Energiewende

Wärme speichern - kompakt und flexibel

Biogasanlagen, Blockheizkraftwerke und Co. erzeugen nicht nur Strom, sondern auch Wärme. Doch diese verpufft im Gegensatz zum Strom meist ungenutzt. Eine neue Technologie soll dies künftig ändern: Sie ermöglicht es, die Wärme auf kleinstem Raum und über längere Zeiträume hinweg verlustfrei zu speichern und bei Bedarf zu nutzen. Strom aus Biogas zu erzeugen, liegt im Trend. Noch effektiver wäre es allerdings, wenn man auch die dabei entstehende Wärme besser verwenden könnte. Denn etwa die Hälfte der im Brennstoff enthaltenen Energie wird als Wärme freigesetzt, die meist ungenutzt verpufft.

12.06.2012

Foto: Fraunhofer IGB
Foto: Fraunhofer IGB
Auch in Blockheizkraftwerken und vielen Industrieanlagen gehen große Mengen verloren. Das Problem: Die Wärme wird meist nicht zu dem Zeitpunkt gebraucht, an dem sie entsteht. Sie zu speichern, ist nur bedingt möglich. Bislang nutzt man dazu Wassertanks - sie können jedoch lediglich eine begrenzte Menge Wärme aufnehmen. Diese lässt sich zudem nur über kurze Zeiträume speichern, denn obwohl die Wassertanks isoliert sind, gibt das Wasser die Wärme im Laufe der Zeit an die Umgebung ab.

Einen neuartigen Wärmespeicher entwickeln Wissenschaftler vom Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB in Stuttgart gemeinsam mit Industriepartnern, unter anderem der ZeoSys GmbH in Berlin. Die Besonderheit: Der Speicher kann drei- bis viermal so viel Wärme speichern wie Wasser - die Behälter müssten also nur etwa ein Viertel so groß sein wie Wasserspeicher. Zudem hält er die Wärme über lange Zeiträume ohne Verluste und kann auch bei Temperaturen deutlich über 100 Grad Celsius arbeiten. Das Prinzip: Der Speicher enthält Zeolith-Kügelchen, altgriechisch für siedender Stein.

Üblicherweise wird dieses Material als Ionentauscher eingesetzt, etwa zur Wasserenthärtung. Zeolithe sind porös, ihre Oberfläche ist daher enorm groß: Ein Gramm dieser Kugeln hat eine Oberfläche von bis zu 1000 Quadratmetern. Kommt das Material mit Wasserdampf in Berührung, bindet es diesen in den Poren - dabei entsteht Wärme. Zur Wärmespeicherung entfernt man das Wasser, indem man das Material unter Wärmezufuhr trocknet. Die Energie ist dann gespeichert, aber - anders als bei Wasserspeichern - nicht dadurch, dass das Material fühlbar erwärmt ist. Gespeichert wird quasi das Potenzial, Wasser aufzunehmen und dabei Wärme freizusetzen - man spricht auch von sorptiven Wärmespeichern. Verhindert man, dass der getrocknete Zeolith mit Wasser in Berührung kommt, kann die Wärme ohne zeitliche Beschränkung gespeichert werden.

Mobile Versuchsanlage mit 750 Liter Speichervolumen

Das Prinzip an sich ist bereits bekannt. Eine breite technische Anwendung in Speichern gab es bislang jedoch nicht. „Wir haben das Prinzip aufgegriffen und technisch umgesetzt«, sagt Mike Blicker, Gruppenleiter Wärme- und Sorptionssysteme am IGB. Zunächst haben die Forscher in einem 1,5-Liter-Reaktor und später einem 15-Liter-Reaktor gezeigt, dass das Verfahren grundsätzlich funktioniert. »Wir haben die Prozess- und Verfahrenstechnik entwickelt und uns angeschaut, wie wir das Wärmespeicherprinzip technisch umsetzen können - also beispielsweise, wie ein Speicher aufgebaut werden muss und an welcher Stelle man Wärmetauscher, Pumpen und Ventile benötigt“, erläutert Blicker. Die Materialtests wurden von den Entwicklungspartnern übernommen: Sie haben untersucht, welche der verschiedenen Zeolithe sich am besten eignen, wie groß die Zeolithkügelchen sein sollten und ob der Werkstoff auch nach vielen Speicherzyklen noch stabil ist. Die Wärme konnte viele tausend Male gespeichert werden, ohne dass das System größere Verschleißerscheinungen gezeigt hätte. Die Ergebnisse haben die Forscher auf die aktuelle Versuchsanlage übertragen: Sie umfasst 750 Liter Speichervolumen und befindet sich mit allen nötigen Zusatzaggregaten in einem transportablen Container. Somit können die Wissenschaftler die Anlage an unterschiedlichen Einsatzorten unter realistischen Bedingungen testen.

In einem weiteren Schritt werden die Forscher die Herstellungskosten reduzieren, die Anlage weiter optimieren und auf verschiedene Anforderungen hin anpassen. Ziel ist es, die Wärme sowohl in Industrieanlagen speichern zu können als auch in kleinen Blockheizkraftwerken, wie sie etwa in größeren Wohnhäusern genutzt werden. Im Vordergrund stehen zunächst die industriellen Anwendungen. „Ideal wäre eine Art Baukastensystem, aus dem man den Speicher je nach Anforderung zusammensetzen kann“, sagt Blicker. Auf der Messe ACHEMA vom 18. bis 22. Juni 2012 in Frankfurt zeigen die Forscher am Fraunhofer-Stand in Halle 9.2, Stand D64 an einem Modell, wie die sorptive Wärmespeicherung funktioniert.
Quelle: UD / pm
 
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