Lebensmittel

Fischzucht gleich problematische Massentierhaltung?

In Deutschland verzehren Konsumenten durchschnittlich 14 Kilogramm Fisch und Fischereierzeugnisse im Jahr. Weltweit liegt der Wert laut Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der UN sogar bei über 20 Kilogramm, Tendenz steigend. Um die Nachfrage zu decken, stammt schon jetzt über die Hälfte der global konsumierten Fischprodukte aus der Aquakultur. Doch wie bedenklich ist diese Form der Fischzucht?

25.06.2021

Fischzucht gleich problematische Massentierhaltung?

In solchen Aquakulturbetrieben werden Fische, Krebstiere, Muscheln und Algen kontrolliert aufgezogen, gehalten und vermehrt. „Durch die wirtschaftlich betriebene Fischzucht rückt auch das Thema Massentierhaltung in den Fokus. Kritiker befürchten ähnliche Fehlentwicklungen wie bei anderen landwirtschaftlichen Tierhaltungen. Doch Aquakultur ist nicht gleich Aquakultur. Es gilt, näher hinzuschauen und die unterschiedlichen Varianten getrennt zu betrachten", sagt Hans Acksteiner, Geschäftsführer der Deutsche Edelfisch GmbH.

Wasserqualität entscheidend

Aquakultur lässt sich in die Verfahren der marinen Aquakultur, der Aquakultur in natürlichen Gewässern, der Teichwirtschaft und der geschlossenen Kreislaufanlagen einteilen. Bei jedem Verfahren steht letztlich die Aufzucht im Vordergrund, um die Tiere anschließend als Lebensmittel zu verkaufen. Im Vergleich zur Tierhaltung an Land verhält es sich aber mit der Platzfrage in der Fischzucht anders. Fische schwimmen im Schwarm, zerfällt dieser in Einzeltiere, tritt oft Revierverhalten mit Auseinandersetzungen auf. Doch bei zu vielen Tieren leiden Sauerstoffversorgung sowie Wasserqualität und vor allem Letztere gilt als entscheidender Faktor für das Tierwohl. „Besonders bei der marinen Aquakultur, also bei Netzgehegen im freien Meer oder in Buchten wie den großen Lachsfarmen in Norwegen, lässt sich die Wasserqualität schwer beeinflussen. Zwar ist das Meer im Grunde von Natur aus sauber, aber hält man Tausende Fische auf wenigen Quadratmetern, ohne die Ausscheidungen der Tiere zu entsorgen, führt dies zu Schäden für das ganze Öko-System", erklärt Hans Acksteiner. Bei intensiver Fütterung, um die Fische schnell aufzuziehen, bilden die Tiere mehr Ausscheidungsprodukte, die ins Wasser gelangen und eine Überdüngung nach sich ziehen. Gleichzeitig gelangen auch mit dem Tierfutter große Mengen an Nahrungsmitteln ins Wasser, die ebenfalls zu einer Überdüngung führen und mit der häufig eine Vermehrung von Algen einhergeht – die wiederum bei der Zersetzung dem Wasser Sauerstoff entziehen. Gleiche Probleme treten auch bei Fischfarmen in natürlichen Gewässern wie beispielsweise Flüssen auf.

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Problem Medikamente und Antibiotika

Neben Mängeln bei der Wasserqualität können allerdings auch zu hohe Besatzdichten dazu führen, dass der Stress für die Tiere zunimmt. Daraus folgen mitunter auch Erkrankungen und Befall durch die Lachslaus. Um generell Krankheiten in der Fischzucht zu vermeiden und zur Prophylaxe, setzen Produzenten auch Medikamente wie Antibiotika ein. Der Einsatz ist zwar zurückgegangen – Lachse in Norwegen erhalten beispielsweise mittlerweile Impfungen gegen mehrere Fischkrankheiten, sodass dort weniger Antibiotika ins Wasser gelangen –, doch ganz gelöst ist das Problem laut Leibniz-Institut Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen in Braunschweig nicht: In einer Studie wurden auf einer spanischen Fischfarm beispielsweise antibiotikaresistente Bakterien gefunden. „Bekanntermaßen führt der vermehrte Einsatz von Antibiotika dazu, dass die Bakterienstämme, die bekämpft werden sollen, nach und nach resistent dagegen werden. Wenn dies irgendwann einmal auf alle Antibiotika zutrifft, ist der Mensch den Bakterien schutzlos ausgeliefert. Außerdem sind Antibiotika in 90 Prozent der Fälle unnötig, da die Tiere noch gar nicht krank sind und die Mittel prophylaktisch eingesetzt werden", so Acksteiner.

Nachhaltige Produktion?

Auch in Bezug auf die Frage der Nachhaltigkeit von Aquakulturen gilt es die verschiedenen Verfahren getrennt zu betrachten. Grundsätzlich benötigen Fische als wechselwarme Tiere nur das 0,9- bis 1-fache ihres eigenen Körpergewichts an Futter. Rinder oder Schweine fressen bis zu ihrer Schlachtreife hingegen ein Vielfaches ihres Körpergewichts und verbrauchen damit während ihrer Aufzucht auch mehr Ressourcen. Bei der Fütterung von Fischen gibt es allerdings auch wieder Unterschiede, die sich auf die Öko-Bilanz auswirken. Unter den Aquakulturen in Deutschland gibt es Arten, wie den Karpfen, die hauptsächlich von Plankton, Schnecken, Würmern und pflanzlichem Futter leben. Viele Fische aus der Zucht, vor allem Raubfische wie Lachse oder Forellen, benötigen jedoch zusätzlich auch Fischmehl und Fischöl im Futter. Dieses wird zum Teil aus Wildfischen aus Peru oder Chile gewonnen, was weniger nachhaltig ist, als beispielsweise den legalen Beifang der Fischerei für Speisefische oder Abfallprodukte der Fischverarbeitung zu nutzen. Auch die Fische, Garnelen oder Muscheln, die schließlich zum Verzehr auf dem Teller landen, müssen immer noch häufig aus dem Ausland nach Deutschland transportiert werden.

Frischer Fisch von nebenan

Geschlossene Kreislaufanlagen bieten hingegen eine Möglichkeit zur Fischaufzucht, bei der Meere und natürliche Gewässer geschützt und die Tiere in sauberem Wasser aufgezogen werden. In diesen Anlagen schwimmen die Fische in künstlichen Becken und es gibt eine innovative Reinigungstechnik, sodass die Tiere stets über sauberes und frisches Wasser verfügen. „Durch den Einsatz von Bioreaktoren lassen sich bei Kreislaufanlagen auch die letzten schädlichen Keime aus dem Wasser entfernen. Gleichzeitig gewährleistet diese Technik, dass es nicht zum Einsatz von Medikamenten oder Chemikalien kommt, denn dies würden die Mikroorganismen in den Biofiltern nicht überleben", berichtet Acksteiner. Zudem lassen sich die modernen Indoor-Anlagen quasi an jedem beliebigen Ort errichtet – ganz unabhängig von Umwelteinflüssen und ohne lokale Gewässer zu beeinflussen –, sodass die Konsumenten mit frischem und ökologischem Fisch versorgt werden können.

Weitere Informationen gibt's hier.

Quelle: UD/pm
 

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