Klimawandel

Neue Ansätze für eine nachhaltige Lebensqualität in Europa

Hohe Lebensqualität bei minimalem Ressourcenverbrauch: Was einfach klingt, ist eine große Herausforderung. Auch die Europäische Union sucht nach innovativen Lösungen, um ihren Bürger:innen einen angenehmen Lebensstil zu bieten, ohne die Umwelt übermäßig zu belasten. Eine Studie, die in fünf EU-Ländern durchgeführt wurde, zeigt, dass die Befriedigung von Bedürfnissen und nicht Wirtschaftswachstum das zentrale Leitprinzip für die Reform der Versorgungssysteme sein sollte.

02.09.2024

Neue Ansätze für eine nachhaltige Lebensqualität in Europa

„Um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen, müssen wir die derzeitigen Produktions- und Konsummuster in den vier zentralen Versorgungssystemen Ernährung, Mobilität, Wohnen und Freizeit ändern. Wir wollten herausfinden, welche gesellschaftlichen Strukturen den Wandel am meisten behindern. Deshalb haben wir in fünf EU-Ländern – Deutschland, Lettland, Schweden, Spanien und Ungarn – Interviews mit Expert:innen geführt und in Denklaboren mit lokalen Interessenvertreter:innen aus Politik, Zivilgesellschaft, Medien und Thinktanks diskutiert“, sagt Erstautorin Halliki Kreinin (Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit – Helmholtz-Zentrum Potsdam, RIFS). Die Arbeit entstand in dem Projektkonsortium „EU 1,5° Lebensstile“, das vom RIFS koordiniert wird.

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Als größtes Hindernis für die Transformation der Versorgungssysteme wurde von den Befragten das Leitbild des Wirtschaftswachstums identifiziert. Dieser Begriff sei so dominant, dass er von Akteuren in allen gesellschaftlichen Bereichen unreflektiert als Ziel verfolgt werde. Dabei steht es häufig im Widerspruch zu notwendigen Veränderungen in Richtung Nachhaltigkeit. Stattdessen sollte die Bedürfnisbefriedigung und das Wohlergehen aller als neues Leitbild angenommen werden, was auch die Abkehr von einigen schädlichen Industrien und Technologien bedeutet.

Maßnahmen für Nachhaltigkeit müssen besser ineinandergreifen

Die Befragten sehen in der Verpflichtung auf das Gemeinwohl eine Chance für eine kohärentere Nachhaltigkeitspolitik. Viele halten auch Verbote, Grenzwerte und Steuern in bestimmten Bereichen für unerlässlich. „Ein wichtiger Schritt wäre schon geschafft, wenn der Erwerb und die Nutzung von extrem umweltverschmutzenden Waren und Dienstleistungen wie Privatjets, privater Raumfahrt oder Geländewagen eingeschränkt oder mit starken finanziellen Negativanreizen belegt würde. Es kann aber nicht bei lauter einzelnen Maßnahmen bleiben, sondern diese müssen besser ineinandergreifen. Zurzeit stehen Klima- und Wirtschaftspolitik häufig im Konflikt miteinander“, sagt Doris Fuchs, RIFS-Direktorin und Ko-Autorin der Studie.

Um eine kohärente Nachhaltigkeitspolitik umzusetzen, müssen die Regierungen den Einfluss wichtiger Interessengruppen wie der fossilen Industrie zurückdrängen. Außerdem sollten wirtschaftliche Anreize geschaffen werden, um Investitionen in nachhaltige Technologien und Produkte zu fördern. Entscheidend ist auch die Berücksichtigung von Umweltkosten in der Preisgestaltung, zum Beispiel durch niedrigere Steuern auf Arbeit und höhere Steuern auf Energieverbrauch.

Gesellschaftliche Ungleichheit behindert den Wandel

Neben harten Maßnahmen nannten die Befragten auch weiche Faktoren wie die Förderung alternativer Erzählungen und Maßstäbe für ein gutes Leben. Auch das Problem der Ungleichheit wurde in den Denkwerkstätten häufig angesprochen. Ärmere Bevölkerungsgruppen sind besonders vom Klimawandel betroffen, verfügen aber gleichzeitig über zu wenig Ressourcen, um aktiv zu werden. Die Politik sollte ihnen daher mehr Teilhabe ermöglichen, unter anderem durch die Integration von Nachhaltigkeitsthemen in Lehrpläne und Schulbildung.

In allen fünf Ländern machten die Befragten deutlich, dass ein umfassender Strukturwandel notwendig sei, fasst Halliki Kreinin zusammen: „Wir können den Kampf gegen den Klimawandel nicht den einzelnen Bürgerinnen und Bürgern überlassen, sondern müssen die Versorgungssysteme grundlegend ändern. Derzeit können sie bei zu hohem Ressourcenverbrauch keine Bedürfnisbefriedigung gewährleisten.“ Notwendig sei eine umfassende Transformation mit aufeinander abgestimmten strategischen Maßnahmen.

Quelle: UD/pm
 

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