Deutsche sind bereit für Veränderung – sagen sie jedenfalls
Die meisten Deutschen glauben nicht, dass ihr individuelles Konsumverhalten einen großen Unterschied hinsichtlich der Bewältigung ökologischer und sozialer Herausforderungen machen kann. Aber zumindest eine gewisse Wirksamkeit ihres Handelns erkennen sie an: In einer Umfrage der ING waren immerhin 62 Prozent der Meinung, dass ihr „Handeln als Einzelperson etwas positiven Einfluss“ haben kann. Weitere 20 Prozent sahen sogar die Chance, „merklichen positiven Einfluss“ zu nehmen.
01.02.2022
Jung gegen Alt? So einfach ist es nicht
Die Klimakrise wird gerne als Generationenkonflikt dargestellt: Auf der einen Seite die jungen Menschen, die sich für Veränderungen einsetzen, um selbst noch eine lebenswerte Zukunft zu haben – auf der anderen Seite die älteren, die die Auswirkungen des Klimawandels gar nicht mehr in vollem Umfang erleben werden und nach dem Motto „nach mir die Sintflut“ nicht zu Veränderungen ihres Lebensstils bereit sind.
Dieses Klischee stützen die Umfrageergebnisse zum Thema Konsum und Nachhaltigkeit jedoch nicht: Bei den Fragen, bei denen sich tatsächlich deutliche Unterschiede zwischen den Altersgruppen zeigten, traten diese nicht in Form eines eindeutigen Altersgefälles auf. Vielmehr sind es meistens die mittleren Altersgruppen, die die geringste Bereitschaft zu Änderungen des eigenen Verhaltens oder der gesellschaftlichen Prioritäten zeigen, während die ältesten Umfrageteilnehmer eher an der Seite ihrer Enkelgeneration stehen.
Geht es an den eigenen Geldbeutel, wird es eng
Dies zeigt sich vor allem dort, wo es konkret wird – wenn es beispielsweise darum geht, für nachhaltige Produkte mehr zu zahlen oder auf Produkte zu verzichten, deren Hersteller ihrer Verantwortung nicht gerecht werden. Dies sind auch die Fragen, die insgesamt die geringste Zustimmung erhalten. Hier liegen die Zustimmungsraten teilweise unter 50 Prozent. Aber sogar hier ist der Anteil derer, die sich ablehnend äußern, noch deutlich geringer – bei vielen Unentschlossenen.
Bleibt es hingegen abstrakt und geht es um die Verantwortung von Politik oder Unternehmen, beispielsweise um die Unterstützung von E-Mobilität und Windkraft oder die Koppelung von Subventionen an Klimaziele, gibt es einen breiten Konsens über die Altersgruppen hinweg, mit Zustimmungsraten von zwei Dritteln und mehr und Ablehnung teilweise im einstelligen Prozentbereich.
Große Mehrheit für die Nachhaltigkeit – oder?
Bei allen Fragen liegen die aus Nachhaltigkeitssicht „wünschenswerten“ Antworten teilweise sehr deutlich vorne. Man könnte also annehmen, dass diesbezügliche Maßnahmen auf breite Zustimmung stoßen würden. Doch bei Fragen zu einem politisch und gesellschaftlich so aufgeladenen Thema sind die Antworten meist unbewusst von dem Bild beeinflusst, das wir selbst von uns haben – oder das wir gerne vermitteln möchten, auch wenn die Befragung wie in diesem Fall anonym durchgeführt wird.
Interessant ist daher vielleicht vor allem das Ergebnis einer Frage, die sich nicht auf die Teilnehmer selbst, sondern auf ihr Umfeld bezog: Diejenigen Befragten, die bei Freunden und Familie in letzter Zeit eine Verhaltensänderung hin zu mehr Nachhaltigkeit beobachten konnten, halten sich ungefähr die Waage mit denen, in deren Umfeld das nicht der Fall war. Jeweils rund ein Drittel stimmt der entsprechenden Aussage zu oder nicht zu, ein weiteres Drittel mag sich nicht festlegen. Vielleicht vermittelt dieses Ergebnis einen realistischeren Eindruck vom Veränderungswillen der Deutschen in Sachen Nachhaltigkeit.