Umweltschützer und Recyclingweltmeister: Die Verpackung
Die Verpackung ist Recyclingweltmeister, Umweltschützer und Pionier der Kreislaufwirtschaft. Das sagt das Deutsche Verpackungsinstitut e.V. in Berlin. Aus Anlass des 1. Tags der Verpackung am 11. Juni 2015 informiert das Institut über die Ökobilanz der Verpackung, Innovationen und kreative Ideen, Null-Verpackung, Müll in den Meeren und warum wir es selbst in der Hand haben.
09.06.2015
Mit der weltweiten Zunahme der Bevölkerung und der angebotenen Waren ist auch die Zahl der Verpackungen gestiegen. Immerhin müssen mehr als sieben Milliarden Menschen jeden Tag mit allem versorgt werden, was sie zum Leben benötigen. Ohne Verpackung wäre das unmöglich. Denn erst die Verpackung macht unsere Güter transport- und lagerfähig. Sie schützt, informiert und erleichtert die Handhabung. Jeden Tag sorgen viele Millionen Verpackungen dafür, dass uns Lebensmittel, Medizin, Konsumgüter, Kleidung, Technik, Rohstoffe und Bauteile sicher, keimfrei und unbeschädigt erreichen.
Verpacken ist grün
Verpacken lohnt sich. Auch unter Umweltaspekten, denn die Verpackung schützt mit einem geringen Aufwand große Werte. Kaufen wir zum Beispiel im Supermarkt Lebensmittel, so stecken 90 Prozent der Umweltbelastungen im Produkt und nur zehn Prozent in der Verpackung. Noch deutlicher fällt der Vergleich bei hochkomplexen Waren wie zum Beispiel Smartphones aus. Wenn die Verpackung dafür sorgt, dass unsere Güter auf dem Weg zu uns keinen Schaden nehmen, macht sie auch ökologisch einen sehr guten Job. Nicht zuletzt ist die Verpackung auch dort grün, wo sie die Umwelt vor Giften und Gefahrstoffen schützt, von Chemikalien über Motoröl bis hin zu ausgebrannten Brennstäben aus Kernkraftwerken.
Dabei leistet die Verpackung mit immer weniger Energie- und Materialeinsatz immer mehr. Für die Herstellung von Behälterglas benötigen wir heute 60 Prozent weniger Energie als 1965. Aus der gleichen Menge Holz produzieren wir bis zu 80 Prozent mehr Karton als 1985. Eine Getränkedose war 1955 viermal so schwer wie heute, eine Bierflasche dreimal. Das Gewicht einer PET-Flasche hat sich in den letzten Jahrzehnten um mehr als 50 Prozent verringert.
Exkurs: 100 Jahre Coca-Cola Flasche
Der 1. Tag der Verpackung ist ein guter Anlass, um einmal auf die Geschichte der Coca-Cola Flasche zurückzublicken. Vor 100 Jahren wurde die Flasche mit den einmaligen Kurven und dem integrierten Markenlogo patentiert. Die Root Glass Company in Indiana hatte den von Coca-Cola ausgerufenen Wettbewerb gewonnen: Sie entwarf eine unverwechselbare Glasflasche, die selbst im Dunkeln zu erkennen sein sollte. Und tatsächlich gilt die Coke Flasche heute als eine der berühmtesten Verpackungen. In den vergangenen hundert Jahren hat sie nicht nur zahlreiche namhafte Künstler aus Popart, Film und Musik in ihren Werken inspiriert, sondern auch Millionen Menschen weltweit besondere „happy moments“ geschenkt.
Pionier & Recyclingweltmeister
In Deutschland wurden 2013 nach Zahlen der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung (GVM) über 15 Millionen Tonnen Verpackungen verbraucht. Fast 97 Prozent davon wurden gesammelt und der Verwertung zugeführt. Die Recyclingquote lag bei 80,9 Prozent. Vier von fünf Verpackungen wurden also am Ende ihres Lebenszyklus zum Wertstoff und damit zum Ausgangspunkt für neue Produkte. 48 Prozent der Verpackungen flossen sogar direkt zurück in den Kreislauf und wurden als Verpackung wiedergeboren.
Insgesamt machen Verpackungen in Deutschland, Österreich und der Schweiz rund vier Prozent des gesamten Abfalls aus. Ihr Anteil an unserem CO2-Fußabdruck beträgt circa ein Prozent. Trotz der vergleichsweise geringen Werte übernimmt die Verpackung in Umweltfragen dennoch oft die Funktion eines Pioniers.
Mit der deutschen Verpackungsverordnung wurde bereits 1991 ein gesetzlicher Rahmen geschaffen, um das Aufkommen an Verpackungsmüll zu reduzieren und einen Trend gegen die Wegwerfgesellschaft zu setzten. Zusammen mit der EG-Verpackungsrichtlinie von 1994 legte die Verpackungsverordnung den Grundstein für eine Kreislaufwirtschaft und die Entstehung von Produktverantwortung.
In Österreich trat hierzu 1993 die Verordnung über die Vermeidung von Verpackungsabfällen in Kraft, die nach dem EU-Beitritt 1995 angepasst wurde. In der Schweiz gibt es keine generelle Verpackungsverordnung, aber Vorschriften, die sich auf spezielle Verpackungsarten oder -eigenschaften beziehen.
