Lebensmittel

Klimaschutz in aller Munde

Ein dickes Stück Rindersteak – im ungünstigsten Fall tiefgefroren aus Neuseeland – mit einem ordentlichen Klecks Kräuterbutter und knackig frittierten Pommes – noch „klimasündiger“ kann man es sich kaum schmecken lassen, und so kommen hier schnell einige Kilogramm CO2-Äquivalente zusammen. Dass Rindfleisch eine schlechte Klimabilanz hat, ist mittlerweile hinlänglich bekannt. Aber wenn man hört, dass für ein Kilo Butter knapp 24 Kilogramm CO2-Äquivalente ausgestoßen werden, bleibt einem die Frühstücksstulle doch kurz mal im Halse stecken.

11.11.2022

Klimaschutz in aller Munde
Vegane Alternative zu Rindersteaks: Seitan-Steaks

Von Svenja Kiesel, Vice President, Client Experience Sustainability bei Weber Shandwick

Klima und Umwelt bei der Ernährung für über 80 Prozent der Deutschen wichtig

Die gute Nachricht für Tier- und Klimaschutz: Die Themen Klima und Umwelt sind 84 Prozent der Deutschen bei der Ernährung wichtig oder sehr wichtig, berichtet der aktuelle Ernährungsreport des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft. Zudem ging der Fleischkonsum auch in 2021 weiter zurück und der Griff zu fleischlosen Alternativen wurde häufiger – auch bei den Fleischessern. Vegetarisch ernähren sich 2022 laut Statista immerhin knapp acht Millionen Deutsche, Tendenz weiter steigend. Und auch wenn das Tierwohl hierbei noch der entscheidende Grund ist, rückt die Klimafrage auf.

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Aber wie klimaschädlich sind verschiedene Lebensmittel? Genau das wollte ein Oxford-Team mit der Untersuchung von 57.000 Supermarkt-Produkten und deren Umwelteinflüssen herausfinden. Ein wenig überraschendes Ergebnis: Wer der Umwelt etwas Gutes tun will, sollte möglichst selten zu Fleisch, Fisch und Käse greifen und stattdessen mehr Obst, Gemüse, Hülsenfrüchte und Nüsse in den Einkaufswagen legen. Ein weiterer positiver Effekt: Nachhaltige Lebensmittel sind häufig auch nahrhafter – ein Argument mehr für eine klimafreundliche Ernährung.

Umweltskala zur Bewertung des ökologischen Fußabdrucks

Viel spannender ist aber, dass die Wissenschaftler eine Umweltskala entwickelt haben, die von null (keine Auswirkung auf die Umwelt) bis 100 (größte Auswirkung auf die Umwelt) reicht. So lassen sich verarbeitete Lebensmittel erstmals in Hinblick auf Treibhausgasemissionen, Landnutzung und Wasserverbrauch klassifizieren und miteinander vergleichen. Ein echter Mehrwert für das Klima kann die Skala werden, sobald Konsumentinnen und Konsumenten sie auf der Verpackung finden und ihren Einkauf davon beeinflussen lassen.

Eine kürzlich veröffentlichte Studie von MSC (Marine Stewardship Council) ergab, dass schon heute immer mehr Menschen ihre Ernährungsgewohnheiten für die Umwelt verändern. Dabei gaben mehr als die Hälfte aller deutschen Verbraucher, die ihre Ernährung in den vergangenen zwei Jahren umgestellt haben an, dass sie dies aus Umwelt- und Klimaschutzgründen taten. Ein neuer Foodtrend scheint geboren: Die Klimatarier.

Ob Bundeskanzler Olaf Scholz angesichts der vielen Herausforderungen wirklich gerne den Beruf wechseln würde, um Bauer zu werden, wie er sich auf einem Besuch in Brandenburg sehr beeindruckt über die Mähdrescher und Traktoren zeigte? Beide Berufe beginnen zumindest mit dem gleichen Buchstaben und wo wir schon mal bei B sind – beide Berufe müssen sich vor allem auch damit beschäftigen, dass es keinen ‚Planet B‘ gibt und es den Planet A zu retten gilt.

Da würde Landwirtschaftsminister Cem Özdemir, Olaf Scholz dann wahrscheinlich noch mitgeben, dass er sich bei seinem Berufswechsel doch bitte für die ökologische Landwirtschaft entscheiden soll, denn die soll laut Özdemir weiter ausgebaut werden, ist sie doch deutlich klimafreundlicher als ihr konventionelles Pendant: „Bio mit seiner gesamten Wertschöpfungskette ist eine Antwort auf unsere planetaren Krisen wie Artensterben und Klimakrise“. 30 Prozent Biolandwirtschaft bis 2030, so lautet das gesetzte Ziel.

Vegane Ernährung ist nicht nur gesund, sie wirkt sich auch positiv auf das Klima aus.
Vegane Ernährung ist nicht nur gesund, sie wirkt sich auch positiv auf das Klima aus.

Von manchen Dingen sollte man den Mund nicht zu voll nehmen

Auch das Thema Ernährung hat sich Özdemir auf die Fahne geschrieben: stärker pflanzenbasiert, weniger Zucker, Fett und Salz und ein erhöhter Anteil an saisonal-regional und ökologisch-klimafreundlich erzeugten Lebensmitteln. Womit wir wieder beim Thema wären.

