Klimawandel

FCKW-Ersatzstoffe schaden dem Klima

Das Montreal-Protokoll hat dazu geführt, dass die meisten ozonschädigenden Substanzen wie Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW) verboten wurden. Da FCKW potente Treibhausgase sind, hat auch dem Klima genutzt. Nun droht ein „Rebound-Effekt“, die Erderwärmung zusätzlich zu beschleunigen: Fluorierte Treibhausgase, als FCKW-Ersatzstoffe in den letzten Jahren in zunehmenden Mengen in die Atmosphäre gelangt, sind sehr klimaaktiv, viele dazu extrem langlebig.

09.03.2012

Foto: LetzterDetektiv/flickr.com
Foto: LetzterDetektiv/flickr.com
Im Wissenschaftsmagazin „Science“ empfiehlt ein internationales Forscherteam, die wirksamsten dieser Gase zu regulieren. Damit liesse sich der positive „Nebeneffekt“ des Montreal- Protokolls für das Klima erhalten.

Es gilt als der erfolgreichste internationale Umweltvertrag - das inzwischen von 196 Ländern ratifizierte Montreal-Protokoll zum Schutz der Ozonschicht. FCKW und andere Ozonkiller werden als Folge davon in den kommenden Jahrzehnten nach und nach aus der Atmosphäre verschwinden. Von den sinkenden Konzentrationen profitiert auch das Klima, denn viele FCKW sind äußerst treibhausaktiv.

So weit, so gut. Doch in vielen Prozessen, in denen früher FCKW eingesetzt wurden, kommen seither in zunehmendem Masse fluorierte Ersatzstoffe zum Einsatz, etwa Fluorkohlenwasserstoffe (FKW, grob gesagt: ähnliche Substanzen wie FCKW, aber ohne Chlor), die das stratosphärische Ozon nicht mehr abbauen. Verwendung finden FKW als Kühlmittel in Klimaanlagen und Kühlschränken, als Treibmittel für Sprays, als Lösungsmittel oder als Schäummittel bei der Schaumstoffherstellung. Der Haken an der Sache: FKW sind ebenfalls äußerst klimaaktiv, das in Autoklimaanlagen verwendete FKW-134a zum Beispiel 1430-mal stärker als das «klassische» Treibhausgas Kohlendioxid (CO2).

Auch internationale Umweltvereinbarungen können unerwünschte Nebenwirkungen haben: Die Senkung des Treibhausgasausstoßes ist Gegenstand des Kyoto-Protokolls, das allerdings weder für den weltweit größten Emittenten von Treibhausgasen, die USA (die es nie ratifiziert haben), noch für Schwellen- und Entwicklungsländer bindend ist. Außerdem ist das Protokoll (zumindest bislang) auf den Zeitraum von 2008 bis 2012 beschränkt; über eine weitere „Verpflichtungsperiode“ konnte noch keine Einigung erzielt werden. Will heißen: Der in den letzten Jahren deutlich zunehmende globale Ausstoß an FKW dürfte den „Klimanutzen“ des Montreal-Protokolls durch den FCKW-Bann bald einmal wettgemacht haben.

Diesen Zusammenhang belegt eine Analyse in der neuesten Ausgabe des Wissenschaftsmagazins „Science“. Darin ermittelt ein internationales Forscherteam unter der Leitung des Niederländers Guus Velders, dem neben dem Chemie-Nobelpreisträger Mario Molina auch der Empa-Forscher Stefan Reimann angehört, zunächst den „unbeabsichtigten“ Klimanutzen des Montreal-Protokolls. Seit dem Jahr 2000 beträgt der Strahlungsantrieb - ein Maß für die Klimaaktivität chemischer Substanzen - aller ozonschädigender Substanzen inklusive FCKW mehr oder weniger konstant 0.32 W/m2 (zum Vergleich: für CO2 ergab sich ein Wert von 1.5 W/m2); ohne das Montreal-Protokoll dürfte der Wert heute rund das Doppelte, also 0.65 W/m2, betragen. Anders ausgedrückt: Durch das FCKW-Verbot wurde im Jahr 2010 das Äquivalent von 10 Milliarden Tonnen CO2 eingespart - ein Fünffaches des jährlichen Reduktionsziels gemäss Kyoto-Protokoll.

Velders, Reimann und ihre Co-Autoren fürchten nun, dass dieser Nutzen durch den jährlich um rund 10 bis 15 Prozent zunehmenden Ausstoss an FKW bald einmal „verspielt“ sein dürfte: „Der Beitrag der FKW an den Klimawandel kann als unerwünschte Nebenwirkung [des Montreal-Protokolls] betrachtet werden“, schreiben sie. Zurzeit ist dieser zwar noch gering, für alle FCKW-Ersatzstoffe zusammen gerade einmal 0.012 W/m2. Doch stehe außer Frage, dass der Strahlungsantrieb der FKW aufgrund steigender Nachfrage und Produktion vor allem in Schwellen- und Entwicklungsländer künftig deutlich zunehmen wird. Die Atmosphärenwissenschaftler schätzen, dass der Wert im Jahr 2050 zwischen 0.25 und 0.4 W/m2 liegen dürfte. Problematisch seien vor allem gesättigte FKW, da diese extrem stabil sind und in der Atmosphäre bis zu 50 Jahre überdauern. Daher haben sie im Vergleich zu CO2 ein bis zu 4000-mal höheres langfristiges Treibhauspotenzial. Für Empa-Forscher Reimann ist daher klar: „Langlebige FKW sollten nicht mehr in dem Ausmass eingesetzt werden.“

Eine „einfache“ Lösung: die Ausweitung des Montreal-Protokolls

Die Forscher schlagen unter anderem vor, das Montreal-Protokoll so anzupassen, dass langlebige FKW ebenfalls darunter fallen. Entsprechende Vorschläge seien in den vergangenen Jahren bereits von verschiedenen Ländern, unter anderem den USA, vorgebracht worden. „Da das Montreal-Protokoll überhaupt erst  dazu geführt hat, dass diese Stoffe vermehrt hergestellt wurden, könnten sie in ebendieses Vertragswerk aufgenommen und von diesem reguliert werden“, so Reimann. Ein stufenweises FKW-Verbot sei technisch durchaus machbar, denn: „Chemische und technologische Alternativen sind vorhanden.“ So würden in den USA beispielsweise Kühlschränke unter anderem mit FKW-134a gekühlt; in der Schweiz ist dieser Stoff in Kühlschränken verboten, stattdessen kommen hier klimaneutrale Kohlenwasserstoffe zum Einsatz.
Quelle: UD / fo
 
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