Finanzen: Unethisch? Na und!
Zugegeben: Nachhaltiges, ethisches Investment boomt. Immer mehr Menschen wollen ihr Geld mit gutem Gewissen und guten Renditen anlegen. Wem das jetzt alles zu anständig ist, für den gibt es auch „Vice Funds“. Deren Motto lautet: Investieren in alles, was sündig ist.
05.08.2005
Wer sagt eigentlich, das Geld und Gewissen miteinander vereinbar
sind? Seit Kindertagen wissen wir durch die Lektüre von Onkel Dagoberts
Geschäftspraktiken: Wer skrupellos ist, schwimmt im Geld. Beispiele aus
deutschen Chefetagen findet man derzeit in den Medien zu Hauf: Ob
Korruption bei Infineon, Volkswagen oder, oder.. Aber es muss ja nicht
gleich illegal sein, findet der texanische Investment-Manager Dan
Ahrens und vertreibt mit seiner Firma Mutuals.com Inc. sogenannte „Vice
Funds“ (zu Deutsch: Böse Fonds). Darin findet alles Aufnahme, was den
politisch korrekten Investor erblassen lässt: Glücksspiel, Sex, Tabak,
Waffenindustrie, Fast Food und Alkohol. Ein Jux? Mitnichten.
Die
Grundidee der Texaner ist bestechend einfach: Menschliche Laster und
kriegerische Auseinandersetzungen gab es schon immer und daran wird
sich nichts ändern. Wer sein Geld folglich in solche Fonds investiert,
macht Kasse. “Die Leute werden weiter rauchen, sie werden noch mehr
trinken und werden weiter spielen. Darauf wetten wir so Ahrens´
Maxime. Mutuals.com kann diese Einsicht auch mit Zahlen untermauern:
Ihre Fonds stiegen zwischen 1997 und 2002 um 53 Prozent. Der
herkömmliche S&P 500-Index schaffte dagegen nur ein Plus von 12%.
Gesoffen wird immer
„Haben
Sie schon mal einen Blick auf Ihren Steuerbescheid geworfen und sich
dabei nicht gedacht: Jetzt brauch ich aber einen Drink,“ so der
eloquente Dan Ahrens. Jeder Wiesn-Wirt wird ihm da sicher zuprosten.
Als Beleg führt der Texaner den S&P-Analysten Richard Joy an, der
in einer Studie vor allem den US-Brauereien eine rosige Zukunft
voraussagte. Zweifelsohne gibt es für Hochprozentiges einen weltweiten
Markt. Allerdings ist dieser hart umkämpft. Das bekommen auch
S&P-Werte wie Anheuser-Busch und Molson Coors zu spüren. Beide
Aktien verloren in den letzten 12 Monaten zwischen 10 und 15%.
Krieg als Vater aller Dinge
Vor
allem in den USA wird derzeit mehr Geld denn je für Rüstung ausgegeben.
Mutuals.com ist daher nicht gerade sensibel, wenn sie die Vorzüge
dieser Politik beschreiben: „Afghanistan, Irak, Nordkorea. Das sollten
Gründe genug sein, um an Waffenaktien zu glauben. Heimatverteidigung
und der Kampf gegen den Terrorismus sind zu großen, profitablen
Industrien geworden.“ Das mag für die Auftragslage stimmen, allerdings
nicht für die Kapitalanleger. Diese Branche bringe nur eine „mickrige
Performance“, kritisiert die Privatbank in Wien. Es läuft halt doch
nicht so gut in Bagdad und Guantanamo.
Sex sells
Alternative: Verantwortungsbewusstes Investment
Nach
jüngsten Informationen verwalten die Vice Fonds nur etwa 6 Mio.
US-Dollar. Im letzten Jahr verlor der Fond rund 10% seines Wertes, so
der US-Finanzjournalist Michael Brush. Weder Performance noch Volumen
seien seiner Meinung nach daher wirklich spannend. Statt auf die „bad
boys“ zu setzen, empfiehlt er Geld in verantwortungsvollen Unternehmen
anzulegen.
Socially Responsible Investment (SRI)
bezeichnet Investitionen, die nicht alleine Rendite-orientiert sind,
sondern auch normative Werte berücksichtigen. Hier zu Lande ist häufig
auch von grünem, ökologischem oder auch nachhaltigem Investment die
Rede. Die Ursprünge des SRI reichen weit zurück. Die Quäker etwa warben
dafür, nicht in sogenannte „sin stocks“ (sündige Aktien), zu denen sie
Unternehmen der Alkohol-, Tabak- und Glückspielindustrie zählten, zu
investieren.
In den USA machten SRI-Fonds Ende 2003 mit
etwa 2.150 Mrd. US-Dollar Anlagevermögen etwa elf Prozent aller
professionell gemanagten Assets aus, so die Zahlen des Social
Investment Forums (SIF). In Europa ist der Markt mit 34 Mrd. Euro noch
verhältnismäßig bescheiden, doch die Wachstumsraten sind mit zehn
Prozent im Jahresdurchschnitt rasant. Und der Trend hält: 47 Prozent
der Finanzmakler in Deutschland erwarten weiterhin ein kräftiges
Wachstum. Das ergab eine Befragung des F.A.Z.-Instituts unter 100
Top-Finanzmaklern in Deutschland.