Rindfleisch: Premium-Qualität aus fragwürdiger „Weidehaltung“?
Steak, Rinderfilet oder Entrecôte aus Übersee werden im deutschen Handel oft als Premium-Produkte angepriesen. Was die meisten Verbraucher und Verbraucherinnen nicht ahnen: Das Fleisch stammt häufig aus einer Form der Tierhaltung, die keineswegs artgerecht ist. Die Verbraucherzentrale fordert deshalb eine verpflichtende Kennzeichnung der Haltung.
05.07.2019
Rindfleisch aus den USA, Südamerika oder Australien prägt das Angebot in deutschen Supermärkten. Beliebt ist das importierte Fleisch auch deshalb, weil viele Verbraucher glauben, dass die Tiere ausschließlich auf der Weide gehalten werden. Diesen Eindruck erwecken Prospekte und Verpackungen. Handelsketten nutzen Begriffe wie „saftig grüne Wiesen“ oder „unbegrenzte Weideflächen“.
Die Wirklichkeit sieht anders aus: Ob und wie lange die Rinder auf Weiden gehalten werden und welches Futter sie bekommen, wird meist nicht geprüft. Der Begriff „Weidehaltung“ ist nicht geschützt und liefert keine verlässlichen Informationen über die Tierhaltung. „Die Methoden der Rindermast in Übersee-Ländern stehen zum Teil im deutlichen Widerspruch zu den Vorstellungen der Verbraucher von artgerechter Haltung – und den Werbeprospekten des Handels“, kritisiert Sonja Pannenbecker von der Verbraucherzentrale Bremen. In den USA beispielsweise sind Betrieben mit über 100.000 Rindern nicht unüblich. Zum Vergleich: In Deutschland leben die meisten Rinder in Betrieben mit 100 bis 500 und mehr Tieren.
Schnelle Mast mit Kraftfutter in Feedlots
Insbesondere in den USA wird ein Großteil der Rinder die letzten drei bis vier Monate ihres Lebens in Feedlots gesperrt und mit energiereichem Futter bis zur Schlachtung gemästet. Auch in anderen Überseeregionen z.B. Südamerika, Australien und Südafrika gibt es Feedlots. Weite grüne Weidefläche? Fehlanzeige! Gras wächst in solchen Freiluft-Viehgattern, in denen sich meist viele Tiere drängen, nicht. Damit die Rinder schnell viel Gewicht zulegen, erhalten sie anstelle von Weidegras überwiegend Kraftfutter. Diese intensive Form der Tierhaltung gilt als effizient, weil weniger Platz, Wasser und Futter pro Kilo Gewichtszunahme benötigt wird als auf der Weide. Doch diese nicht artgerechte Fütterung kann Stoffwechselstörungen, Entzündungen und Krankheiten zur Folge haben.
Keine verlässlichen Informationen zur Tierhaltung
Verbraucher können im Handel nicht erkennen, ob sie mit ihrem Kauf Feedlots unterstützen. „Das vermeintlich gute Image von Premiumfleisch aus Übersee verschleiert die wahren Haltungsbedingungen“, wendet Sonja Pannenbecker von der Verbraucherzentrale Bremen ein. „Feedlots sind keine Form artgerechter Tierhaltung.“ Auch deshalb halten die Verbraucherzentralen eine einheitliche und verpflichtende Kennzeichnung der Haltung analog zu den Eiern bei Fleischprodukten für notwendig.
Regionaler Einkauf als gute Alternative
Rindfleisch aus Feedlots gilt als hochwertig, weil es durch die intensive Endmast marmoriert und zart ist. Die fehlende Transparenz der Haltungsbedingungen und die langen Transportwege sprechen allerdings gegen das Import-Rindfleisch. „Wenn ‚Weidefleisch‘ auf den Teller kommen soll, sind regionale Anbieter zu empfehlen. Hier kann zum Beispiel nachgefragt werden, wie lange die Tiere auf der Weide standen“, empfiehlt Sonja Pannenbecker.