RWE Power gewinnt neue Erkenntnisse zur CO2-Reduktion
Was muss eine CO2-Wäsche leisten und wie kann ihr Energiebedarf gesenkt werden? Wie kann Braunkohle optimal vorgetrocknet und dem Kraftwerksprozess zugeführt werden? Wie beziehungsweise welche Rohstoffe können aus Kohlendioxid gewonnen werden? Antworten auf diese und ähnliche Fragen erarbeiten die Experten der RWE Power gemeinsam mit Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft seit November 2008 im Innovationszentrum Kohle in Niederaußem. Insgesamt sieben Forschungs- und Entwicklungsvorhaben wurden auf den Weg gebracht, die sich mit der Zukunft der Kohle beschäftigen. Mehr als 100 Millionen Euro stellt RWE Power hierfür bereit.
03.08.2011
Eine positive Bilanz nach 1.000 Tagen Innovationszentrum zogen jetzt Dr. Johannes Heithoff, Leiter Forschung und Entwicklung bei RWE Power sowie Tilman Bechthold, Leiter Kraftwerk Niederaußem. „Die vorliegenden Ergebnisse zu den einzelnen Projekten zeigen, dass wir gemeinsam mit unseren Partnern auf einem guten Weg sind“, betont Heithoff. „Der Standort Niederaußem mit dem modernsten Braunkohlenblock der Welt, der BoA 1, bietet ideale Voraussetzungen in Sachen Technik und Infrastruktur. Unsere Mitarbeiter verfügen über hervorragendes Know-how und arbeiten mit den F&E-Kollegen Hand in Hand“, ergänzt Bechthold.
Im Februar 2009 wurde in Niederaußem eine Wirbelschichttrocknungsanlage mit interner Abwärmenutzung (WTA) zur Vortrocknung der Rohbraunkohle in Betrieb genommen. Bis zu 110 Tonnen Trockenbraunkohle pro Stunde werden für die BoA 1 produziert. Vorteil dieses Verfahrens: Der Wassergehalt der Kohle wird von über 50 auf zwölf Prozent reduziert und damit der Wirkungsgrad des Kraftwerks erhöht. Ein Prozent mehr Wirkungsgrad pro 1.000 MW entspricht einer jährlichen CO2-Minderung von 250.000 Tonnen. „Der Betrieb der WTA-Anlage zeigt, dass dieses Verfahren für den Einsatz in einer flexiblen integrierten Feuerung von Trockenbraunkohle und Rohbraunkohle grundsätzlich geeignet ist“, betont Heithoff.
Wie sinnvoll die Konzentration unterschiedlicher Forschungsvorhaben an einem Standort ist, zeigen die Beispiele CO2-Wäsche und REAplus: Im Juli 2009 wurde in einem Gemeinschaftsprojekt von BASF, Linde und RWE Power eine Pilotanlage zur CO2-Wäsche in Betrieb genommen. „Die vorliegenden Ergebnisse aus der ersten Testphase stimmen uns zuversichtlich. Wir erzielten eine CO2-Abtrennrate von 90 Prozent und konnten den Energiebedarf des Trennprozesses durch zwei neu getestete Waschmittel um 20 Prozent reduzieren. Auch die Verfügbarkeit der Anlage übertraf mit 97 Prozent unsere Erwartungen“, so Heithoff. Wichtig ist hierbei das Zusammenspiel mit der REAplus, einem Hochleistungswäscher, der die Schwefeldioxid- und Staubkonzentrationen auf rund ein Zehntel der heutigen durchschnittlichen Emissionen senkt. Dadurch wird die Wirkung der eingesetzten Waschlösungen deutlich gesteigert. Allein in die CO2-Wäsche-Pilotanlage investiert RWE Power 15 Millionen Euro. Das Bundeswirtschaftsministerium fördert das Gesamtprojekt mit 8,4 Millionen Euro.
Positiv sind auch die bislang vorliegenden Erkenntnisse zum Algenprojekt. „Mikroalgen können mit Braunkohlenrauchgas ebenso gut wachsen wie mit reinem CO2. Das ist das wichtigste Ergebnis“, resümiert der F&E-Leiter von RWE Power. Wie geplant wird die dreijährige Versuchsphase im bisherigen Umfang Ende dieses Jahres abgeschlossen. Nach Auswertung aller Daten wird RWE Power entscheiden, wie das Projekt fortgeführt wird.
Mikroorganismen spielen ebenfalls im gemeinsamen Forschungsprojekt mit dem Biotechnologie Unternehmen Brain eine zentrale Rolle. Gezüchtet werden Mikroorganismen, die das Rauchgas des Braunkohlenkraftwerks nutzen. Diese wandeln das CO2 - anders als bei der Algenkonversion - nicht durch Photosynthese um. Langfristige Zielsetzung ist, direkt aus dem Kohlenstoff-Träger CO2 Wertstoffe zu produzieren. Das können neue Biomaterialien, Bio-Kunststoffe oder auch chemische Zwischenprodukte wie zum Beispiel Alkohole oder Aminosäuren sein. Erste Fortschritte zeichnen sich bereits nach den ersten 20 Monaten ab: Mikroorganismen eignen sich grundsätzlich, um unter Kraftwerksbedingungen im Original-Rauchgas zu wachsen.
15 Millionen Tonnen Kohlenstoff aus Erdöl, Erdgas oder Kohle werden derzeit in Deutschland jährlich in der chemischen Industrie verarbeitet. Einen Teil dieser Menge durch CO2 aus fossilen Verbrennungsprozessen zu ersetzen, ist Ziel von DREAM Production. Dieses vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Vorhaben führt RWE Power gemeinsam mit Bayer MaterialScience, BayerTechnology Services und der RWTH Aachen durch. Ziel ist die CO2-basierte Polyurethanherstellung. Zur Produktpalette zählen beispielsweise Matratzen, Fussböden, Lacke oder Klebstoffe. Um die Projektpartner mit CO2 aus dem Rauchgas des Kraftwerks zu versorgen, hat RWE Power in Niederaußem eine CO2-Aufbereitungs- und Verflüssigungsanlage mit einer Leistung von 200 Kilogramm pro Stunde sowie eine CO2-Abfüllstation in Betrieb genommen.
„Jüngstes Kind der Forschungsfamilie“ ist das Vorhaben CO2RRECT. Dieses ebenfalls vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Projekt hat RWE Power zusammen mit Siemens, Bayer sowie mehreren Hochschulen und Forschungseinrichtungen initiiert. Ziel ist es, den Umwandlungsprozess von CO2 aus Kraftwerksrauchgasen mit Wasserstoff zu Synthesegas zu entwickeln, einem vielseitig einsetzbaren Grundstoff der Industrie. Zur Erzeugung des Wasserstoffs soll das Überangebot erneuerbarer Energien genutzt werden. Hierzu wird im Herbst 2012 eine flexible Wasserelektrolyse von Siemens ihren Testbetrieb hier am Standort aufnehmen.
„Jede dieser Nutzungsmöglichkeiten kann separat betrachtet nicht die CO2-Mengen aufnehmen, die in Großkraftwerken entstehen. Sie können aber in Summe zu einem Bild aus Mosaik-steinen werden, die insgesamt eine CO2-Verwertung in Höhe von 10 bis 20 Millionen Tonnen CO2 in Deutschland pro Jahr ermöglichen“, zeigt Heithoff Perspektiven für die Zukunft auf.