Mangelnde Präzisierungen im Pariser Klima-Abkommen
„Eine beeindruckende Leistung, ein Dokument des guten Willens“ ist für den international renommierten Umweltökonomen Professor Dr. Alfred Endres das Abkommen zur Klimastabilisierung als Ergebnis der UN-Klimakonferenz in Paris 2015. Der Inhaber des Lehrstuhls für Volkswirtschaftslehre, insbesondere Wirtschaftstheorie an der FernUniversität in Hagen kritisiert jedoch, dass der Vertrag dort zu unpräzise ist, wo es um die konkreten Maßnahmen geht.
12.01.2016
Endres kommentiert die Ziele des Klima-Abkommens wie folgt:
1. Die Erderwärmung soll weniger als zwei Grad Celsius betragen im Vergleich mit dem vorindustriellen Zustand. Noch anspruchsvoller ist das Idealziel: maximal 1,5 Grad.
Die geplanten Reduktionen werden wohl nicht zum „unter Zwei-Grad-Ziel“ führen. Das Abkommen fordere die Länder daher auf, ihre Anstrengungen weiter zu erhöhen. Endres: „Es wird aber nicht gesagt, welches Land wie viel beitragen muss. Es gibt keine genauen Zuweisungen. Eine zentrale Aufgabe wird völlig ausgeklammert!“
2. Langfristig soll weltweit Treibhausgas-neutral gewirtschaftet werden. In der zweiten Hälfte des Jahrhunderts soll ein Ausgleich stattfinden zum Ausstoß von Treibhausgasen, z.B. durch das Pflanzen von Bäumen.
Endres kritisiert: „In dem Abkommen steht nur, dass ‚Treibhausgas-neutral‘ gewirtschaftet werden soll. Nicht, wie dieses Ziel zu erreichen ist.“ Es sei also keine Rede davon, dass dies mit erneuerbaren Energien geschafft werden muss: „Der Weg ist offen gehalten.“ Er könnte auch zur Atomkraft führen: „Deutschland kann anderen Ländern ja keine Energiewende gebieten.“ Oft werde in den Medien auch vereinfachend gesagt, dass das Ziel bis 2050 erreicht sein solle. Das Abkommen lege dieses jedoch auf einen undefinierten Zeitpunkt zwischen 2050 und 2099 fest: „Das muss deutlicher kommuniziert werden.“
3. Die Industriestaaten wollen den Entwicklungsländern finanziell massiv helfen, die Lasten der Klimaschutzmaßnahmen zu tragen.
Eine konkrete Summe hierfür fand Endres nicht im Vertrag, sondern nur in der vorgeschalteten Entschließung. Die Industriestaaten hatten bereits auf ihrer Konferenz in Kopenhagen zugesagt, jährlich 100 Milliarden Dollar bereit zu stellen. Nur: „Auch hier ist nicht festgelegt, welche Summe jeder Industriestaat einzahlen muss. Ebenso wenig steht im Vertrag, wie die Gelder auf die Entwicklungsländer verteilt werden. Was passiert, wenn ein Entwicklungsland sich nicht an das Abkommen hält?“ fragt der FernUni-Wissenschaftler.
Zudem sei das Pariser Abkommen keineswegs mit der Vertragsunterzeichnung in Kraft getreten. Das geschehe erst, wenn 55 Staaten den Vertrag ratifizieren, die zusammen mindestens 55 Prozent der globalen Emissionen produzieren. Außerdem könne jeder Staat nach einer gewissen Frist seine Mitgliedschaft im Pariser Abkommen beenden.
Endres‘ Fazit: „Das Abkommen ist tatsächlich ein Dokument des guten Willens – inwieweit es Realität wird, wird sich erst in den kommenden Jahren erweisen.“