu einer sicheren und nachhaltigen Versorgung“.
Metalle und Mineralien
Zwar gibt es weltweit ausreichend natürliche Metallvorkommen, sie sind jedoch ungleich verteilt und werden ungleichmäßig genutzt. In China beispielsweise werden 86 Prozent der Seltenen Erden abgebaut – sie werden unter anderem für den Bau von Windanlagen, Batterien und Elektromotoren benötigt. Nutzen Staaten diese Marktmacht aus, etwa indem sie den Export erschweren, können Länder wie Deutschland nicht mehr genügend Metalle beziehen.
Mit zwischenstaatlichen Handelsabkommen und -verträgen kann der Staat den privatwirtschaftlichen Rohstoffimport und die Lieferbeziehungen unterstützen. Strategische Rohstoffpartnerschaften können auch dazu beitragen, Umwelt- und Sozialstandards zu etablieren. Sie sind sowohl ethisch geboten als auch Voraussetzung für einen fairen Wettbewerb. Außerdem sollten Energieaufwand und Umweltbelastungen bei der Rohstoffgewinnung die ökologischen Vorteile der Energiewende nicht übersteigen, so die Stellungnahme.
Mit der Erschließung neuer Lagerstätten in Deutschland und Europa sowie in der Tiefsee ließe sich die Rohstoffbasis erweitern: „In Deutschland gibt es etwa Lagerstätten für Indium und Germanium, am Meeresboden lagern unter anderem Kobalt, Kupfer und Nickel. Um die Vorkommen wirtschaftlich zu fördern, müssen jedoch die Umweltfolgen besser erforscht und Technologien für Abbau und Verarbeitung weiterentwickelt werden“, erläutert Jens Gutzmer vom Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf, der an der Stellungnahme mitgearbeitet hat.
Ein weiterer Ansatzpunkt ist das Metallrecycling: Alte Autos, Elektronikgeräte und Leitungen sind wertvolle Rohstoffquellen. „Da die Wiedergewinnungsraten bei vielen Hightech-Elementen gering sind, sollte die gesamte Prozesskette verbessert werden“, sagt Christian Hagelüken von Umicore, der ebenfalls Mitglied der ESYS-Arbeitsgruppe ist. Labels für recyclingfähige Produktdesigns würden schon bei der Herstellung ansetzen. „Auch verbraucherfreundlichere Sammelsysteme und verbesserte, breit genutzte Recyclingverfahren könnten die Wiedergewinnungsraten erhöhen. Außerdem sollten Ausfuhr und Verbleib von Elektroschrott besser kontrolliert werden“, so Hagelüken.
Energierohstoffe
Biomasse kann die Schwankungen von Strom aus Wind- und Solarenergie ausgleichen. Würde die Landwirtschaft in den europäischen Emissionshandel einbezogen, könnte der CO2-Ausstoß der Biomasseproduktion reduziert werden. Auch durch Nachhaltigkeitsvorgaben für den Energiepflanzenanbau und -import sowie eine Steuer auf Stickstoffdünger würde die Bioenergieproduktion klimafreundlicher werden.
Erdgas ist vor allem für den Übergang zu einem klimafreundlichen Energiesystem wichtig, weil es weniger CO2 verursacht als Kohle. Um sich weniger abhängig von einzelnen Lieferländern zu machen, könnte die Flüssiggasinfrastruktur ausgebaut werden. Schiefergas und Erdgas aus Kohleflözen in Deutschland können die Versorgung zusätzlich absichern.