Marrokanerinnen schuften für deutsche Supermärkte
Ausbeutung und Dumpinglöhne sind im Bohnenanbau in Marokko weit verbreitet. Frauen leiden besonders unter den massiven Arbeitsrechtsverletzungen. Dies zeigt die Studie "Nicht die Bohne wert" der Christlichen Initiative Romero (CIR), die jetzt veröffentlicht wird. Insgesamt wurden 89 FeldarbeiterInnen und PackerInnen der vier führenden Bohnenproduzenten in der Region Souss Massa Draa (Quality Beans Maroc /QBM, Guernikako, Terre Agronomique und Alamo) befragt, von wo unter anderem auch Edeka, Aldi Nord, Rewe und Kaiser's ihre Bohnen beziehen. 2.300 der insgesamt 19.000 Tonnen Bohnen, die jedes Jahr von Deutschland importiert werden, stammen aus Marokko.
13.03.2014
"Die meisten Arbeiterinnen geben an, ausgebeutet zu werden", sagt die (Co-)-Autorin der Studie, Franziska Humbert. "Obwohl sie einen Rechtsanspruch auf eine dreimonatige Mutterschutzfrist haben, werden schwangere Frauen häufig entlassen und erst nach der Geburt wieder angestellt. Kinderbetreuung ist ein Fremdwort und reguläre Arbeitsverträge die Ausnahme."
"Am härtesten haben die Arbeiterinnen unter den Dumpinglöhnen zu leiden. Ihre Löhne reichen nicht aus, um eine Familie zu ernähren", weiß Sandra Dusch Silva von der entwicklungspolitischen Organisation CIR. Die Löhne der meisten befragten Feldarbeiterinnen entsprechen nur knapp dem marokkanischen Mindestlohn von 150 Euro oder liegen sogar darunter. Die 2004 festgelegte Armutsgrenze liegt jedoch bei 156 Euro. Gewerkschaften schätzen, dass heute ein Mindestlohn von 500 Euro für eine durchschnittliche marokkanische Familie mit 6,4 Personen notwendig ist.
Prekär ist auch der Transport zu den Feldern. "Oft sind wir in einem Lastwagen übereinander gestapelt wie Tiere", erzählt ein Feldarbeiter. In der untersuchten Anbauregion gab es 2011 und 2012 insgesamt acht Tote.
Mitverantwortlich für diese katastrophalen Bedingungen sind deutsche Supermarktriesen. Edeka, Rewe, Aldi und Lidl kontrollieren rund 85 Prozent des Lebensmitteleinzelhandels und nutzen diese Macht gegenüber ihren Lieferanten aus, um die Kosten zu drücken. Zwischen vorgeblicher sozialer Verantwortung und tatsächlicher Einkaufspraxis klafft eine Lücke. "Edeka zahlt Unmengen für 'supergeile' Werbespots, aber Hungerlöhne für die Frauen, welche die Bohnen für ihre Eigenmarken-Produkte anbauen", so Dusch Silva.
Die Christliche Initiative Romero fordert von den Supermarktkonzernen, ihren Lieferanten faire Preise zu zahlen, damit diese den Kostendruck nicht an die Arbeiterinnen weitergeben. Gleichzeitig müssen sie die Arbeitsbedingungen entlang ihrer Zuliefererkette offenlegen und einer glaubwürdigen Initiative zur Einhaltung von Sozialstandards beitreten.