Der Applaus für unsere (Oster-) Eier gebührt den Hennen
Was war zuerst da – der Hase oder das Ei? Geht es auf Ostern zu, löst diese Frage bei den meisten noch nicht einmal Verwunderung aus. Der Osterhase, der die bunten Eier versteckt, hat es mit Unterstützung der modernen Lebensmittelindustrie und einer ausufernden Werbewirtschaft ins Rampenlicht geschafft. Der Hase, als Bild auf Karten, gegossen in Schokolade und eben als Lieferant der verzierten Eier, ist der Star zum Fest. Dabei sind es im Hintergrund eigentlich ganz andere Akteurinnen ohne deren Einsatz Ostern nicht denkbar wäre.
03.04.2015
Nach Angaben der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) wurden in Deutschland 2014 mehr als 44,2 Millionen Legehennen gehalten. Diese enorme Anzahl an Hühnern arbeitet zwar nicht allein für das Osterfest, reicht andererseits aber noch nicht einmal aus, den jährlichen Verbrauch der deutschen Bevölkerung zu decken. Denn der beläuft sich mit ca. 231 Eiern pro Kopf und Jahr auf eine Gesamtstückzahl von 18,7 Milliarden. 12,7 Milliarden Eier lassen sich dabei der Konsumerzeugung, also den Eiern, die man als solche kauft, zurechnen. Gleichzeitig fragt auch die Lebensmittelindustrie weiterhin Eier nach, etwa für Nudeln, Torten, Speiseeis oder Mayonnaise. Für die Legehennen bedeutet das, dass sie durchschnittlich 287 Eier im Jahr legen müssen. Da die Ausbildung eines Hühnereis mindestens 20 Stunden beträgt, sind die biologischen Grenzen vollends ausgereizt.
Festliche Arbeitsbedingungen?
Erfreulich ist, dass die Nachfrage in Deutschland nach Eiern aus ökologischer Haltung steigt. Ihr Anteil am Gesamtverkauf, so der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), lag 2014 bei knapp zehn Prozent. Dennoch lebt das Gros der Legehennen nach wie vor in konventionellen Haltungsformen. Ende 2013 entfielen 63,3 Prozent auf Boden- und 15,9 Prozent auf Freilandhaltung. Selbst Eier aus der in der Europäischen Union verbotenen Käfighaltung finden sich in verarbeiteten konventionellen Produkten, da nur für frisch verkaufte Eier ein Erzeugercode vorgesehen ist. Dabei gibt die erste Ziffer des Erzeugercodes Aufschluss über die Haltungsform: 0 = ökologische Erzeugung, 1 = Freiland-, 2 = Boden-, 3 = Kleingruppenhaltung.
Was die Haltungsformen im Einzelfall für die Legehennen bedeuten, definieren gesetzliche Vorgaben. Lediglich bei der ökologischen und bei Freilandhaltung ist es den Legehennen gestattet, die Sonne nicht nur durch ein Fenster zu sehen. Sie haben Anspruch auf vier Quadratmeter Außenfläche pro Henne. Im Stall teilen sich die Bio-Hennen zu sechst einen Quadratmeter, während bei Freiland- und Bodenhaltung neun Hennen mit einem Quadratmeter Stallboden auskommen müssen. Bei der sogenannten Kleingruppenhaltung sind es sogar 12,5 Tiere. Aufgrund der Bestandsdichte sind systematische Antibiotikabehandlungen erlaubt. Eine Praxis, die man in der ökologischen Haltung zugunsten des Tierwohls vermeidet.
Der Applaus gebührt den Hennen
Es sind also die Legehennen, denen wir unsere Eier verdanken und ohne die der Osterhase zum Fest nur wenig zu verstecken hätte. So scheint es angemessen, einmal diejenigen zu würdigen, ohne die all das Eier-Färben, -Suchen und –Ditschen nicht möglich wäre. Vergleicht man es mit einem Theaterbetrieb, wäre der langohrige Osterbote die Hauptfigur. Aber hinter jeder großen Produktion stehen viele Helferinnen, denen Respekt und Applaus gebührt. Für alle, die das Osterfest 2015 zum Anlass nehmen wollen, auch mal die hart arbeitenden Legehennen zu würdigen, hier ein paar Tipps mit großer Wirkung:
Eier aus ökologischer Haltung kaufen
Hier orientieren sich die Richtlinien stärker am Tierwohl, als bei Freiland-, Boden- oder Kleingruppenhaltung. Neben mehr Platz im Stall und obligatorischem Auslauf, wird auch beim Futter auf eine artgerechte Zusammenstellung geachtet.
Eier möglichst regional beziehen
Das schont einerseits die Umwelt und gibt andererseits Sicherheit über Haltung und Herkunft. Viele Bio-Unternehmen geben transparent Auskunft, so z.B. die im Bundesverband Naturkost Naturwaren (BNN) e.V. organisierten Hersteller und Händler.
Eier von „Zweinutzungshühnern“ kaufen
Männliche Küken werden meist direkt nach dem Schlüpfen getötet, da sie eben keine Eier legen. Initiativen wie die Aktion ei-care und die Bruderhahn Initiative treten dieser Praxis entgegen. Bei der Aktion ei-care wird bspw. mit einer Zweinutzungsrasse namens Les Bleues gearbeitet. Sie liefert zwar weniger Eier, ist dafür aber auch fleischlich verwertbar und erlaubt somit, dass auch die männlichen Küken aufgezogen werden. Die Bruderhahn Initiative löst das Tötungsproblem, indem sie ihren Eiern „4 Cent für die Ethik“ aufschlägt. Diese werden direkt für die Aufzucht der männlichen Küken verwandt. Gemeinsam mit der Zukunftsstiftung Landwirtschaft wird zudem an der Etablierung einer Bio-Geflügelzucht gearbeitet. Ein schönes Beispiel liefert das Pilotprojekt Hahn & Huhn.
Eier von Hennen aus mobilen Ställen beziehen
Die mobilen Ställe ermöglichen den Hühnern, dank wechselnder Auslaufflächen ein stetes Grünfutterangebot. Sie können ganzjährig an die frische Luft und somit auch den Wechsel der Jahreszeiten miterleben, was ihr Immunsystem stärkt. Dass auch für die Umwelt positive Synergieeffekte geschaffen werden können, zeigt u.a. eine Innovation aus Nordrhein-Westfalen, bei der der Ansatz mit der Energiegewinnung kombiniert wurde.
Wenige Eier selber färben, statt viele bunte Eier kaufen
Oft bieten vorgefärbte Eier keine Möglichkeit der Rückverfolgbarkeit. Schreitet man selber zur Tat, kann man einerseits bei den Farben auf Nachhaltigkeit achten und hat sowohl die Herkunft der Eier im Blick als auch den Färbespaß, der zu Ostern mindestens genauso gehört wie der Hase.