Barriere befreit Meere von Plastikmüll
Ein junger Niederländer entwirft mit einem Team von Experten eine Barriere, mit deren Hilfe sich die Ozeane selbst reinigen können. Die Konstruktion muss extremen Bedingungen standhalten. Um sie so zu perfektionieren, dass ein laufendes System im Ozean installiert werden kann, nutzt The Ocean Cleanup das SOLIDWORKS Portfolio von Dassault Systèmes.
22.06.2017
Von Storymaker
Eine schillernde Unterwasserwelt, fast etwas mystisch, mit filigranen Fischen und spannenden Lebewesen – eine solche Szenerie stellt sich auch Boyan Slat vor, als er mit 16 Jahren das erste Mal vor der Küste Griechenlands tauchen geht. Doch was den jungen Niederländer dort erwartet, ist alles andere als malerisch. Anstelle einer bunten Meerespopulation entdeckt er Massen an Plastikabfällen. Dieses Erlebnis hat ihn für sein Leben geprägt: Für Slat steht seitdem fest, dass er etwas an dem Zustand der Weltmeere ändern will.
2011 beginnt er zu recherchieren und findet heraus, dass sich in fünf riesigen Wirbeln in den Weltmeeren Millionen Tonnen an Plastikmüll sammeln. Keiner kennt die exakte Menge – dass sie enorm ist, steht aber fest. Die große Problematik liegt darin, dass die großen Plastikteile mit der Zeit in kleine Mikropartikel zerfallen. Diese werden von den Meerestieren aufgenommen, die daran sterben – auf diese Weise können Giftstoffe wie Polychlorierte Biphenyle (PCB) oder Bisphenol A in die Nahrungskette gelangen. Mit der landläufigen Meinung, dass es quasi unmöglich sei, dieses Problem zu lösen und die Meere von der Verschmutzung zu befreien, wollte sich Boyan Slat nicht zufriedengeben. Er hat eine geniale Idee: Warum nicht die natürlichen Wirbel und Strömungen so nutzen, dass die Meere sich praktisch selbst reinigen können?
2013 gründet er in Delft, in den Niederlanden, die Non-Profit-Organisation The Ocean Cleanup. Wissenschaftler und Ingenieure unterstützen ihn ehrenamtlich dabei, seinen Plan genauer auszuarbeiten. Slat möchte eine V-förmige Barriere konstruieren. Sie soll den Plastikmüll, der nur bis zu einer Tiefe von drei Metern unter Wasser schwimmt, abfangen, die Tierwelt am Durchkommen aber nicht hindern. Im nächsten Schritt wird eine Machbarkeitsstudie erstellt, an der rund 100 Wissenschaftler beteiligt sind. Sie beweist: Eine 100 Kilometer lange Barriere, die in 4.500 Meter Tiefe stabilisiert wird, ist mit modernster Offshore-Technologie möglich und effektiv. Da die Strömungen der Meere als eine Art natürlicher Motor fungieren, wird keine zusätzliche Energiequelle benötigt.
Mit Crowd Funding sammelte The Ocean Cleanup in nur 100 Tagen über zwei Millionen US-Dollar. Zu den Unterstützern von Boyan Slats Vorhaben zählt auch Dassault Systèmes. Das Software-Entwicklungsunternehmen ist von dem Projekt begeistert. „Wir möchten mit unseren Lösungen dazu beizutragen, dass wir mit der Natur im Einklang leben können“, sagt Andreas Barth, Managing Director EuroCentral von Dassault Systèmes. Mit großem Interesse verfolgt das Unternehmen die ersten Tests mit maßstabsgetreuen Modellen der geplanten Barriere. Diese soll so flexibel wie möglich gestaltet werden, damit sie sich mit den Wellen bewegen kann. Die Anforderung an die Beschaffenheit der Barriere und all ihre Teile ist enorm – in den Ozeanen herrschen extremste Bedingungen.
Und mit was könnte man ein so anspruchsvolles Konstruktionsvorhaben besser fördern, als mit einer Software, die den gesamten Konstruktionsprozess und dessen Funktionalität abbilden kann? Seit vergangenem Jahr nutzt The Ocean Cleanup das SOLIDWORKS Portfolio von Dassault Systèmes. „Wir entwerfen mit SOLIDWORKS Premium die Barriere selbst und das Verankerungssystem dafür. Später soll mit der Software auch das Extraktionssystem, das den aufgefangenen Müll aus dem Meer holt, gestaltet werden“, erklärt Joost Dubois, Sprecher von The Ocean Cleanup. Mit der 3D-Lösung können Konstruktionen simuliert werden, die es ermöglichen, deren Funktionalität zu analysieren und mögliche Fehler zu entdecken und zu beheben, bevor der erste Prototyp erstellt wird. So können hohe Kosten gespart werden und der Zeitaufwand reduziert werden – was gerade für ein gemeinnütziges Projekt wie The Ocean Cleanup wertvoll ist.
„Dassault Systèmes SOLIDWORKS erleichtert es, Ideen greifbar zu machen. Wenn eine Handzeichnung zu einem grob dimensionierten Modell wird, bekommt man natürlich viel mehr Gefühl für die tatsächlichen Dimensionen, die Chancen und Grenzen dieser Innovation. Die so gewonnenen Erkenntnisse helfen bei der Beurteilung und Verbesserung der Idee“, beschreibt Joost Dubois von The Ocean Cleanup seinen großen Gewinn durch die Nutzung der Software. Um einen Überblick über die Konstruktionsdaten zu behalten wird beim Projekt auch eine Lösung fürs Produktdatenmanagement (PDM) von SOLIDWORKS genutzt. Bei The Ocean Cleanup können berechtigte Personen des Entwicklungsteams auf die Daten zugreifen, um die Prozesse gemeinsam zu verwalten und zu verbessern.
Alle Daten und Ergebnisse, die ein derzeit in der Nordsee installierter Prototyp liefert, werden genutzt, um die Konstruktion der Barriere zu verbessern. Wenn ein Teil der Belastung durch Wind und Wellen beispielsweise nicht standhält, wird das Design verbessert. Hier spielt SOLIDWORKS eine wesentliche Rolle: Mit der Software werden auf konzeptioneller Ebene alle Komponenten entworfen und geprüft. Wenn das neue Design also den Anforderungen entspricht, wird es gebaut und eingesetzt – wenn nicht, wird so lange weiter konstruiert und simuliert, bis alles passt.
Ende dieses Jahres soll das erste laufende System im Pazifischen Ozean installiert werden – sechs Jahre nach der ersten Idee steht Boyan Slat mit The Ocean Cleanup vor einem Ereignis, das die Welt ein bisschen besser machen wird.