Verbraucherrechte – Diese Urteile sollten Sie kennen
Viel zu wenige Bürger kennen ihre Rechte als Verbraucher und erheben Anspruch auf diese. Markus Mingers, Rechtsanwalt und Inhaber der Kanzlei Mingers & Kreuzer, gibt im Folgenden einen Überblick über die wichtigsten Urteile der letzten Jahre. Verbraucher in ähnlichen Situationen haben bei einer Klage gute Aussichten auf Erfolg.
26.06.2017
- Kostenpflichtige Servicenummer
Ein Online-Elektro-Händler wurde angeklagt, da er bei einem Anruf seiner Service-Hotline sehr hohe Telefongebühren verlangte. Der europäische Gerichtshof (EuGH) sah darin ein Hindernis für Verbraucher, ihre Rechte durchzusetzen. In seinem Urteil entschied er, dass die Gebühren bei Fragen zu Verträgen nicht höher ausfallen dürfen, als es bei Festnetz- oder Mobilfunknummern üblich ist.
- Unfall im Urlaub
Zwei Ehepaare wurden während eines Türkei-Urlaubs in einem Busunfall schwer verletzt und verklagten daraufhin den Reiseveranstalter – der Reisebus war auf dem Weg zum Hotel mit einem Geisterfahrer zusammengestoßen. „Obwohl der Unfall auf äußere Umstände zurückzuführen ist, an denen der Reiseveranstalter keine Schuld hat, trägt dieser laut Bundesgerichtshof (BGH) das Risiko“, erläutert Mingers. Es handelt sich um einen Reisemangel, für den der Veranstalter einstehen und den Reisepreis erstatten muss.
- Mangel am Neuwagen
Der Käufer eines Fiats entdeckte in der Fahrertür des Neuwagens eine kleine Delle, weswegen er das Auto weder annehmen noch bezahlen wollte. Zwar besserte der Verkäufer den Mangel nach, wollte allerdings, dass Transportkosten, Standgeld und Verzugszinsen bezahlt werden. Das Gericht sprach dem Käufer Recht zu und sah beim Händler die Pflicht, den Neuwagen frei von Mängeln zu übergeben. Das Risiko liegt folglich bei ihm und Käufer müssen abgesehen vom Kaufpreis keine weiteren Kosten übernehmen. „Theoretisch reicht bereits ein Lackkratzer aus, um Ansprüche geltend zu machen“, so der Rechtsexperte.
- Fake-Account bei eBay
Ein User bot seinen gebrauchten Golf auf eBay für einen Euro an, woraufhin sich ein Interessent mit einem Angebot von 1,50 Euro meldete. Der Verkäufer überbot den Interessenten über einen Zweit-Account mit einer Summe von 17.000 Euro. Letzterer ging also leer aus und klagte gegen den Anbieter. Laut Gericht hat der Interessent das Höchstangebot abgegeben und das Auto erworben – folglich kann er einen Schadensersatzanspruch geltend machen. Das Urteil wurde damit begründet, dass es dem Verkäufer nicht möglich ist, seinen eigenen Artikel zu kaufen und somit nur das letzte, wirkliche Angebot greift. Grundsätzlich sind die Preise auf eBay nicht sittenwidrig, da es sich um Schnäppchen handelt, mit denen die Internet-Plattform wirbt. „Fake-Accounts werden zur Verantwortung gezogen, was für Betroffene teuer werden und ihnen reichlich Ärger einhandeln kann. Von einer Preismanipulation sollte als eBay-Verkäufer also dringend abgesehen werden“, mahnt Mingers.
- Matratzenkauf mit Tiefstpreisgarantie
Ein Mann bestellte online zwei Matratzen mit Tiefstpreisgarantie. Als er die Matratzen bei einem anderen Anbieter günstiger entdeckte, verlangte er die Erstattung des Mehrbetrags, was das Unternehmen allerdings verweigerte. Daraufhin widerrief der Käufer den Vertrag und schickt die Matratzen zurück – auch dies wurde vom Unternehmen nicht akzeptiert. Der BGH hielt den Widerruf für rechtens und verpflichtete das Unternehmen, den Preis der Matratzen zurückzuzahlen. „Verbraucher haben bei Online-Käufen ein Widerrufsrecht, um die Ware bei Erhalt zu prüfen. Für die Rückgabe ist eine Angabe von Gründen überflüssig“, so der Rechtsanwalt
- Preiserhöhung im Pflegeheim
Ein Pflegeheimbetreiber wurde vom Verbraucherzentrale Bundesverband verklagt. Seine Verträge enthielten eine Klausel, die ihn zur eigenmächtigen Preiserhöhung ohne Zustimmung der Bewohner berechtigte. Das Gericht sah darin eine unangemessene Benachteiligung der Verbraucher und erklärte die Klausel für unwirksam. Heimbetreiber müssen bei einer Preiserhöhung zum Schutz pflegebedürftiger und behinderter Personen die Zustimmung des Bewohners einholen.
- Unzulässige Darlehensgebühr
Die Verbraucherzentrale NRW verklagte die Bausparkasse Schwäbisch Hall wegen einer Klausel, die von Kunden eine Darlehensgebühr in Höhe von zwei Prozent der Darlehenssumme einforderte. Eine solche Gebühr wurde für unzulässig erklärt – Bausparer können bis zu einer Verjährungsfrist von drei Jahren das Geld zurückverlangen. „Bei der Darlehensgebühr handelt es sich um eine unangemessene Benachteiligung, da keine konkrete Leistung, sondern lediglich der allgemeine Verwaltungsaufwand anfällt“, erklärt Mingers.
- Kostenübernahme durch Rechtschutzversicherung
In einem Rechtsstreit mit ihrer Bank forderte die Kundin die Hilfe ihrer Rechtsschutzversicherung ein, die sie 1992 abgeschlossen hatte. Die Versicherung verwehrte die Kostenübernahme mit der Begründung, bereits seit 2008 nicht mehr für Rechtsstreitigkeiten um Kapitalanlagen zu zahlen. Die Richter entschieden, die Rechtsschutzversicherung müsse die Kosten trotzdem übernehmen, da die Kundin hinsichtlich der Vertragsänderung nicht informiert wurde. Für Versicherungsnehmer ist es grundsätzlich sinnvoll, Verträge mit großen Versicherungsgesellschaften genau zu prüfen.
- Gebühren bei Kontoüberzug
Mehrere Verbraucherschützer klagten gegen die Deutsche Bank und Targobank. Die Banken verlangten Gebühren, wenn das Girokonto über den vereinbarten Dispokredit hinaus überzogen wird oder für einen Tag mit nur einem Euro ins Minus geht. Der BGH hielt die Gebühren für unzulässig. „Banken dürfen kein Mindestentgelt für eine Kontoüberziehung fordern, da es sich hierbei um eine unangemessene Benachteiligung für den Kunden handelt. Betroffene haben die Möglichkeit, bereits gezahlte Mindestentgelte zurückzuverlangen“, so Mingers abschließend.