Klimawandel

Divestment-Summen in den letzten 15 Monaten verdoppelt

Institutionelle und individuelle Anleger mit einem Gesamtvermögen von 5,197 Billionen US-Dollar haben sich bereits verpflichtet, ihre Investitionen aus fossilen Energien abzuziehen. Damit hat sich der Umfang weltweiter Devestitionen über die letzten 15 Monate verdoppelt. Die Mitteilung ist am ersten Jahrestag der UN-Klimakonferenz in Paris erfolgt.

22.12.2016

Divestment-Summen in den letzten 15 Monaten verdoppelt

“Ein Jahr nach der Verabschiedung des historischen Pariser Klimaabkommens wird deutlich, dass die Hinwendung zu einer Zukunft mit sauberer Energie unausweichlich, förderlich und in vollem Gange ist und dass Investitionen dabei eine Schlüsselrolle einnehmen”, sagte UN-Generalsekretär Ban Ki-moon. “Ich begrüße die heutige Mitteilung, dass immer mehr Investoren die Verlagerung aus den kohlenstoffintensiven Energiequellen in sichere, nachhaltige Energie unterstützen. Investitionen in saubere Energie sind der richtige Weg und eine kluge Art, Wohlstand für alle aufzubauen und gleichzeitig unseren Planeten zu erhalten und sicherzustellen, dass niemand übervorteilt wird.”

Nach einer heute veröffentlichten Analyse der US-Beratungsfirma Arabella Advisors haben sich 688 Institutionen und 58.399 Einzelpersonen in 76 Ländern verpflichtet, ihre Anlagen aus fossilen Energiequellen abzuziehen. Diejenigen Branchen, die die Bewegung von Anfang an vorangetrieben haben – wie Universitäten, Stiftungen und religiöse Organisationen – stehen hinter 75 Prozent der neuen Verpflichtungszusagen. Vertreter unter anderem aus den Bereichen Finanzwirtschaft, Gemeinwohl, Religion, Unterhaltung und Bildung gaben diese Zahlen Anfang Dezember in einer simultanen internationalen Pressekonferenz in New York und London bekannt. Zu ihnen gehört auch der ehemalige Top-Manager von Mobil Oil Lou Allstadt, der seinerzeit geholfen hatte, die Exxon-Mobil-Fusion umzusetzen.

“Am Ende des heißesten Jahres in unserer Geschichte wird deutlich, dass der Erfolg der weltweiten Bewegung zur Devestition aus fossilen Energieträgern nicht mehr zu ignorieren ist. Was als kleine Bewegung an einigen Hochschulen begann, hat sich bis in jede Ecke der Welt ausgeweitet, geradezu in den finanziellen Mainstream. Desinvestition ist in der Mitte unserer Gesellschaft angekommen: in religiösen, gemeinnützigen und kulturellen Organisationen, bis hin zu Städten, Pensionsfonds und Versicherungsgesellschaften. Nun, bei einer Summe von fünf Billionen USD, ist die Bewegung nicht mehr zu stoppen und Investoren müssen sich entscheiden, ob sie auf der richtigen Seite der Geschichte stehen wollen oder nicht”, sagte May Boeve, Geschäftsführerin von 350.org, der Klima-Basisorganisation, deren Mitglieder den Wandel zur Devestition angeführt haben.

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Finanzmärkte verlieren Vertrauen in fossile Brennstoffe

Zur Unterstützung der Bewegung durch Early Adopters, also der Frühanwender des Devestitionprinzips, kommt zunehmend auch die Unterstützung durch profitorientierte Institutionen wie große Pensionsfonds, private Versicherungsgesellschaften und Banken, die hinter 4,5 Billionen US-Dollar in Vermögenswerten stehen und Klimarisiken in ihren Investorenportfolios angeben.

Während mehr und mehr Mainstream-Finanzorganisationen ihre Investitionen aus Kohle, Gas und Öl abziehen, sieht sich die Industrie größerer Kontrolle ausgesetzt. “Die Brennstoffindustrie wird heute mit einer beispiellosen Anzahl von negativen Faktoren konfrontiert: Von sinkenden Gewinnen bis hin zu Notwendigkeit, sich Geld für Dividendenausschüttung leihen zu müssen. Währenddessen fallen die Kosten für nachhaltige Energieträger kontinuierlich. Desinvestitionen beschleunigen die Rechnungslegung, dass fossile Brennstoffe der Vergangenheit angehören und saubere Energie die Zukunft bedeutet”, sagte Lou Allstadt.

