Zentrum für Klimaresilienz zum aktuellen IPCC-Bericht
In seinem neuesten Bericht betont der Weltklimarat die dringende Notwendigkeit, die Klimaresilienz von Ökosystemen und Gesellschaften so umfassend und so schnell wie möglich zu stärken. Forscherende verschiedener Fächer am Zentrum für Klimaresilienz der Universität Augsburg sehen im aktuellen IPCC-Bericht sinnvolle Ansätze, aber auch weiteres Potenzial.
08.04.2022
Der Weltklimabericht betont in seinem dritten Teilbericht die dringende Notwendigkeit, die Klimaresilienz von Ökosystemen und Gesellschaften so umfassend und so schnell wie möglich zu stärken. Wie eine klimaresiliente Zukunft gelingen kann und welche Herausforderungen dabei bestehen, wird am Zentrum für Klimaresilienz erforscht, indem über 30 Forschenden verschiedener Fächer zusammengeführt werden.
Der Weltklimarat hat Anfang April in Genf den dritten Teilbericht des aktuellen Sachstandsberichts zum Thema Klimaschutzmaßnahmen und Möglichkeiten der CO2-Emissionsbegrenzung vorgestellt. Damit liegen nun alle Teilberichte des sechsten Sachstandsberichts zur aktuellen Lage des Klimawandels vor. Die drei Teilberichte betonen wie nie zuvor, wie dringend es ist, wirkungsvolle und effiziente Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel voranzubringen und dabei gleichzeitig CO2-Neutralität zu verwirklichen.
„Resilienz wird in dem aktuellen Klimabericht zum Schlüsselbegriff der Bewältigung der Klimakrise", betont Harald Kunstmann, Direktor des Zentrums für Klimaresilienz der Universität Augsburg. Am neu gegründeten Zentrum werden konkrete Anpassungs- und Resilienzmaßnahmen erforscht. Über 30 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verschiedener Fächer werden dabei unter einem gemeinsamen Dach zusammengeführt. Expertinnen und Experten aus dem Zentrum stellen heraus, wo besondere Herausforderungen im Hinblick auf die Umsetzung der im IPCC-Bericht vorgeschlagenen Maßnahmen bestehen.
Klimaresilienz als Verknüpfungsaufgabe
Damit Maßnahmen zur Förderung der Klimaresilienz effizient umgesetzt werden können, ist aus Sicht von Kunstmann, eine stärkere Vernetzung bei der Planung und Umsetzung von Maßnahmen dringend erforderlich. „Der aktuelle IPCC betont die Notwendigkeit Synergien aber auch mögliche Konflikte zwischen Anpassungsmaßnahmen in den Blick zu nehmen. Hydrometeorologisch sind wir beispielsweise gleichzeitig mit Starkniederschlägen und Hochwasser auf der einen Seite, sowie Trockenheit und Dürren auf der anderen Seite konfrontiert. Wichtig ist es dabei für beide Extreme aufeinander abgestimmte Lösungen zu finden. Klimaresilienz bedeutet nicht nur einzelne Anpassungsmaßnahmen zu entwickeln zum Beispiel jeweils einzeln für Hochwasser- und Dürrerisiken, sondern dass die Maßnahmen auch im Zusammenspiel funktionieren. Wie dringend das auch für uns in Deutschland ist, hat die Hochwasserkatastrophe 2021 eindrucksvoll gezeigt."
Die Grenzen der Klimaresilienz
Die Möglichkeiten, uns als Menschen an die Klimaveränderung anzupassen, sind jedoch begrenzt. Claudia Traidl-Hoffmann, stellvertretende Direktorin des Zentrums für Klimaresilienz und Professorin für Umweltmedizin, verdeutlicht dies anhand der Körpertemperatur: „Die Kerntemperatur unseres Körpers liegt bei 36 bis 37,5 Grad. Sie muss auch bei Hitze aufrechterhalten werden. Ob dies gelingt, hängt von individuellen Faktoren, wie zum Beispiel der Fitness oder dem Alter der Person, ab. Klimaschutz, die Begrenzung der Erderwärmung, ist deshalb immer auch Gesundheitsschutz – dieser Zusammenhang muss in Zukunft noch viel stärker in den Fokus genommen werden. Noch sind die ergriffenen Maßnahmen nicht ausreichend. Jede Entscheidung in den nächsten zehn Jahren – der Politik und des Privatmenschen – stellt jeweils die Weichen in Richtung zu mehr oder weniger Klimaresilienz." Der aktuelle IPCC-Bericht zeigt den Zusammenhang von Klimaanpassungsmaßnahmen und Gesundheitsschutz an einigen Stellen bereits auf, indem er darlegt, wie die Energie- und Mobilitätswende zu sauberer Luft und so besseren Lebensbedingungen führen kann.
