Klimawandel

Verfassungsgericht prüft Emissionshandel

Die Aluminiumproduzenten in Deutschland haben Verfassungsbeschwerde gegen den Handel mit Emissionszertifikaten für das Klimagas Kohlendioxid eingelegt. Nach Ansicht der Unternehmen führt die nationale Umsetzung des Ende des vergangenen Jahres in der EU eingeführten Emissionshandels zu gravierenden Wettbewerbsverzerrungen für energieintensive Betriebe.

07.09.2005

Die Beschwerde der Aluminiumhütten, die aus Fristgründen jetzt eingereicht wurde, richtet sich gegen das Ende August des vergangenen Jahres erlassene Zuteilungsgesetz für die erste Periode des Emissionshandels in den Jahren 2005 bis 2007. Das Gesetz regelt die nicht-zweckgebundene und kostenlose Ausgabe von Emissionszertifikaten an die vom Emissionshandel betroffenen Unternehmen ausgewählter Industrien und der Energiewirtschaft. Da die Emissionszertifikate nicht an die Stromproduktion gekoppelt werden, sondern frei handelbar sind, preisen die deutschen Stromerzeuger den Marktwert der Zertifikate als so genannte Opportunitätskosten ein. Dieses Vorgehen hat seit Beginn des Emissionshandels zum Jahresbeginn die Strompreise drastisch ansteigen lassen und für die energieintensiven Industrien bedrohliche Auswirkungen.
 
Wie die Aluminiumhütten in ihrer Beschwerde darlegen, hat die Einpreisungspraxis der Stromerzeuger für Unternehmen mit hohem Stromverbrauch eine "erdrosselnde Wirkung". Diese Entwicklung sei für die Bundesregierung vorhersehbar gewesen und beruhe auf einem Fehler des Zuteilungsgesetzes. Die Beschwerde vor dem Bundesfassungsgericht soll dazu führen, diesen Fehler zu korrigieren. Die Fehlentwicklung, so die Beschwerdeführer, liegt allein im Verantwortungsbereich der Bundesregierung.
 
Der nationale Gesetzgeber habe bei der Umsetzung der europäischen
Handelsrichtlinie ausreichend Spielräume zu einer wettbewerbsgerechten Lösung gehabt, erklärte die WirtschaftsVereinigung Metalle (WVM) in Berlin. Die Spitzenorganisation der Leicht- und Buntmetallindustrie sieht in der
Verfassungsbeschwerde einen wichtigen Beitrag, um das "im europäischen Maßstab völlig untragbare Strompreisniveau in Deutschland wieder wettbewerbsfähig zu gestalten."
 
Die Aluminiumhütten machen in ihrer Beschwerde außerdem einen "Vertrauensbruch" geltend. Die Branche unterliegt nicht direkt dem Emissionshandel, sondern hat sich im Rahmen freiwilliger Selbstverpflichtungen erfolgreich um die Minderung der Klimagas-Emissionen bemüht und die vereinbarten Reduktionsziele sogar deutlich übererfüllt. Jetzt werden die Unternehmen über die Einpreisungspolitik der Kraftwerksbetreiber doppelt mit den Kosten für den Klimaschutz belastet, so WVM-Hauptgeschäftsführer Martin Kneer.
 
Die Beschwerdeführer rechnen mit einer zügigen Behandlung ihrer Klage, da die Situation sich existenziell bedrohlich entwickelt hat. Dies belege nicht nur die Ankündigung des Bundeskartellamtes, einem Missbrauchsverdacht gegen die Stromerzeuger nachzugehen, sondern vor allem die bereits beschlossene Schließung einer Aluminiumhütte in Norddeutschland. Eile sei auch geboten, da eine Klärung für die bevorstehende gesetzliche Ausgestaltung der zweiten Handelsperiode in den Jahren 2008 bis 2012 notwendig ist.
 
Die Beschwerdeführer legen Wert auf die Feststellung, dass Sie trotz dieser Verfassungsbeschwerde positiv und aktiv handelnd zum Klimaschutz stehen. Ziel sei einzig und allein die Erhaltung wettbewerbsfähiger Standortbedingungen für die Produktion des nachhaltigen Werkstoffs Aluminium in Deutschland.
Quelle: UD
 
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