Klimawandel

Klimawandel: Abschied von den Mondbergen

Massiver Gletscherschwund im Ruwenzori-Gebirge bedroht das Ökosystem. Als hätten Land und Leute keine anderen Probleme. Nun soll auch noch Afrikas letzte Eis- und Wasserreserve dahinschmelzen. Nur noch 15 Jahre gibt der britische Geologe Richard Taylor dem Gletscher im Ruwenzori-Gebirge in Westuganda. Der Eispanzer auf rund 5.000 Meter Seehöhe speist immerhin Nil und Kongo, die zwei größten Flüsse Afrikas, und auch den größten See des Kontinents, den Lake Viktoria. Nicht auszudenken, wenn diese hochwertige Wasserressource bis 2030 versiegt, wie Taylor vermutet.

02.08.2016

 Klimawandel: Abschied von den Mondbergen zoom

Das von dichten Regenwäldern bedeckte Ruwenzori-Massiv liegt nur wenige Kilometer nördlich des Äquators und wurde bereits vor 2.000 Jahren auf den Landkarten des griechischen Geographen Ptolemäus als "Mondgebirge" erwähnt. 1906, als die Ruwenzori-Gletscher erstmals vom italienischen Aristokraten Luigi Amadeo von Savoyen erforscht wurden, bedeckten noch etwa 6,5 Quadratkilometer Eis das Massiv. Heute ist davon nur noch knapp ein Quadratkilometer übrig, so das Ergebnis von Feldstudien und Satellitendaten. Allein zwischen 1987 und 2003 hat sich die Eisfläche halbiert.

Intensivierung der Niederschlagszeiten

Dass mit dem Temperaturanstieg auch eine Veränderung der Niederschlagsmengen und der Niederschlagszeiten einhergeht, sei ziemlich sicher, so Experten. Lokale Bergführer berichten davon, dass die Trocken- und Regenzeiten immer fließender werden und das Wetter generell nicht mehr sicher vorhergesagt werden kann. Hier wirkt sich der Klimawandel dann direkt auf Tourismus, Landwirtschaft und Ökosystem aus - mit längeren Dürrezeiten und dann wieder Überflutungen und Schlammlawinen. Auch eine Ausbreitung der Malaria in bisher nicht betroffene Regionen und das Verschwinden seltener endemischer Pflanzen seien denkbar.

Kommunen im Ruwenzori-Gebiet erleben bereits heute eine Zunahme von Hochwasserereignissen, die Häuser, Ernten, Gehwege, Transport- und Verkehrsverbindungen sowie Wasserkleinkraftwerke zerstören. Längere mit der Intensivierung der Niederschläge im Zusammenhang stehende Dürren beeinträchtigen ebenso die Agrarproduktion, sodass die Nachfrage für aufwändige Bewässerungssysteme steigt. Da die Klimaerwärmung die Gefahr von Überschwemmungen und Dürren weiter verstärken wird, ist die Entwicklung von Anpassungsstrategien wichtig. Doch diese stehen noch am Anfang.

Eine endgültige Beurteilung der Ursachen für die rapide Gletscherschmelze ist durch das Fehlen laufender meteorologischer Beobachtungen in dem Gebiet schwierig, doch scheinen steigende Lufttemperaturen und die immer öfter aufbrechende Wolkendecke die größten "Eiskiller" zu sein. Die Eisfelder belegen derzeit nur noch einen schmalen Höhenbereich zwischen 4.800 und 5.100 Metern. Vor einhundert Jahren reichte der Tropengletscher noch bis auf 4.100 Meter herunter, in den 1960er Jahren lag die Elena Schutzhütte (4.541 Meter) noch direkt an den Ausläufern des Gletschers, bis 1991 zog er sich schon bis auf 4.633 Meter zurück.

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Einmalige Pflanzen- und Tierwelt bedroht

"Wir haben den Klimawandel nicht verursacht, aber er schadet uns massiv", sagt der ugandische Bergführer Jostus vom wichtigsten Trekking-Unternehmen der Region, dem Rwenzori Mountain Service (RMS): "Natürlich wird sich der Gletscherschwund auf den Tourismus auswirken", gibt er sich keinen Illusionen hin. Aber der Ranger Guide und weitere 100 Bergführer, 50 Köche und 1.600 Träger aus dem kleinen Ort Mihunga unterhalb des Nationalparks haben trotzdem Hoffnung, die jährlichen Besucherzahlen zu steigern. "Wir haben Kapazitäten für bis zu 10.000 Wanderer pro Saison", erläutert Jostus. "Und wir können auch sonst einiges mehr bieten als vergleichbare andere Gebiete in Afrika."

Da ist der Ruwenzori Nationalpark als UNESCO Weltkulturerbe mit 996 Quadratkilometern Fläche wirklich unverwechselbar. Spektakuläre Regen- und Bergwälder mit stürzenden Wasserfällen und phantastischer Vegetation wie in einem verwunschenem Land - bizarre Baumformationen mit leuchtend grünen Flechten, Schlammfelder, ächzende Moore und bemooste Felsblöcke, Bambuswälder, Riesenlobelien und übermannshohe Senezien bieten ein außergewöhnliches Trekking-Erlebnis, auch wenn einmal das Eis verschwunden ist.

Im dichten Regenwald verstecken sich zudem seltene und zum Teil endemische Tiere, Panther und Leoparden, Meerkatzen und Felsschliefer, Buschböcke und Riesenwaldschweine, manchmal auch Elefanten und Büffel, ganz häufig auch verschiedene Chamäleonarten. Auch eine eigene Schimpansenkolonie soll in Kürze wieder angesiedelt werden. Die Baumgrenze reicht weit über 4.000 Meter hinauf. Auch in höheren Lagen bevölkern vielzählige bunte Vogelarten die weitläufigen Sümpfe und Täler, z.B. Nektarvögel, Turakos, Schwarzenten, Alpensegler. Bis in die Gipfelregionen kommen Geierraben und Bergbussarde.

Was vom Gletscher blieb

Da sich die wenigen Gletscherreste rund um das Stanley-Plateau immer weiter zurückziehen, müssen auf dem Weg nach oben - zum Peak Margherita auf 5.109 Meter - alljährlich neue Kletterrouten und Pfade gefunden werden. Und auch wenn das Eis von Flugstaub, schwarzem Ruß, vielfältigen Emissionen und Vulkangeröll dunkelgrau gefärbt ist und man nach dem Eisklettern wie ein Rauchfangkehrer aussieht - das Eispanorama ist dennoch beeindruckend. Braun gezuckerte Firnfelder, türkis fließende Eishänge, gefrorene Wasserspiele, mächtige Gletscherspalten in vielen Farbtönen. Nur rund 300 der jährlich 3.000 Besucher des Nationalparks schaffen allerdings den Gipfelanstieg, um sie auch zu sehen.

"Schicken Sie uns viele Besucher, solange der Gletscher noch liegt", fordert Joseph Muhndo, ein anderer RMS-Guide. Englischsprachige Medien schreiben schon vom "Last chance to see" - Afrikas Alpen schmelzen weg. In 15 bis 20 Jahren könnte das tropische Süßwasserreservoir am Ruwenzori Geschichte sein. Es könnte das Aus vieler Pflanzen- und Tierbestände sein und den Wasserhaushalt des ganzen schwarzen Kontinents durcheinander bringen. Vielleicht ist das aber auch nur eine unbegründete Sorge, die sich ein paar Klimaforscher machen. Denn: Die Entwicklung ist sowieso nicht mehr umkehrbar.

Quelle: UD/pte
 

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