Perspektiven für die deutsche Klimaschutzpolitik nach 2020
Am 30. November treffen sich die UN-Mitglieder, um ein anspruchsvolles Programm für den weltweiten Klimaschutz in Nachfolge des Kyoto-Protokolls zu verhandeln. Eine aktuelle Studie von Öko-Institut und Fraunhofer ISI im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit zeigt, wie die deutsche Bundesregierung das Ziel des Energiekonzepts – eine Minderung des Ausstoßes von Treibhausgasen in Deutschland von 80 bis 95 Prozent bis zum Jahr 2050 – erreichen kann.
27.11.2015
„Damit wir wirklich erfolgreich den Klimawandel begrenzen können, müssen die Industriestaaten ihre Emissionen bis 2050 fast vollständig zurückfahren“, erläutert Julia Repenning, stellvertretende Leiterin des Institutsbereichs Energie & Klimaschutz am Öko-Institut in Berlin. „In jedem Fall müssen bis 2050 die Emissionen aus der Energieversorgung in Deutschland fast vollständig vermieden werden – sowohl für 80 Prozent als auch für 95 Prozent Gesamtminderung.“
Die Studie zeigt: Diese Ziele sind erreichbar – sogar mit langfristigen ökonomischen Vorteilen. Damit die notwendigen Treibhausgasminderungen tatsächlich umfänglich umgesetzt werden können, müssten zugleich entsprechende Maßnahmenpakete ambitionierter gesetzt werden.
Anspruchsvolles Klimaschutzszenario: alle Sektoren inbegriffen
In dem geplanten Zielkorridor müssen alle Wirtschaftssektoren sehr deutliche Emissionsreduktionen erbringen, so die Berechnungen der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Dabei wird deutlich, dass die Interaktion zwischen den Sektoren größer wird. „Bei einem Minderungsziel von mehr als 90 Prozent kommt aus den Sektoren Verkehr und Gebäude ein erheblicher zusätzlicher Bedarf an erneuerbarer Stromerzeugung auf uns zu. Gleichzeitig sehen wir, dass beispielsweise in der Landwirtschaft das Minderungspotenzial begrenzt ist“, sagt Repenning. „So können Lachgas- und Methan-Emissionen weniger stark reduziert werden, da in der landwirtschaftlichen Produktion unvermeidbare biologische Prozesse stattfinden.“
Darüber hinaus müsse, so die Expertinnen und Experten, der Primärenergieverbrauch auf die Hälfte des heutigen Wertes sinken. Von nötigen Energieeinsparungen sei dabei kein Sektor ausgenommen. Zudem müssten die erneuerbaren Energien stärker ausgebaut werden, wobei erneuerbarem Strom eine zentrale Rolle zukäme: In dem ambitionierten Klimaschutzszenario würden im Jahr 2050 etwa fünfmal so viele erneuerbare Kapazitäten wie heute benötigt; Wind sei dabei eine der wichtigsten Energiequellen gefolgt von Solarenergie.
Energieeffizienz weiter steigern
Auch für den Gebäudebereich stellt das Forscherteam fest, dass die energetische Sanierung der Gebäude deutlich schneller vorangehen muss, als bislang vorgesehen. Auch für die Haushaltsgeräte müsse es weitere Energieeinsparungen geben; dafür könnten neue Energieeffizienzklassen eingeführt werden und beste Geräte sollten stets als Vorreiter dienen. Weitere Beispiele für wichtige Effizienzsteigerungen seien die stärkere Nutzung von Abwärme aus industriellen Prozessen oder der Umstieg auf Elektrofahrzeuge im Verkehr.
Überblick: Klima- und Energiepolitik der deutschen Bundesregierung
Das 2010 veröffentlichte Energiekonzept und weitere Beschlüsse der Bundesregierung aus dem Jahr 2011 setzen weitreichende Ziele für die Energiepolitik und den Klimaschutz. 2014 hat sie zudem das ‚Aktionsprogramm Klimaschutz 2020‘ mit zusätzlichen Maßnahmen beschlossen. So soll der Treibhausgasausstoß bis zum Jahr 2020 um mindestens 40 Prozent im Vergleich zu 1990 vermindert werden. Zusätzlich arbeitet die Regierung an einem ‚Klimaschutzplan 2050‘, den Weg weiterer Klimaschutzanstrengungen mit dem Ziel 80 bis 95 Prozent der Treibhausgase bis zum Jahr 2050 beschreibt. Dazu läuft derzeit ein breiter Dialog- und Beteiligungsprozess unter Federführung des Umweltministeriums.
Das Projekt von Öko-Institut und Fraunhofer ISI unterstützt das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit in diesem Prozess und bereitet wissenschaftliche Basisinformationen auf.