Klimawandel beeinflusst Deutschland von der Nordsee bis zu den Alpen
Anfang November ist das wissenschaftliche Kompendium „Klimawandel in Deutschland: Entwicklung, Folgen, Risiken und Perspektiven“ erschienen, welches erstmalig umfassend und fächerübergreifend alle vorliegenden Informationen zusammenfasst und aufbereitet. Neben Inhalten des fünften IPCC-Sachstandsberichts flossen weitere wissenschaftliche Arbeiten und Fallstudien ein. Entstanden ist ein „Assessment“, das beansprucht, die Forschungslage darzustellen und die unterschiedlichen Positionen einzuordnen. Eines der Ergebnisse: Selbst eine globale Erwärmung von nur 1,5 - 2°C wird auch in Deutschland zu Veränderungen in allen Naturräumen, Wirtschaftssektoren und sämtlichen Lebensbereichen führen.
18.11.2016
Durch die steigende Anzahl von warmen Tagen und Hitzewellen sowie die Zunahme der bodennahen Ozon- und Feinstaubkonzentrationen werden in Zukunft vor allem chronisch Kranke, alte Menschen und Allergiker belastet. Dies gefährdet den urbanen Raum und erfordert eine klimagerechte Stadt- und Regionalplanung, etwa durch verbesserte Warnsysteme und eine noch stärkere Begrünung. Zunehmende Unwetteraktivitäten (Gewitter, Starkregen, Hagel und in Teilen Deutschlands auch Stürme) stellen Stadt und Land vor große Herausforderungen.
Darüber hinaus wird sich durch den Klimawandel der Wasserhaushalt weiter verändern. Zum einen drohen verstärkte Niederschläge mit Hochwasser, zum anderen Dürreperioden, die die Grundwasserneubildung beeinträchtigen und die Wasserverkehrswege gefährden. Auch die Qualität der Acker- und Waldböden nimmt ab, etwa aufgrund von Vernässung oder Austrocknung. Eine verstärkte Bodenerosion wird die Menge an verfügbaren, produktiven Böden weiter reduzieren. Es ist anzunehmen, dass durch die in den Böden zu erwartenden Prozesse zahlreiche Rückkoppelungseffekte stattfinden, die ihrerseits das Klima beeinflussen.
„Es gibt auch für Deutschland eine Unmenge an Herausforderungen, die trotz ihrer vielfältigen Wechselwirkungen kalkulierbar erscheinen. Allerdings muss schnell reagiert werden, um die Folgen so klein wie möglich zu halten und die Chancen zu nutzen: Anpassungsmaßnahmen und Risikominderung müssen über die gesamte gesellschaftliche Breite erfolgen, beispielsweise ist die Novellierung der Umweltverträglichkeitsprüfung als Ansatzpunkt zu nutzen. Die Verwundbarkeit gegenüber dem Klimawandel muss in alle Planungsvorhaben, insbesondere langfristige Infrastrukturvorhaben, einfließen“, erklärt Prof. Daniela Jacob, Herausgeberin des Kompendiums und Direktorin am Climate Service Center Germany (GERICS), einer Einrichtung des Helmholtz-Zentrums Geesthacht. „Wir benötigen integrative Ansätze, die über die Grenzen der einzelnen
Sektoren hinweg funktionieren.“
Prof. Guy Brasseur, ehemaliger Direktor des GERICS und Initiator des Kompendiums schaut über Deutschland hinaus: „Darüber hinaus kennen unsere globalen Wirtschaftsverbindungen oder die klimabedingte Migration keine Ländergrenzen und hängen stark vom globalen Wandel ab. Deshalb sind hier vermehrt Reaktionen auch auf europäischer und internationaler Ebene nötig.“
Guy P. Brasseur, Daniela Jacob, Susanne Schuck-Zöller (Hrsg.)
Klimawandel in Deutschland
Entwicklung, Folgen, Risiken und Perspektiven 2017
368 S., € 53,49 (D)
ISBN 978-3-662-50396-6