Nahrungsmittelspekulation: Warnten eigene Forschungsabteilungen Deutsche Bank und Allianz?
Insgesamt sechs Papiere aus den Forschungsabteilungen von Deutscher Bank und Allianz belegen: Entgegen öffentlicher Äußerungen gehen die Unternehmen selbst davon aus, dass Spekulation mit Agrarrohstoffen zu höheren Nahrungsmittelpreisen und damit zu Hunger führen kann. In einem als "ausschließlich zur internen Nutzung, vertraulich" gekennzeichneten Dokument des Allianz-Konzerns, das der Verbraucherorganisation foodwatch vorliegt, heißt es: Es sei "doch wahrscheinlich", dass "spekulative Kapitalströme (...) die Preisentwicklung zumindest verstärkt haben". In einem weiteren Papier hielt die Forschungsabteilung von Allianz bereits 2008 fest: "Die Preisausschläge an den Agrarmärkten wurden durch spekulative Faktoren nicht ausgelöst, aber verstärkt."
26.02.2013
"Der eigentliche Skandal ist, dass Deutsche Bank und Allianz ganz genau wissen, welchen Schaden sie mit ihren Finanzprodukten anrichten - aber die Öffentlichkeit täuschen und sogar den Bundestag belügen, um weiterhin ohne Skrupel Geschäfte auf Kosten Hungernder zu machen", erklärte foodwatch-Geschäftsführer Thilo Bode. Insgesamt werden in den Papieren von Deutscher Bank und Allianz immer wieder die uneinheitlichen empirischen Erkenntnisse über den Einfluss von Spekulation auf die Preise dargestellt. Die Hauptursache für steigende Preise wird in fundamentalen Entwicklungen (steigende Nachfrage, Biospritproduktion etc.) gesehen. Doch entgegen den öffentlichen Aussagen von Deutsche-Bank-Co-Chef Jürgen Fitschen und Allianz-Vorstand Jay Ralph, die spekulative Finanzprodukte sogar als Instrument im Kampf gegen die Hungerkrise darstellten, gehen die Forschungsabteilungen beider Unternehmen davon aus, dass Spekulation Preisentwicklungen verschärfen kann: Es sei "nicht ganz von der Hand zu weisen, dass die Spekulation übermäßige Preisentwicklungen zumindest fördert", heißt es in einem Allianz-Papier.
foodwatch forderte Deutsche Bank und Allianz auf, sämtliche Finanzprodukte, die auf die Preisentwicklung von Agrarrohstoffen wetten, sofort vom Markt zu nehmen. "Schon kurzfristige Preissteigerungen können insbesondere bei chronisch mangelernährten Kindern dauerhafte Schäden verursachen oder zum Tode führen - allein eine Wahrscheinlichkeit für solche Folgen verpflichtet dazu, die exzessive Spekulation aus Vorsorgegründen zu beenden", so foodwatch-Geschäftsführer Thilo Bode.
In einem Dokument aus dem Jahr 2010 machten sich die Deutsche-Bank-Forscher sogar noch für politische Eingriffe stark: "Eine stärkere Regulierung auf den Derivatemärkten würde insgesamt einen positiven Beitrag dazu leisten, Exzesse zu vermeiden." Geboten wäre das - aber davon ist heute keine Rede mehr.