Eine gigantische Summe von 1,3 Billionen Euro könnten wir laut der Oxford-University bis 2050 sparen, wenn die gesamte Menschheit auf Fleisch verzichten würde. Denn die Kosten für Gesundheits- und Klimaschäden würden sinken.

Weniger Tierhaltung könnte auch zur Steigerung der Biodiversität beitragen. Soja für Tierfutter ist der größte Treiber für Emissionen. Die Anbaufläche für Soja für den bundesdeutschen Bedarf im letzten Jahr entsprach einer Fläche so groß wie Brandenburg. 96 Prozent davon entfielen auf Tierfutter, nur vier Prozent wurden für die Herstellung von pflanzlichen Lebensmitteln verwendet. Ein weiteres Problem dabei: Monokulturen treiben häufig die Zerstörung von Wäldern und Mooren und damit die Klimakrise voran.

Drum rette, was zu retten ist: Biologische Vielfalt für die nächsten Generationen

Auch Dr. Schär, das weltweit führende Unternehmen für glutenfreie und spezielle Ernährung, hat erkannt, dass die Förderung und der Erhalt der biologischen Vielfalt eine der drängendsten Herausforderungen unserer Zeit ist und startet zum 100-jährigen Firmenjubiläum ein einzigartiges Projekt: Das Field100.

Gemeinsam mit dem Forschungszentrum Laimburg wurden auf dem Field100 in den Südtiroler Alpen 100 verschiedene Anbaukulturen gepflanzt – von wenig Genutzten, über traditionelle Kulturpflanzen, Jahrhundertealten bis hin zu exotischen Sorten.

Die biologische Vielfalt ist nicht nur für die globale Ernährungssicherheit von entscheidender Bedeutung, sondern auch ein wichtiger Faktor, auf den fortschreitenden Klimawandel zu reagieren. Aber die konventionelle Landwirtschaft konzentriert sich auf immer weniger Pflanzenarten. Das Kritische dabei: Monokulturen sind anfälliger für Schädlinge und Krankheiten und haben dem Klimawandel wenig entgegenzusetzen. Zudem bedrohen sie die Artenvielfalt. Alleine in Deutschland ist ein Drittel aller Pflanzen- und Tierarten gefährdet, einige sind bereits ausgestorben.
Auch deshalb spendet Dr. Schär das geerntete Saatgut an die Genbank des Forschungszentrums Laimburg, um es für nächste Generationen zu erhalten: ein trauriger und tröstlicher Gedanke.

Vegane Burger: Der Großteil der jungen Menschen in Deutschland zeigt Interesse an Lebensmitteln und Ernährung.
Vegane Burger: Der Großteil der jungen Menschen in Deutschland zeigt Interesse an Lebensmitteln und Ernährung.

Es gibt Hoffnung – gibt es Hoffnung?

Vielleicht machen es unsere Kinder einmal besser als wir. Der „Jugendreport zur Zukunft nachhaltiger Ernährung“ der Uni Göttingen ergab, dass sich in 2021 knapp 90 Prozent der jungen Erwachsenen zwischen 15 und 29 für Lebensmittel und Ernährung interessieren. Der Anteil der vegetarisch und vegan lebenden Deutschen unter 30 lässt zumindest erahnen, dass sie es ernster meinen mit der Rettung unseres Planet A – verglichen mit der Gesamtbevölkerung ernähren sich doppelt so viele 15- bis 29-Jährige vegetarisch oder vegan.

Es steht außer Frage, dass wir mit einer klimafreundlichen Ernährung alleine nicht die Welt retten werden, aber wir können damit Einfluss nehmen, auf unsere Gesundheit, darauf wie Landwirtschaft und Tierhaltung betrieben werden und welche Lebensmittel der Handel anbietet. Und wenn wir dann auch ansonsten alle etwas nachhaltiger handeln und unsere Heizung nicht nur wegen der gestiegenen Gaspreise runterdrehen, oder auch im Winter dem Fahrrad den Vorzug geben, können wir den nachfolgenden Generationen wenigstens zeigen, dass auch wir nicht nur Lippenbekenntnisse machen, sondern auch mal unsere kuschelige Komfortzone verlassen. Denn es bleibt uns nicht mehr viel Zeit, bevor unsere Ökosysteme kippen und es kein Zurück mehr gibt.

Über die Autorin

Als Teil des Nachhaltigkeitsteams von Weber Shandwick Deutschland entwickelt Svenja Kiesel kreative Kommunikationsprojekte für führende Unternehmen und Verbände und berät diese in der strategischen Unternehmens- und Nachhaltigkeitskommunikation.

Mit mehr als zwölf Jahren Berufserfahrung ist sie eine erfahrene PR-Expertin mit einem starken Fokus auf Nachhaltigkeitsthemen im Lebensmittel- und Hausgeräte-Kontext sowie der Arbeit mit Organisationen und Verbänden. Sie hält einen Master in Politik, Soziologie und Amerikanistik und absolvierte einen Aufbaustudiengang in Kommunikationsmanagement.

Quelle: UD
 

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