Klimaresilienz in urbanen Räumen
Als eines der zentralen Handlungsfelder für die Umsetzung von Klimaresilienzmaßnahmen führt der IPCC Bericht städtische Räume an. In diesem Bereich unterstreicht auch Elke Hertig, stellv. Direktorin des Zentrums für Klimaresilienz und Professorin für Regionalen Klimawandel und Gesundheit, dringenden Handlungsbedarf: „Der fortschreitende globale Trend der Urbanisierung sollte dabei genutzt werden, um die klimaresiliente Entwicklung in städtischen Räumen voranzutreiben. Die umfassende Transformation der Städte, für die eine Reihe an Maßnahmen, angefangen vom Hitzeschutz bis hin zur Mobilitätswende, aufgegriffen werden, ist ein Schlüsselelement für eine nachhaltige Entwicklung und ist mit zahlreichen positiven Effekten, wiederum auch in Bezug auf die menschliche Gesundheit, verbunden."
Klimaresilienz ist mehr als technische Innovationen
Für solch umfassende Transformationen ist aus Sicht von Markus Keck, Professor für Urbane Klimaresilienz, wichtig, Wechselwirkungen zwischen technischen Innovationen, wirtschaftlichen und sozio-politischen Prozessen stärker zu fokussieren: „Der aktuelle IPCC Bericht legt erneut einen großen Fokus auf technische Lösungen und Innovationen. Maßnahmen, wie moderne kapitalistische Wirtschaftssysteme mit ihrem hohen Ressourcenverbrauch und umweltschädlichen Produktionsweisen grundlegend reformiert werden können, bleiben indes vage. In Zukunft müssen wir uns noch stärker mit der Frage auseinandersetzen, wie Produktionsweisen umgesetzt werden können, die Ressourcen schonen und die Umwelt schützen. Für diese anstehenden gesellschaftlichen Veränderungsprozesse ist es nötig, alle Bevölkerungsschichten in einem partizipativen Verfahren in den Entscheidungsfindungsprozess einzubinden und mitzunehmen."
Klimaresilienz als Aufgabe für alle
Erstmals werden im aktuellen IPCC Bericht dazu auch sozial-kulturelle Maßnahmen umfassend diskutiert, die u.a. auf die Anpassung alltäglicher Verhaltensweisen durch einzelne Bürgerinnen und Bürger zielen (zum Beispiel Konsumverhalten). Dr. Anja Kalch, Kommunikationswissenschaftlerin und Mitglied im Vorstand des Zentrums für Klimaresilienz, hebt hervor, dass gerade bei diesen Maßnahmen auch die Vermittlung in den Blick genommen werden muss: „Damit die Menschen ihren CO2-Ausstoß anpassen, müssen sie auch wissen, wie sie wirksame Handlungsmaßnahmen ergreifen können. Die Medien nehmen eine wichtige Rolle ein, wenn es darum geht solche Anpassungsmaßnahmen oder auch soziale Normen zum Klimaverhalten zu vermitteln. Aktuell werden diese Aspekte in der Medienberichterstattung aber noch zu wenig thematisiert."
Klimaresilienz interdisziplinär erforschen
Das im Dezember 2020 gegründete Zentrum für Klimaresilienz bündelt die mit dem Forschungsschwerpunkt Klimaresilienz zusammenhängenden Expertisen an der Universität Augsburg. Es ist fakultätsübergreifend und interdisziplinär aufgebaut. Beteiligt sind die Fakultäten für Angewandte Informatik, Medizin und Wirtschaftswissenschaften, sowie die Philosophisch-Sozialwissenschaftliche Fakultät und die Juristische Fakultät. Ziel des Zentrums ist es, ganzheitliche und umsetzbare Strategien zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels zu entwickeln und zwar auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene.