Nestlé-Studie: Verbraucher achten immer mehr auf Qualität
Die Deutschen achten beim Lebensmitteleinkauf immer mehr und immer genauer auf die Qualität. Dabei zählt bereits jeder vierte Verbraucher (26%) zur Gruppe der „Quality Eater“, die besonders hohe Maßstäbe an die Lebensmittelqualität stellen. Neben gutem Geschmack (89%) und hoher Sicherheit (92%), müssen Lebensmittel für „Quality Eater“ gut für die Gesundheit (92%) sein und Nachhaltigkeitsaspekte wie eine artgerechte Tierhaltung beachten (81%). So ein Kernergebnis der aktuellen Nestlé-Studie „Das is(s)t Qualität“, die der Lebensmittelkonzern wie bereits in den Jahren zuvor mit dem Institut für Demoskopie Allensbach umgesetzt hat.
28.09.2012
Neben 1671 repräsentativen Verbraucherinterviews wurden zusätzlich 120 Meinungsführer sowie 31 Experten aus deutschen Handelsunternehmen durch die hierauf spezialisierte Gruppe Nymphenburg interviewt.
„Insgesamt gewinnt Qualität an Relevanz. Lebensmittelqualität ist heute ein wesentlicher Baustein für Lebensqualität“, sagt Renate Köcher vom Institut für Demoskopie Allensbach, die einen umfassenden Wandel im Verbraucherverhalten bemerkt: „Das beginnt mit dem wachsenden Anteil älterer Verbraucher, der Veränderung der Haushaltsgrößen hin zu immer mehr Ein- und Zweipersonenhaushalten und der steigenden Erwerbsquote von Frauen. Die Verbraucher werden zeitknapper und sind weniger bereit, in die Vorbereitung von Mahlzeiten zu investieren. Die Spontanität nimmt zu. Zudem werden die Wünsche von Kindern heute viel stärker berücksichtigt“. All das verändere die Bedürfnisse und Gewohnheiten im Bereich Kochen und Ernährung gravierend.
Entsprechend ist für die Mehrzahl der Deutschen eine hohe Qualität beim Lebensmitteleinkauf (58%) wichtiger als ein besonders günstiger Preis (51%). Eine Entwicklung, die auch eine Studie der GfK bestätigt: Nach dieser hat Qualität im Vergleich zum Preis als dominantes Einkaufskriterium seit 2005 um sechs Prozentpunkte zugelegt. Während den „Quality Eatern“ alle zentralen Qualitätsaspekte ähnlich wichtig sind, stehen beim Bevölkerungsdurchschnitt weitaus mehr Geschmack (89%) und Sicherheit (80%) im Zentrum als Gesundheit (62%) und Nachhaltigkeitsaspekte wie eine artgerechte Tierhaltung (58%).
„Quality Eater“: Weiblich, wohlhabend, 30 Jahre und älter
Erneut zeigt sich der Zusammenhang zwischen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten gesellschaftlichen Schicht und dem Qualitätsbewusstsein bei Lebensmitteln. „Quality Eater“ sind nicht nur mehrheitlich weiblich (62%) und älter als 30 Jahre, sondern in der Regel überdurchschnittlich gebildet und verfügen über ein höheres Haushaltseinkommen. Für Lebensmittel gibt er im Durchschnitt monatlich mehr Geld aus als der Rest der Bevölkerung.
Neben klassischen Einkaufsstätten wählt der „Quality Eater“ überdurchschnittlich häufig Wochenmärkte (60%, Total 44%) und Hofläden (42%, 29%) als Alternativen beim Lebensmitteleinkauf. Dies kommt auch seinen Wünschen entgegen, sich über die Herkunft seiner Lebensmittel zu informieren. Nach der Nestlé-Ernährungstypologie stammen zwei von drei „Quality Eatern“ (67%) aus der Gruppe der Gesundheitsbewussten, die die drei Ernährungstypen Nestwärmer, Problembewusste und Gesundheitsidealisten auf sich vereint (Bevölkerungsdurchschnitt: 47 %). Die Gruppe der Zeitknappen (Gehetzte und Moderne Multi-Optionale) trägt zu 28 % zur Gruppe der „Quality Eater“ bei (Durchschnitt: 33 %). Die Gruppe der Uninteressierten (Maßlose und Leidenschaftslose) tragen erwartungsgemäß nur zu fünf Prozent zu den „Quality Eatern“ bei (Durchschnitt: 20 %).
Verbrauchern fällt es schwer, Qualität zu beurteilen
Der Mehrheit der Verbraucher fällt es nach wie vor schwer, die Qualität von Lebensmitteln zu beurteilen (58%). Dies ist besonders bei abgepackten Lebensmitteln der Fall. Und selbst der „Quality Eater“ hat hier kaum mehr den Überblick (60%). Während zwei Drittel der Deutschen die größte Gefahr für Qualität in Anbau und der Aufzucht sowie der Verarbeitung der Produkte sehen, wird die Bedeutung des Transports und eine mögliche Unterbrechung der Kühlkette deutlich unterschätzt. Gerade Nachhaltigkeitsaspekte sind für den Verbraucher somit auch oft schwer einzuschätzen.
