WWF-Studie vergleicht Standards bei CO2-Kompensation
Das Geschäft mit dem Klima boomt. Besonders beliebt sind so genannte Kompensationszahlungen, mit denen Firmen und Privatpersonen ihre "Klimasünden" durch freiwillige Zahlungen ausgleichen können. Das Geld fließt in Projekte in aller Welt. Da es für das Weltklima egal ist, an welchem Ort die Treibhausgase reduziert werden, klingt die Idee verlockend - zumal mit den gleichen Investitionen in Entwicklungsländern oft weit größere Effekte erzielt werden können. Soweit die Theorie. In der Praxis weist das Modell allerdings erhebliche Lücken auf. Im Auftrag des WWF haben Wissenschaftler des Umweltinstituts Stockholm und Tricorona deshalb die gängigsten Systeme unter die Lupe genommen.
14.03.2008
So erforderten mehrere der untersuchten Standards - etwa das Voluntary Carbon Standard (VCS), Chicago Climate Exchange (CCX) oder VER+ - nicht, dass das geförderte Projekt zur nachhaltigen Entwicklung beiträgt. Auch Technologien, die langfristig nicht zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft führen oder hohe negative Umweltauswirkungen haben (wie Atomenergie oder große Wasserdämme), sind in anderen Standards zugelassen. Ferner seien Waldprojekte für Kompensationsprojekte bislang schwierig. Wenn eine Anpflanzung abbrenne, sei der Klimaschutzeffekt dahin. Ähnlich umstritten für den Klimaschutz sei es, wenn Holzkonzerne zwar bestimmte Wälder schonen, stattdessen aber in anderen Gegenden abholzen. Dennoch vergeben der Voluntary Carbon Standard (VCS) oder das Siegel Climate, Community and Biodiversity Standards (CCBS) Kompensationszertifikate, deren Dauerhaftigkeit nicht gesichert ist.
Der Kompensationsmarkt leide insgesamt darunter, dass es kein einheitliches, sondern eine Reihe konkurrierender Angebote sehr unterschiedlicher Qualität gibt, heißt es in der WWF-Studie. Wer zum Beispiel die Emissionen seines Urlaubsflugs kompensieren wolle, sollte die Projektbeschreibungen des Anbieters genau studieren. Mindestens genauso wichtig wie die Auswahl eines seriösen Anbieters ist nach Meinung des WWF, dass Verbraucher die CO2-Kompensation nur als Ergänzung nutzen.
"Kompensation darf nie die eigenen Bemühungen, CO2 zu reduzieren, ersetzen. Erst vermeiden und verringern, dann kompensieren, lautet die Devise", betont Juliette de Grandpré. "Nur wer bereits seinen Geländewagen durch einen kleineren Wagen ersetzt hat und möglichst oft auf das Fahrrad umsteigt, sollte ans Kompensieren unvermeidbarer Fahrten denken." Der WWF mahnt zudem die korrekte Ermittlung der Emissionsbilanz an. Gerade im Fall von Fluglinien sei das ein Problem. Oft werde so getan, als ob eine Tonne CO2 aus einem Flugzeug den gleichen Klimaeffekt habe wie eine Tonne CO2 aus einem Auto. Tatsächlich haben Treibhausgase, die in großer Höhe ausgestoßen werden, mindestens einen um das 2,7-Fache stärkeren Klimaeffekt. Diesen Faktor sollten CO2-Rechner auf jeden Fall berücksichtigen.