Energiewende

Studie fragt: Führt Finanzkrise zur Energiekrise?

Die Finanzkrise wird deutliche Auswirkungen auf die Investmentzyklen der Energieindustrie haben und somit die notwendigen Investitionen in Höhe von einer Billion Euro in den Ausbau der europäischen Energie-Infrastruktur negativ beeinflussen. Betroffen ist vor allem der Ausbau der Stromerzeugung sowie der Strom- und Gasnetze, so dass nach dem Ende der Wirtschaftkrise mit dem dann kommenden Aufschwung eine Energiekrise droht. So das Kernergebnis des zehnten europäischen Energiereports des Beratungsunternehmens Capgemini.

27.11.2008

In den Jahren 2007 und 2008 war Europa nicht in der Lage, die Themen Versorgungssicherheit wie auch CO2 Emissionsreduzierung entsprechend anzugehen. So stieg im Jahr 2007 - wenn auch langsamer als zuvor - die Nachfrage nach Strom um 0,9 Prozent und auch die Kohlendioxid-Emissionen sanken nicht wie geplant, sondern blieben auf Vorjahresniveau. Die Versorgungssicherheit nahm somit zwischen 2006 und 2007 trotz relativ mildem Wetter ab: Gemessen an der tatsächlich zur Verfügung stehenden Kapazität nach UCTE (Union for the Coordination of Transmission of Electricity)-Zahlen reduzierte sich die "Stromreserve" in Europa in diesem Zeitraum von 7,6 Prozent auf 5,3 Prozent. "Ohne ein deutliches Investitionsprogramm für die Strom- wie auch Gas-Infrastruktur ist damit die Versorgung deutlich gefährdet. Der bevorstehende wirtschaftliche Abschwung wird zwar zunächst das Problem der drohenden Energieversorgungslücke zeitlich verschieben. Aber umso härter wird dann der Schock mit dem hoffentlich bald wieder startenden Aufschwung kommen", so Bernd Wöllner, Leiter Energy & Utilities bei Capgemini Consulting, der Strategie- und Transformationsberatungs-Einheit von Capgemini. Das Beratungsunternehmen schätzt die notwendigen Investitionen in die europäische Strom- und Gas-Infrastruktur auf rund eine Billion Euro verteilt über die nächsten 25 Jahre.

Klimaschutz noch zu sehr Lippenbekenntnis

Seit dem Tiefpunkt im Jahr 2005 haben die Versorgungsunternehmen zwar ihre Investitionen wieder gesteigert. Da jedoch etwa 58 Prozent der geplanten neuen Erzeugungskapazität auf fossilen Brennstoffen beruht, ist dies keine klare Entscheidung in Richtung weniger CO2 Emissionen. Im Jahr 2007 stiegen die Investitionen in erneuerbare Energien, vor allem Windenergie, so dass 8,3 Gigawatt an Kapazität in Europa neu entstanden. Allerdings ist Windenergie keine planbare Größe und steht speziell zu den Peak-Zeiten nicht immer zur Verfügung. Unter anderem dies erklärt die schlechtere Lage bei der Versorgungssicherheit.

Marktkonsolidierung schreitet voran

Auf europäischer Ebene haben mit GDF-Suez und Endesa-Enel/Acciona in der ersten Jahreshälfte 2008 einige Großfusionen stattgefunden, die ihrerseits aufgrund von Vorgaben der Regulierungsbehörden weitere Käufe und Verkäufe nach sich ziehen. Die bevorstehende Wirtschaftskrise wird gerade für Unternehmen mit einer gesunden Bilanz und hohen Barvermögen in nächster Zeit weitere Anlässe für Zukäufe schaffen - auch wenn die Finanzierung sicher schwieriger sein wird. Auf der Seite der potenziellen Übernahmekandidaten stehen unter anderem junge Firmen sowie Marktneulinge mit schwächeren Bilanzen. Gleich ist allen Firmen in der derzeitigen Situation, dass sie ihre operative Kraft stärken müssen. Dies gilt vor allem für die internen Prozesse, ihre Organisation und die Reaktionsfähigkeit auf Marktveränderungen.

"Es ist klar, dass die Themen Versorgungssicherheit und Klimaschutz spätestens zu Beginn des neuen Aufschwungs wieder auf den Tisch kommen. Und dann vehementer als je zuvor. Daher sollten Unternehmen wie auch Regierungen besser jetzt an ihren Investitionsplänen für Null-CO2 Erzeugungskapazitäten festhalten", bilanziert Bernd Wöllner.
Quelle: pts
 
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