Trotzdem bewerten die Deutschen die Qualität von Lebensmitteln grundsätzlich als gut bis sehr gut (76%). Gleichzeitig herrscht bei vielen Verbrauchern heute ein latentes Misstrauen gegenüber Lebensmittelherstellern und -kontrollen. Gerade einmal 20 Prozent sind der Auffassung, dass sich die Qualität von Lebensmitteln in den vergangenen Jahren verbessert hat. Über 40 Prozent sind jedoch der Ansicht dass Lebensmittel heute weniger gesund und stärker mit Schadstoffen belastet sind.
Qualität: Verbraucher stellen Herstellern schlechtes Zeugnis aus
Den Studienergebnissen zufolge vertraut nur jeder dritte Verbraucher den staatlichen Lebensmittelkontrollen, jeder zweite Verbraucher ist eher skeptisch (47%). Noch weniger Vertrauen haben die Deutschen in Lebensmittelhersteller (17%), bei denen sie gleichzeitig die Hauptverantwortung für Qualität sehen (66%). Nur jeder vierte Befragte sieht hier die Politik in der Verantwortung oder Prüfämter und Kontrollstellen mit gerade einmal 18 Prozent. Sich selbst sieht nur ein Drittel der Verbraucher in einer verantwortlichen Position, bei den „Quality Eatern“ sind es immerhin 43%.
Sicherstellung der Lebensmittelqualität wird damit vor allem an den Ort der Herstellung delegiert. Interessant ist dies vor allem, da sich der Verbraucher durch gezielte Kaufentscheidungen auf der anderen Seite ganz klar als starker Beeinflusser der Lebensqualität sieht (62%). Was die eigenen Qualitätsansprüche enttäuscht hat, wird einfach nicht mehr gekauft. Nur wenige Verbraucher nehmen den Beschwerdeweg auf sich (19%) oder bedienen sich gar sozialer Netzwerke, um ihren Unmut zu äußern.
Medien bewerten Lebensmittel mehrheitlich kritisch
Auch den Medien stellen Verbraucher - wie auch Meinungsführer - kein gutes Zeugnis aus: Fast nie können sich Verbraucher im Zusammenhang mit Lebensmittelqualität an positive Berichte erinnern (4%), in der Regel berichteten Medien kritisch (58%). Die Meinungsführer aus Politik, Medien und Verbänden haben zudem Zweifel an der Objektivität der Berichterstattung durch die Medien und sehen diese oft als zu kritisch, obwohl sich die Lebensmittelqualität in den letzten Jahren aus Sicht jedes Zweiten verbessert hat.
Für 51 Prozent der Meinungsführer ist die Qualität der Lebensmittel heute besser als noch vor fünf bis zehn Jahren. Allerdings sind nach ihrer Auffassung die Verbraucher nur bedingt in der Lage, die Qualität von Lebensmitteln auch zu beurteilen. Nach ihrer Auffassung (69%) mangelt es ihnen an Qualitätsbewusstsein und Urteilskraft. Als Gründe nennen sie einerseits ein mangelndes Interesse der Verbraucher, andererseits eine schlechte Deklaration der Produkte. Allerdings sehen sie auch bei der Lebensmittelindustrie Nachholbedarf bei der Transparenz in der Produktionskette als auch beim Thema Nachhaltigkeit. Kein Wunder also, dass sich „Regionalität“ als starker Trend im Lebensmittelbereich und als eine Art „Hilfsgröße“ für die Verbraucher zeigt. Hier hat der Verbraucher das Gefühl „nahe“ an der Herstellung zu sein, regionale Anbieter nachhaltig zu unterstützen und auch Umweltaspekten wie kurzen Transportwegen einen Dienst zu erweisen.
Handel nutzt Qualitätsdimensionen zur Profilierung
Im Lebensmittelhandel wird die Qualitätsorientierung des Verbrauchers zwiespältig beurteilt. „Auf der einen Seite fordert der Verbraucher hohe Qualität, auf der anderen ist er nicht bereit, mehr dafür zu bezahlen“, resümiert Norbert Wittmann, Vorstandsvorsitzender der Gruppe Nymphenburg. Selbstkritisch merke jedoch der Handel an, durch jahrelangen Preiskampf den Verbraucher dazu erzogen zu haben. Auch in Zukunft wird es schwer sein, für höhere Qualität höhere Preise am Markt durchzusetzen. Dem Wunsch nach Kommunikation und Transparenz stellt der Handel zugleich Ängste gegenüber, Vorsprünge zu verspielen und eigene Aktivitäten zu früh bekannt zu geben.
Nach Eigeneinschätzung des Handels nutzen bereits viele Händler unterschiedlich stark die Qualitätsdimensionen zur Profilierung. Geschmack und Genuss bewertet der Handel dabei als zentrale Dimension der Differenzierung, die er regelrecht inszeniert, etwa durch Frische und Regionalität. Gesundheit als Profilierungsdimension werde etwa über Ernährungsberatung vor Ort thematisiert. Den Dimensionen Nachhaltigkeit und Sicherheit räumt der Handel dagegen mehrheitlich derzeit noch unterproportionale Profilierungschancen ein. Hier wird die Verantwortung überwiegend an die Hersteller und den Gesetzgeber delegiert.