Wie fair ist meine Bank? Faktencheck 2.0
Der Fair Finance Guide - das erste frei zugängliche Informationsportal zur Überprüfung der sozialen und ökologischen Richtlinien deutscher Banken - hat jetzt seine zweite Untersuchung veröffentlicht. Im Vergleich zur Premiere im März dieses Jahres wurde die Zahl der untersuchten Banken auf zehn vergrößert. Analysiert und verglichen wurden die Richtlinien deutscher Banken zu ökologischen und sozial-gesellschaftlichen Aspekten und der Art der Unternehmensführung (ESG) sowie deren Einhaltung. Ein zentraler Befund: Die Nachhaltigkeitsrichtlinien von acht Banken haben sich seit der ersten Untersuchung verbessert, doch es gibt aus Sicht der Nichtregierungsorganisationen, die hinter dem Guide stehen, weiterhin inakzeptable Defizite.
17.11.2016
Die Platzierungen: Die GLS Bank und Triodos liegen erneut an der Spitze, Neueinsteiger Postbank nimmt den letzten Platz ein. Vergleichsweise schlecht steigt auch die zweite neu untersuchte Bank, die HypoVereinsbank (UniCredit Deutschland), ein: Rang 7 unter den zehn untersuchten Geldinstituten. Die katholische Pax-Bank, die bei der ersten Untersuchung noch die schlechteste Bewertung erhielt, macht einen großen Sprung auf Platz 4, direkt hinter die evangelische Bank für Kirche und Diakonie (KD-Bank). Unter den konventionellen Großbanken ist die Commerzbank nach wie vor bestplatziert und liegt vor der Deutschen Bank, deren ESG-Selbstverpflichtungen sich aber auch spürbar verbessert haben. Die DZ Bank und die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) treten auf der Stelle.
Obwohl laut einer forsa-Umfrage 72 Prozent der Deutschen genau wissen wollen, wie Banken ihre Gelder verwenden, halten sich diesbezüglich viele Geldhäuser nach wie vor bedeckt, so ein Ergebnis der Analyse. „Das Schweigen der Bänker muss ein Ende haben“, fordert Thomas Küchenmeister, geschäftsführender Vorstand der Nichtregierungsorganisation Facing Finance, die den Fair Finance Guide Deutschland koordiniert. „Solange Banken intransparent agieren oder sogar ihre eigenen Richtlinien unterlaufen, solange werden wir Bankkunden darüber informieren, ob ihre Gelder zum Beispiel für Rüstungsprojekte, Klimazerstörung oder Steuerfluchtgeschäfte verwendet werden“, so Küchenmeister.
Klimawandel
Gerade beim Thema Klimawandel haben sich die Banken am wenigsten bewegt und schneiden durchschnittlich am schlechtesten ab. „Es ist schon bemerkenswert, dass ausgerechnet die Landesbank LBBW aus dem grün-schwarz regierten Baden-Württemberg über keinerlei Ausschlusskriterien in Bezug auf den hochgradig klimaschädlichen Energieträger Kohle verfügt“, sagt Sarah Guhr, Projektleiterin des Fair Finance Guide Deutschland. Die Selbstverpflichtungen der untersuchten Banken reichten nicht aus, um die beschlossenen Pariser Klimaziele umzusetzen.
Die wenigsten Berührungsängste in Bezug auf die Rüstungsindustrie zeigt die Deutsche Bank, wie auch die Konzerntochter Postbank, was aus menschenrechtlicher Sicht sehr problematisch ist. „Die Postbank beruft sich öffentlich ausschließlich auf unverbindliche Universalstandards wie den UN Global Compact", erklärt Johanna Sydow von Germanwatch. "Auch das erklärt das schlechte Ergebnis bezüglich sozial-gesellschaftlicher Aspekte sowie der Art der Unternehmensführung.“ Der Verweis der Bank auf interne Selbstverpflichtungen reiche nicht aus, da diese nicht öffentlich und damit nicht überprüfbar sind.
Steuern
Auch beim Thema Steuern attestiert der Fair Finance Guide den Banken schlechte Noten mit Verweis auf mangelnde Richtlinien zur Vermeidung von Steuerflucht. Insgesamt tauchen laut einem Bericht der Süddeutschen Zeitung 28 deutsche Geldinstitute in verschiedenen Zusammenhängen in den Panama Papers auf, darunter auch die Commerzbank, die Deutsche Bank, die DZ Bank, die LBBW und die HypoVereinsbank.
„Für die genossenschaftlichen bzw. öffentlich-rechtlichen Institute DZ Bank und die LBBW lassen sich nur geringfügige Verbesserungen feststellen, sie verharren auf den hinteren Plätzen“, kritisiert Antje Schneeweiß von SÜDWIND. Grundsätzlich ist aber ein positiver Einfluss des Fair Finance Guide auf die Branche festzustellen. „In sieben Fällen wurden von Banken verbesserte Nachhaltigkeitsrichtlinien veröffentlicht, die auch auf das Engagement des Fair Finance Guide und den intensiven Dialog mit den Banken zurückzuführen sind“, betont Mario Dziamski von Rank a Brand. Um in Zukunft das Ambitionsniveau der Banken weiterhin zu erhöhen, werden Bankkundinnen und -kunden noch aktiver entsprechende Informationen einfordern und nachhaltige Finanzprodukte nachfragen müssen. Auch hierfür möchte der Fair Finance Guide eine Entscheidungshilfe sein.
Transparenz fördern
Facing Finance und die Kooperationspartner im Fair Finance Guide werden ihre Zusammenarbeit fortsetzen und ausweiten. Zudem ist vorgesehen, anhand von öffentlich zugänglichen Fallstudien kontinuierlich zu prüfen, ob Banken ihre ESG-Richtlinien einhalten.
Ziel des Fair Finance Guide Deutschland ist es, für Bankkundinnen und -kunden mehr Transparenz und Vergleichbarkeit in Bezug auf die soziale und ökologische Bilanz deutscher Banken herzustellen und ihnen die Möglichkeit zu geben, die Nachhaltigkeit der Geschäftsmodelle besser beurteilen zu können. Dafür steht das anhand von 250 Kriterien detailliert recherchierte und frei zugängliche ESG-Bewertungsportal zur Verfügung: www.fairfinanceguide.de
Der Fair Finance Guide Deutschland ist Teil des Netzwerkes Fair Finance Guide International, gegründet von Oxfam Novib und finanziert von der schwedischen Entwicklungsbehörde Sida. Die dem Projekt zugrunde liegende, umfassende Methodik wurde mit Unterstützung der niederländischen Agentur Profundo entwickelt. Der FFG Intrnational umfasst derzeit neun Länder und vereint annähernd 40 Menschenrechtsorganisationen, Gewerkschaften, Umweltgruppen und Verbraucherorganisationen.