“Die Finanzmärkte verlieren ihr Vertrauen in die Investitionsrechnung für fossile Brennstoffe. Im Energie- und Transportsektor ist eine technische Revolution im Gange, billige Solar- und Elektroautos verringern den Bedarf an Kohle und Öl. Die Dreierkombination von Klimarisiken in Form von physischen Gefahren, verlorenem Vermögen durch nicht-förderbare Ressourcen und Haftung bei gesetzlichen Veränderungen hält Treuhänder dazu an, Maßnahmen zu ergreifen, um ihre Anlageportfolios zu schützen. Mit der Zeit wird das Umweltrisikomanagement mit großer Wahrscheinlichkeit zu einer einklagbaren Verpflichtung; Regulierungsbehörden der Finanzmärkte halten sich nun bereit, der Rhetorik harte Maßnahmen folgen zu lassen”, sagte Mark Campanale, Gründer und Vorsitzende der Carbon Tracker Initiative.

Religionen sind für saubere Energie

Der Bericht dokumentiert außerdem einen schnellen Zuwachs im religiösen Sektor. Angeregt wurde dieser durch Papst Franziskus' Enzyklika “Laudato si'”, die eine moralische Verpflichtung des Handelns zur Klimaproblematik aufgestellt hat; jedoch sind Verpflichtungen im religiösen Sektor nicht an eine bestimmte Religion gebunden. Eine kürzlich herausgegebene religionsübergreifende Forderung nach Devestition wurde von 303 Glaubensführern aus 58 Ländern unterzeichnet.

"Der Islam propagiert wie auch andere Religionen die Ausübung einer Ethik der Mäßigung und Bewahrung. Angesichts der globalen Klimakrise, reicht diese durchaus notwendige Ethik aber nicht aus und muss mit einer Investitionspolitik kombiniert werden, die unsere natürlichen Ressourcen schützt: Abzug der Beteiligungen aus fossilen Brennstoffen und Investition einen Teils dieser Gelder in erneuerbare und saubere Energien”, sagte Imam Saffet Abid Catovic, Vorstandsmitglied der Arbeitsgruppe 'Green Masjid' der Islamischen Gesellschaft Nordamerikas. “In Marrakesch bei der 22. UN-Klimakonferenz (COP22) vermeldete die Islamische Gesellschaft Nordamerikas (ISNA), der größte Dachverband von Muslimen in den USA, stolz die im Einklang mit der islamischen Lehre stehende Verpflichtung zu DivestInvest und hielt die mit ihr in Verbindung stehenden Organisationen ebenfalls zu diesem Schritt an."

Inspiriert vom Beispiel Mark Ruffalos und Leonardo DiCaprios, die sich bei früheren Veranstaltungen der DivestInvest-Bewegung zur Devestition verpflichtet hatten, mobilisiert sich der kulturelle Sektor insgesamt. “Was die Welt jetzt braucht, ist eine DivestInvest Kulturbewegung: ein mutiger, kollektiver Schritt der Kulturschaffenden weg von der alten Energie, die uns nicht mehr länger dienlich ist, und hin zur hundertprozentig erneuerbaren Energie der Zukunft, die die Menschen und den Planeten gedeihen lässt. Ich bin hocherfreut, dass ich heute bei der Lancierung von DivestInvest Culture helfen darf – wir sind Schauspieler, Musiker und Künstler, die ihr Geld von der Vergangenheit in die Zukunft verlegen”, sagte Schauspieler Adrian Grenier, der die neue Kampagne bekanntgab.

Finanzierung als Hebel

Diese weltweiten und beispiellosen Selbstverpflichtungen öffentlicher und privater Träger zementieren die Forderung nach einer Energiewende – und fordern die Energiepolitik der Trump-Administration heraus, die sich anschickt, die Expansion der finanziell risikoreichen und umwelttechnisch zerstörerischen fossilen Brennstoffindustrie den Vorrang einzuräumen.

“Am ersten Jahrestag des Pariser Abkommens und nach einer geschichtsträchtigen Wahl in den USA brauchen wir Divestment mehr denn je. Wo Regierungen zu kurz greifen, melden sich die Menschen zu Wort. Vom Südafrika während der Apartheid zu den Frontlinien der Klimapolitik: Finanzierung ist ein bewährter Hebel für Veränderung. Regierungen sollten ihre Versprechen halten, aber Investoren müssen ihr Geld umverteilen”, sagte Ellen Dorsey, Geschäftsführende Direktorin des Wallace Global Fund und Leiter von DivestInvest Philanthropy.

Quelle: UD/pm
 

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