Auf den richtigen Verpackungsmix kommt es an
Oberbekleidung wird oft in transparenten Kunststoffbeuteln verpackt. Dazu gibt es nachhaltigere Alternativen, die aber noch nicht als praxisreif gelten. Das Schrozberger Textilunternehmen HAKRO hat gleichwohl die Menge der verwendeten Plastikverpackungen bereits deutlich reduziert und sich ehrgeizige Ziele für die nächsten Jahre gesetzt.
11.12.2020
Polybags kennen Einzelhandelskunden vor allem vom Hemdenkauf. Die transparenten Kunststoffbeutel kommen aber auch beim B2B- und B2C-Versand von Hemden, Blusen und T-Shirts zum Einsatz.Folienverpackungen bieten nach Ansicht von Verpackungsproduzenten wie Nordwerk Verpackungen aus Mölln einige kaum ersetzbare Produktvorteile: Sie sind leicht, aber robust, lassen sich flexibel befüllen und schützen die enthaltenen Kleidungsstücke zuverlässig. Außerdem sind sie günstig. Transparente Polybags sind darüber hinaus für die ansprechende, produktschonende Produktpräsentation im Einzelhandel gut geeignet.
Allerdings bestehen Polybag-Verpackungen aus konventionellem Kunststoff, für dessen Herstellung Erdöl verbraucht wird. „Diese Polybags belasten bei der Herstellung und ihrer Entsorgung die Umwelt“, gibt der Internationale Verband der Naturtextilwirtschaft (IVN) zu bedenken. Viele Hersteller und Händler suchten angesichts der Vermüllung der Meere mit Plastikabfällen und der Mikroplastik-Problematik nach umweltfreundlicheren Alternativen. Beispielsweise gibt es Polybags aus teiltransparentem, FSC-zertifiziertem Pergamin-Papier.
Sinnvoller Maßnahmen-Mix ist gefragt
Mit seiner Initiative für nachhaltiges Verpacken treibt der Verband die Entwicklung wirklich nachhaltiger Textilverpackungen voran. Weil die Textilunternehmen nach Ansicht des IVN derzeit aber noch nicht komplett auf Kunststoffverpackungen verzichten können, rät er ihnen zu einem Mix verschiedener Maßnahmen entlang der Schlagwörter Reduce, Replace, Recycle, Reuse und Recirculate. Sie sollten zunächst damit beginnen, die Verpackungsmengen reduzieren und dann wo immer möglich Kunststoffverpackungen durch andere Materialien ersetzen. Parallel dazu könne die Entwicklung neuer, aus Nachhaltigkeitssicht optimaler Lösungen vorangetrieben werden. Das große Ziel müsse es sein, die Materialkreisläufe zu schließen.
An der IVN-Position zum Thema Plastikverpackungen orientiert sich auch das Schrozberger Textilunternehmen HAKRO. Der Hersteller von Kleidung für Beruf, Freizeit und Sport will nach eigenen Angaben, einer der nachhaltigsten Corporate-Fashion-Hersteller der Branche werden. Das gilt auch für die Verpackungsfrage. HAKRO erhält die Textilien von seinen Produktionspartnern aus Asien und der Türkei in Polybags verpackt geliefert. So sind sie auf dem Transportweg optimal vor Feuchtigkeit und Schmutz geschützt, sagt Jochen Schmidt, Teamleiter Qualität, Werte & Nachhaltigkeit bei HAKRO, noch könne man darauf nicht verzichten: „Plastikverpackungen verfügen über nötige Eigenschaften, die ein anderes Verpackungsmaterial nicht erfüllen kann. So wird durch Polybags gewährleistet, dass die Textilien auch nach dem Transport in der Lagerung vor Umwelteinflüssen geschützt bleiben. Zudem werden so unnötige Packfehler vermieden, da durch die Transparenz der Verpackung Artikelnummern, Farben und Größen klar ersichtlich sind.“
HAKRO setzt sich ehrgeizige Ziele
Doch damit nicht genug: HAKRO hat sich im Nachhaltigkeitsbericht 2019 ehrgeizige Ziele gesetzt und will noch ressourcenschonender verpacken. Bis 2022 soll der Bedarf an nicht recyceltem Verpackungsmaterial um die Hälfte reduziert werden. Schon jetzt wird beim Verpacken von Hemden und Blusen auf Metallclips und Kartoneinlagen verzichtet.
Es wird darauf geachtet, weniger Kartonagen und Polyesterbeutel zu verbrauchen. Dabei sind nach Unternehmensangaben bereits deutliche Fortschritte erzielt worden. Seit zwei Jahren werden T-Shirts nicht mehr einzeln, sondern in Zehner-Packs in Polybags verpackt. Dadurch habe man allein im Jahr 2018 rund 1,2 Millionen der Kunststoffbeutel – oder 10,5 Tonnen Polyethylen – eingespart. Seit Frühling 2019 werden auch Poloshirts und Longsleeves in größeren Gebinden verpackt. Auf diese Weise spart das Bekleidungsunternehmen pro Jahr circa 22 Tonnen Kunststoff ein.
Bei der Reduzierung der Verpackungsmenge hat HAKRO also bereits deutliche Fortschritte erzielt. Auch bei der Recherche nach Alternativ-Materialien für die Polybags will man vorankommen. Entsprechende Projekte sollen innerbetrieblich, aber auch in Kooperation mit Händlern und Produktionspartnern durchgeführt werden.
Gute Gründe sprechen für Polybags
Bis alle Kunststoffbeutel durch alternative Produkte ersetzt werden können, wird allerdings noch einige Zeit vergehen. Darin sind sich HAKRO und der IVN einig. So sind Polybags aus Recyclingkunststoff laut IVN nicht so stabil wie solche aus Neumaterial. Außerdem sei Folienplastik nicht endlos recycelbar.
Und auch Polybags aus biobasierten Materialien beurteilen HAKRO und IVN als nicht praxisreif. Viele Unternehmen verfügen demnach noch nicht über die notwendige Technologie, um diese alternativen Materialien zu verarbeiten. Zudem beurteilt der Verband die Haptik von Polybags aus Biofasern wie Stärke als „gewöhnungsbedürftig“, die Haltbarkeit und UV-Beständigkeit sogar als „unbefriedigend“.
Auch die korrekte Entsorgung ist problematisch. Denn biobasierte Polybags gehören nicht in den gelben Sack, weil sie – zwar nicht auf dem heimischen Kompost, aber in speziellen Anlagen – biologisch abbaubar sind. Eine entsprechende Entsorgungsstruktur gibt es nicht überall. Oft würden Bioplastiktüten derzeit tatsächlich in den Kompostieranlagen aussortiert und letztendlich verbrannt, räumt auch das Nachhaltigkeitsportal utopia.de ein. Die kommunalen Entsorger sind hier nach Ansicht des IVN gefragt, ihre Logistik umzustellen, um auch biobasierte Materialien effektiv verwerten zu können. Des Weiteren müssten Bio-Kunststoffe einheitlich gekennzeichnet werden, damit Verbraucher zweifelsfrei erkennen können, wie das Material korrekt entsorgt wird.
HAKRO kündigt aber bereits jetzt weitere Initiativen an, um noch weniger Verpackungen aus Primär-Kunststoff zu verwenden. Dort, wo es möglich ist, soll immer mehr Verpackungskunststoff durch andere, nachhaltigere Materialien ersetzt werden.