Heute diskutieren wir Gesetze zur Rücknahmepflicht und zur Kreislaufwirtschaft auch bei anderen Industrieprodukten. Bei der Verpackung haben wir es bereits umgesetzt. Und die Entwicklung geht weiter. Unter dem Schlagwort Nachhaltigkeit geraten neben den ökologischen Faktoren vermehrt auch soziale und ökonomische ins Blickfeld. Nach einer repräsentativen Online-Verbraucherumfrage von Ipsos Observer spielt Nachhaltigkeit bei Verpackungen heute für jeden zweiten Verbraucher eine wichtige Rolle. Für die Entscheider in der Verpackungswirtschaft ist Nachhaltigkeit nach einer Studie von DuPont aus dem Jahr 2012 bereits der wichtigste Einflussfaktor ihrer Arbeit auf Sicht der nächsten zehn Jahre.
Das geht nur mit Innovationen
Um den steigenden Ansprüchen und Anforderungen gerecht zu werden, arbeiten Akteure aus der gesamten Wertschöpfungskette der Verpackung permanent an Innovationen. Zertifizierte Rohstoffe aus nachhaltiger Bewirtschaftung, biologisch abbaubare Kunststoffe, High-Tech-Beschichtungen für optimierte Entleerbarkeit, aktive Schutzatmosphären für verlängerte Haltbarkeit, neue Techniken für optimale Wiederverschließbarkeit, Mehrwegsysteme, modernste Sortieranlagen für das Recycling oder energieeffiziente Maschinen und Systeme sind nur einige der Forschungsfelder für eine immer bessere Ökobilanz. Aber auch scheinbar einfache Lösungen zählen dazu, wie der Nachfüllbeutel, mit dem sich bis zu 97 Prozent Gewicht und Material sparen lassen.
Kreative Ideen
Alternativ zum Recycling hat sich das Prinzip des Upcycling eine Nische erobert. Während beim Recycling Einweg-PET-Flaschen recycelt werden, um aus dem Material Kleidungsstücke oder Autositzbezüge zu produzieren, verarbeitet das Upcycling die gebrauchte Verpackung an sich zu neuwertigen Produkten. Die Palette der kreativen Ideen reicht von Möbeln aus Paletten und Frisbee-Scheiben aus Kunststoffbehältern bis hin zu Booten aus PET-Flaschen und Mode aus flexiblen Lebensmittelverpackungen.
Einen grundlegenden Ansatz über die Nische hinaus versucht das Prinzip von Cradle-to-Cradle. Dabei werden Produkte von Anfang an so konzipiert, dass sie komplett in technische bzw. biologische Kreisläufe zurückgehen können. Ein Recyclingsystem nach dem Vorbild der Natur, bei dem es Abfall, so die Idee, gar nicht mehr gibt.
Null Verpackung
Unter dem Motto „unverpackt“ oder „Zero Packaging“ nehmen in den letzten Jahren einige Klein-Supermärkte eine Idee aus den späten 80er Jahren auf. Damals titelte der Spiegel „Flüssigwaschmittel vom Faß, Milch aus der 'stählernen Kuh' - die Null-Verpackung ist im Kommen“. Dabei zeigt die Überschrift schon, wie irreführend solche Schlagworte sind. Denn auch das Fass und der Milchbehälter im Verkaufsautomaten "stählerne Kuh“ sind Verpackungen. Genau wie die Flaschen, Körbe, Weckgläser, Steigen, Kanister oder Papiertüten in den unverpackt-Läden.
Selbst die Lebensmittel, die dort lose angeboten werden, sind in Wirklichkeit eher ausgepackt als unverpackt, denn sie wurden sicher gut verpackt angeliefert. Und das ist auch gut so. Denn die Verpackung ist kein Selbstzweck. Sie schützt unsere Waren und Lebensmittel und sorgt dafür, dass sie uns überhaupt erreichen können. Dabei spart sie ökonomisch und ökologisch viel mehr, als sie kostet.
Müll im Meer und Umgang mit Ressourcen
Klimaveränderung, verschmutzte Meere und Ressourcenknappheit sind Themen, denen sich weder Verbraucher noch Unternehmen entziehen können. Was zählt, ist der bewusste Umgang mit unseren Ressourcen. In Deutschland, Österreich und der Schweiz hat es jeder Bürger selbst in der Hand, ob seine Verpackung im Straßengraben landet oder ob sie recycelt wird. Anders ist die Situation in Ländern, in denen es kein funktionierendes Recycling- und Mehrwegsystem gibt. Dort landet die Verpackung im besten Fall in einer Verbrennungsanlage, im schlechtesten Fall aber im Meer, wo sie für Flora und Fauna eine Gefahr darstellt.
Nach Angaben des „Project Blue Sea“ machen Verpackungen bei der Interaktion von Meeresorganismen mit marinen Abfällen weltweit einen Anteil von zehn Prozent aus. 57 Prozent stammen von Tauen und Netzen, elf Prozent von Bruchstücken, acht Prozent von anderen Fischereiüberresten und sechs Prozent von Mikroplastik.
Weil das Nichtverpacken keine Alternative ist, müssen wir uns darum kümmern, dass unsere Verpackungen nach ihrer Nutzung nicht zum Problem werden. Im Gegensatz zu vielen anderen Industrieprodukten ist die Verpackung mehrweg- und recyclingfähig. Das sollten wir nutzen. Die Verpackung hat mehr als ein Leben – wenn wir es ihr geben!
Tag der Verpackung
Einen spannenden Blick hinter die Kulissen der Verpackung geben die Unternehmen der Verpackungswirtschaft mit dem 1. Tag der Verpackung. Rund um den 11. Juni öffnen Hersteller von Verpackungen und Verpackungsmaterialien, Forschungsinstitute, Verbände und Agenturen ihre Türen und geben Einblicke in eine Industrie, die für unsere Versorgung grundlegend ist.