Nachhaltiges Reisen: Segeln statt Kreuzfahrt?
Eine Studie von Zizoo boats, der führenden Plattform für Bootsurlaube mit Schwerpunkt auf Segel-Törns, bringt es an den Tag: Dem Corona-Virus scheint zu gelingen, was Greta Thunberg und die weltweit aktive Klimaschutz-Bewegung allein nicht bewerkstelligen konnten.
31.03.2020
von Maximilian D. Muhr
Die Beliebtheit von Kreuzfahrten geht dramatisch zurück, im Gegenzug steigt die Nachfrage im Bereich Boots- und Segelurlaube. Welche Auswirkungen ergeben sich konkret für die gesamte Kreuzfahrtindustrie und die globale CO2-Bilanz?
Quasi-Stillstand in der Kreuzfahrtbranche seit Mitte März
Aufgrund von erheblichen Ausschlägen in der Buchungsanfragen-Statistik führte Zizoo eine weitergehende interne Datenanalyse durch und verglich die Ergebnisse mit den Google-Trends bezüglich der Corona-spezifischen Suchanfragen in Deutschland. Die Ergebnisse weisen eine erstaunliche Korrelation auf, die durch eine genaue Betrachtung der internationalen Ereignisse einerseits und der Buchungseinbrüche bei Kreuzfahrtveranstaltern andererseits unterfüttert wurden und einen ungewöhnlich eindeutigen Schluss zulassen: Die durch die Corona-Krise verursachte Angst vor einer Ansteckung infolge einer Unterschreitung des empfohlenen Mindestabstands zu anderen Menschen führt zu einem erheblichen Rückgang bei den Kreuzfahrt-Buchungen und der teilweisen Stilllegung der Flotten. Ein erster Kreuzfahrtanbieter (Luminous Cruise, japanischer Reeder mit Fokus auf Restaurant- und Aussichtstouren) musste bereits Insolvenz anmelden. Sebastian Hosbach, Kreuzfahrtexperte und Betreiber der Buchungsplattform kreuzfahren.de rechnet für das erste Quartal 2020 mit einem Rückgang von bis zu 40 Prozent. Mindestens 270 Kreuzfahrtschiffe werden nun an die Kette gelegt oder kehren gerade in ihre Heimathafen für eine unbefristete Zwangspause zurück.
Unfreiwillig zustande gekommener CO2-Rückgang auf Rekordniveau
Dieser aus Reeder- und Anbieterperspektive natürlich dramatische Rückgang im Kreuzfahrtbereich geht aber mit einer unfreiwillig erfreulichen Entwicklung bezüglich der weltweiten CO2-Belastung einher. Bekanntermaßen gehören die riesigen Schiffsmotoren der schwimmenden Hotels zu den weltweit größten Verursachern von Treibhausgasen. 2018 stießen die Kreuzfahrtschornsteine 748.713 Tonnen CO2 aus – eine Zunahme zum Vorjahr von 4,57 Prozent. Rechnet man das erwartete vierzigprozentige Minus auf das erste Quartal 2020 hoch und geht davon aus, dass die Branche für die nächsten 1,5 Monate komplett in die Knie geht, ergibt sich eine – wirklich unglaublich hohe – Einsparung von cica 117.000 Tonnen CO2! Die reinen Zahlen werden zudem von anderen Beobachtungen ergänzt: Im Zusammenspiel mit dem Zwangs-Shutdown in Italien kehrt die Blaue Lagune in Venedig nun wohl auch aufgrund der fehlenden Kreuzfahrtriesen wieder zu ihrer ursprünglichen Farbe zurück, auch wurden bereits wieder Delphine im Hafen von Cagliari gesichtet.
Buchungs-Hoch bei Anbietern von Boots-/Segelboots-Charterreisen
Die maritime Sehnsüchte vieler Menschen scheinen sich nun vom Kreuzfahrtbereich weg- und zu den Anbietern von Boots- und speziell Segelboots-Charterreisen hinzubewegen. Anna Banicevic, Gründerin und CEO von Zizoo boats konnte bereits eine entsprechende Verschiebung beobachten: „Die Daten unserer internen Marktanalyse lassen die Schlussfolgerung zu, dass die Nachfrage nach Segelbooten und kleinen Charter-Yachten mit Skipper fast im selben Maßstab steigt wie die Nachfrage nach klassischen Kreuzfahrten sinkt. Unsere Buchungsanfragen stiegen 2020 während der ersten zwei Monate im Vergleich zum Vorjahr stark an.“ Weiterhin konzentrieren sich die deutschen Kunden vermehrt auf heimische Gewässer wie Nord- und Ostsee. Diese Fokussierung ist aber auch den Beschränkungen im internationalen Luftverkehr und den Einreiseverboten zahlreicher Länder geschuldet.
Nichtsdestotrotz bietet Zizoo eigenen Kunden, die ihre Reisen aufgrund von Covid-19-Konsequenzen nicht antreten können, in vielen Fällen die Erstattung der angefallenen Kosten an.
Wie geht es nach Corona weiter?
Die mittel- und langfristigen Auswirkungen lassen sich natürlich nicht annähernd seriös vorhersagen. Nichtsdestotrotz deutet aber wohl vieles darauf hin, dass sich der Prä-Corona-Boom in der Kreuzfahrtbranche nicht eins zu eins wiederholt. Zum einen findet gerade in der Generation Z, aber auch bei den Millenials der Gen Y ein breitangelegtes Umdenken statt. Eine Studie belegt anschaulich diese Einschätzung, der vor ein paar Jahren noch völlig unbekannte Begriff „Flugscham“ gehört bei 26 Prozent der „Zer“ und immerhin noch bei 24 Prozent der Angehörigen Gen Y zum persönlichen Wertekanon, insgesamt wünschen sich immerhin schon 70 Prozent der Deutschen einen möglichst umweltfreundlichen Urlaub. Die Anreise von Greta Thunberg mit der Segelyacht „Malizia“ zum UN-Klimagipfel in New York hat die Popularität von Segeln und damit die Nachfrage Segelboote zu mieten enorm erhöht. Dieser Zusammenhang ging als sogenannter „Greta-Effekt“ in den allgemeinen Sprachgebrauch über.