Energiewende

Windrad-Bauer wollen von Luftfahrt lernen

Mit über 180 Metern Höhe überragen heutige Windenergieanlagen inzwischen den Bremer Fallturm oder den Kölner Dom. Nicht nur diese Größenordnungen schaffen Parallelen zur Luftfahrt: Ein neue Forschungsprojekt der Bremer Universität und eines lokalen Anlagenbauers erfordert das Wissen, das die Uni-Wissenschaftler in Zusammenarbeit mit der Flugzeugindustrie um die Produktion extrem belasteter Leichtbauteile sammeln konnten. PREBLADE heißt das zweijährige Projekt.

21.11.2005

Rotorblätter von Windkraftanlagen sind heute bis zu 62 Meter lang und wiegen bis zu 20 Tonnen. Gefertigt werden sie aus einem Glas- oder Kohlefasergelege und Kunstharz, dem so genannten Matrixwerkstoff. Daraus entsteht dann ein Faserverbundwerkstoff. Das Fasergelege wird zugeschnitten und in eine Form eingelegt, anschließend wird das Harz zugeführt. Nachdem die Schalen in temperierten Formen unter Wärmezufuhr ausgehärtet sind, werden die Rotorblatthälften verklebt und nach nochmaligen Tempern entformt. Jetzt fehlen nur noch ein paar Nacharbeiten wie das Aufbringen der Beschichtung. Das alles geschieht überwiegend von Hand. Nun sollen einige der Schritte automatisiert werden.
 
"Sehr aufwändig und schwierig sind der Zuschnitt und das Platzieren des Geleges", erklärt PREBLADE-Projektleiter Ingo Gebauer. "Die Fasergelege müssen sorgfältig in die Form  drapiert werden. Dabei muss die Faserorientierung beibehalten werden." Das heißt: Die Ausrichtung der Fasern muss perfekt passen. Nichts darf quer oder faltig liegen. Hier greift das Forschungsvorhaben. Kein mühsames Schneiden, Schleppen, Zerren und Zupfen mehr - künftig soll ein Roboter diese Arbeiten erledigen. Schnell und präzise schneidet und platziert er das Glasfasergelege.

Die Fertigung von Rotorblättern ist sehr personalintensiv. Die Flügel werden überwiegend in Handarbeit hergestellt. "Der Personalkostenanteil beträgt dabei rund 50-60 Prozent", sagt Lars Weigel, Technischer Leiter bei der beteiligten Firma ROTEC. "Unsere Konkurrenz sitzt in Polen, Brasilien oder Mexiko, denn dort sind die Lohnkosten wesentlich geringer." Doch die ROTEC-Geschäftsleitung habe ein klares Bekenntnis zum Standort Lemwerder ausgesprochen: Man wolle sich unter anderem durch Qualität am Markt behaupten. "Wir werden künftig noch schneller und noch besser produzieren. Deswegen wollen wir ein paar Bereiche in der Produktion automatisieren", sagt Weigel. "Damit sichern wir die Arbeitsplätze unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Ort."
 
Windenergieanlagen werden immer leistungsfähiger und damit auch größer und schwerer. Insbesondere die Offshore-Anlagen im Meer vor der Küste sind extremen Belastungen ausgesetzt. "Das stellt neue Anforderungen an die Werkstoffe und auch an die Herstellung: "Die heutigen Fertigungsverfahren stoßen da bisweilen an ihre Grenzen", sagt Leiter Dieter Müller. "Hier können wir unser Wissen einbringen. Die Erfahrungen aus der Industrie - Abeking & Rasmussen zum Beispiel arbeitet seit 1926 auf diesem Gebiet - und das hier im Norden konzentrierte wissenschaftliche Know-how bieten eine solide Basis für einen wirtschaftlichen Erfolg." Zudem ermögliche die räumliche Nähe eine effektive Zusammenarbeit, bestätigt Weigel. Kooperationen zwischen Industrie und Forschung wie die im Projekt PREBLADE zeigten die große Dynamik im norddeutschen Raum und rechtfertigten es, genau hier ein Kompetenzzentrum für Windenergie anzusiedeln.
Quelle: UD
 
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