"Abwälzung von Kosten hat Konsequenzen"
"Anstatt die Kosten unseres Wohlstands zu vermeiden, haben wir sie abgewälzt. Diese werden nun von anderen getragen, die dafür gar nicht verantwortlich sind." Zu diesem Schluss ist der ehemalige Chef des UN-Umweltprogramms, Klaus Töpfer, anlässlich der Eröffnung der zweiten Europäischen Toleranzgespräche im Kärntner Bergdorf Fresach gekommen. Angesichts der begrenzten Aufnahmefähigkeit des Planeten plädierte er dafür, entschlossen gegen den Klimawandel zu kämpfen und warnte: "Wenn nichts passiert, wird etwas passieren."
19.05.2016
In seiner Keynote verwies der einstige oberste Umweltschützer auf die ethische Dimension des Klimawandels und gab zu bedenken, dass Technik, die sich von Ethik loslöse, sich nie begrenzen werde. "Wir sind äußerst pfadabhängig, haben einen reduzierten Handlungs- und Entscheidungsspielraum und leben in einem Diktat der Kurzfristigkeit." Töpfer untermauterte seine Analyse mit zahlreichen Beispielen und gab Einblicke in seine achtjährige Amtszeit als UNDP-Exekutivdirektor in Nairobi.
"Flucht ist kein Verbrechen"
Die Toleranzgespräche in Fresach standen in diesem Jahr unter dem Motto: "Die Grenzen Europas - Menschenrechte und die Folgen des Klimawandels". Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser nutzte seine Eröffnungsrede, um auf die akute Flüchtlingskrise aufmerksam zu machen. "Flucht ist kein Verbrechen, sondern ein Menschenrecht. Eine Solidarität der Tat ist in Europa auf allen Ebenen gefragt", denn Toleranz kenne keine Grenzen. Eine grenzenlose Toleranz könne es jedoch auch nicht geben.
Leitmotiv müsse sein, lebenswerte Bedingungen in allen Erdteilen anzustreben und dort zu helfen, wo Hilfe nötig und angebracht ist. Kaiser verweist dabei auf die eklatante globale Ungleichheit und zitiert aus der Studie der Hilfsorganisation Oxfam: "Die 62 reichsten Menschen der Welt besitzen genauso viel wie die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung."
"Europa hat Mitverantwortung"
Hannes Swoboda, Präsident des Denk.Raum.Fresach, ging in seiner Rede auf das allgegenwärtige Thema der Grenzschließungen ein und sagte, dass Europa nicht ohne Außengrenzen auskomme. Eine Gemeinschaft müsse ihre Grenzen wahren. "Zäune können Probleme jedoch nicht lösen. Um die Bedingungen der Menschen in Not zu verbessern, dürfen wir nicht immer auf andere verweisen, sondern müssen als Europäer unseren Beitrag leisten, damit andere in Sicherheit, Frieden und Wohlstand leben können. Wir müssen bereit sein, füreinander da zu sein", so Swoboda. Europa sei nicht an allen Übeln der Welt schuld, habe aber eine Mitverantwortung zu tragen, derer wir uns bewusst sein müssten.
Gegen "Globalisierung der Gleichgültigkeit"
Neben der Politik ist es insbesondere auch die örtliche Geistlichkeit, der die Toleranzgespräche ein besonderes Anliegen sind. "Wir wollen in Fresach einen Impuls setzen, indem wir Auswege und Weichenstellungen erörtern", so Manfred Sauer, Evangelischer Superintendent von Kärnten und Osttirol. "Wir müssen unsere Energie dafür einsetzen, um die Herausforderungen des Klimawandels und der Fluchtbewegungen in Hoffnung und Zuversicht anzugehen. Denn schließlich haben wir die Verantwortungen, dienend und helfend miteinander umzugehen", sagte Sauer.
Diözesanbischof Alois Schwaz zitierte Papst Franziskus und stellte die Frage: "Was ist los mit Dir, Europa, Du Verfechterin der Menschenrechte?" Die Toleranzgespräche in Fresach sieht er als optimale Gelegenheit, um der "Globalisierung der Gleichgültigkeit entgegenzutreten. Fresachs Bürgermeister Gerhard Altziebler betonte in seiner Rede die Vielfältigkeit von Toleranz und verwies auf die gelebte Ökumene in seiner Gemeinde am Fuße des Mirnock.