Keine Anzeichen für einen Rückgang der weltweiten CO2-Emissionen
Im Jahr 2022 erreichen die fossilen CO2-Emissionen weltweit 36,6 Milliarden Tonnen CO2 und werden somit leicht höher liegen als vor der Corona-Pandemie. Zusammen mit Landnutzungsemissionen von 3,9 Milliarden Tonnen belaufen sich die Gesamtemissionen auf 40,6 Milliarden Tonnen und damit leicht unter den bislang höchsten Werten von 2019 (40,9 Milliarden Tonnen). Dies zeigt der aktuelle Bericht des Global Carbon Projects.
18.11.2022
Die weiterhin hohen Emissionen stehen im Widerspruch zu dem Rückgang, der nötig wäre, um die Pariser Klimaziele zu erreichen. Um die globale Erwärmung mit einer 50-prozentige Wahrscheinlichkeit auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, dürfen insgesamt nur noch 380 Milliarden Tonnen CO2 emittiert werden. Wenn man von den Emissionswerten des Jahres 2022 ausgeht, wird diese Menge nun schon in neun Jahren erreicht sein.
Klimapolitik und technologischer Wandel greifen noch nicht genug
Der Bericht zeigt, dass sich das langfristige Wachstum der fossilen Emissionen abgeschwächt hat. 24 Länder mit wachsenden Volkswirtschaften haben ihre fossilen CO2-Emissionen sogar gesenkt. Doch dies reicht nicht, um die Klimaziele des Pariser Abkommens zu erreichen. Um bis zum Jahr 2050 null CO2-Emissionen zu erreichen, müssten die gesamten anthropogenen CO2-Emissionen um durchschnittlich 1,4 Milliarden Tonnen CO2 pro Jahr gesenkt werden, vergleichbar mit dem beobachteten Rückgang der Emissionen im Jahr 2020 infolge der COVID-19-Pandemie, was das Ausmaß der erforderlichen Maßnahmen verdeutlicht.
Die prognostizierte Zunahme der fossilen CO2-Emissionen im Jahr 2022 ist vor allem auf den höheren Ölverbrauch durch den wieder gestiegenen Flugverkehr zurückzuführen. Dabei sind regionale Unterschiede deutlich spürbar. So werden die Emissionen im Jahr 2022 im Vergleich zu 2021 in China um etwa 0,9 Prozent und in der Europäischen Union um 0,8 Prozent sinken. In anderen Regionen werden sie hingegen zunehmen: in den Vereinigten Staaten um 1,5 Prozent, in Indien um 6 Prozent und in der übrigen Welt um 1,7 Prozent.
Dies spiegelt die derzeitigen geopolitischen Krisen und die Pandemielage wider: Der Rückgang der Emissionen in China ist auf die Auswirkungen coronabedingter Lockdowns zurückzuführen. In der EU hingegen ist der Rückgang vor allem durch die Einschnitte in der Gasversorgung zu erklären – die Emissionen liegen 2022 etwa 10 Prozent niedriger als im Vorjahr. Teils wird dies aber durch einen Anstieg der Emissionen aus Kohle (um 6,7 Prozent) und Öl (um 0,9 Prozent) wettgemacht.
Der Bericht zum Global Carbon Budget 2022 wurde veröffentlicht, während sich die Staats- und Regierungschefs der Welt auf der COP27 in Ägypten trafen, um über die Klimakrise zu diskutieren. „Wir sehen einige positive Entwicklungen, aber bei Weitem nicht die tiefgreifenden Maßnahmen, die jetzt eingeleitet sein müssten, um die globale Erwärmung auf deutlich unter zwei Grad zu halten. Die fossilen Emissionen steigen, statt zu sinken. Die Landnutzungsemissionen liegen weiterhin hoch – im Widerspruch zu dem auf der letztjährigen Klimakonferenz gefassten Beschluss, bis 2030 die globale Entwaldung zu stoppen. Unsere Ambitionen müssen verschärft, ihre Umsetzung viel nachdrücklicher vollzogen werden, wenn die Ziele des Pariser Abkommens Realität werden sollen“, sagt Julia Pongratz, Professorin für Physische Geographie und Landnutzungssysteme an der LMU und Teil des Kernteams des Berichts.
Tropische Entwaldung sorgt für hohe Emissionen
Einen großen Einfluss auf die globale Kohlenstoffbilanz hat neben fossilen Emissionen auch die Landnutzung durch den Menschen. So werden die Emissionen aus der Landnutzung in diesem Jahr bei geschätzt 3,9 Milliarden Tonnen CO2 liegen. „Den größten Anteil hat die Entwaldung mit Emissionen von etwa 6,7 Milliarden Tonnen CO2 pro Jahr im letzten Jahrzehnt – hier gibt es großes Potenzial für Emissionsreduktionen. Die Hälfte dieser Emissionen, 3,5 Milliarden Tonnen CO2, wird durch nachwachsende Wälder und Aufforstungen kompensiert. Diese Senken gilt es aufrechtzuerhalten und weiter auszubauen“, sagt LMU-Mitarbeiter Clemens Schwingshackl, der ebenfalls zum Bericht beitrug.
Die Landnutzungsemissionen entstehen vor allem in den tropischen Regionen – Indonesien, Brasilien und die Demokratische Republik Kongo waren im letzten Jahrzehnt für zusammen 58 Prozent der weltweiten Landnutzungsemissionen verantwortlich.
Der Bericht zum Global Carbon Budget erfasst auch den Verbleib der anthropogenen CO2-Emissionen in den natürlichen Senken. Für 2022 schätzen die Wissenschaftler:innen die CO2-Aufnahme des Ozeans auf 10,5 Milliarden Tonnen, die auf dem Land auf 12,4 Milliarden Tonnen. Die verbleibende knappe Hälfte der Gesamtemissionen lässt die atmosphärische CO2-Konzentration weiter steigen, auf 51 Prozent über ihrem vorindustriellen Niveau.
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Der Bericht zum Global Carbon Budget wird gemeinsam von mehr als 100 Wissenschaftler:innen aufgrund von Daten globaler Messnetzwerke, Satellitendaten, statistischen Erhebungen und Modellrechnungen erstellt. Aus Deutschland, Österreich und der Schweiz sind Wissenschaftler:innen des Alfred-Wegener-Instituts (Bremerhaven), der Ludwig-Maximilians-Universität (München), des Max-Planck-Instituts für Meteorologie (Hamburg), des Max-Planck-Instituts für Biogeochemie (Jena), des Karlsruhe Institut für Technologie, des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung (Kiel), des Leibniz-Instituts für Ostseeforschung (Warnemünde), des International Institute for Applied Systems Analysis (Laxenburg), der ETH Zürich und der Universität Bern beteiligt. Das Global Carbon Budget 2022 ist die 17. Ausgabe des jährlich erscheinenden Berichts, der durch unabhängige Expert:innen begutachtet wird.